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Kalter Amok

Titel: Kalter Amok Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: David L. Lindsay
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spielen«, fuhr Vanstraten fort. »Es hatte uns schon von Anfang an gestört, daß wir uns zu sehr auf die Logik verließen. Jetzt versuchten wir zu bestimmen, was allen vier Fällen gemeinsam sein konnte. Dabei fiel uns auf, daß dieses junge Mädchen anders war als die drei anderen. Sie nehmen doch nicht an, daß sie ein Callgirl war, oder?«
    »Nein.«
    »Dann konnten ihr die anderen das Virus nicht übertragen haben, jedenfalls nicht aufgrund Ihrer Theorie. Aber vielleicht hatten es sich auch die drei anderen nicht gegenseitig übertragen. Als wir uns vorzustellen begannen, daß das Virus jedem von ihnen einzeln verpaßt worden sein konnte, mußten wir unsere Untersuchungsmethoden ändern.
    Wieder hörten wir uns das Band an, das Sie uns gegeben haben – ich glaube, es war das viertemal –, und jemand hakte ein bei der Beschreibung des Streifenbeamten, wie sich das Mädchen vorwärtsbewegt hatte. Er sagte, sie hätte den Wagen angegriffen, sei gegen den Zaun gerannt, als hätte sie ihn nicht gesehen, und sei gelaufen wie aus einem Zwang, hinter dem viel Energie steckt. Das hat uns aufhorchen lassen. Wir begannen unter ganz anderen Voraussetzungen zu arbeiten. Jetzt beschäftigten wir uns mit einer anderen Serie von Tests und trafen ins Schwarze. Die kleinen, patronenförmigen Viren waren nicht schwer zu entdecken. Wir konnten es kaum glauben, dachten, wir hätten uns geirrt.«
    »Patronenförmige Viren?«
    »Ja«, sagte Vanstraten und war offenbar nicht bereit, es näher zu erläutern. »Um eine Gegenprobe zu machen, untersuchten wir die betreffenden Gehirnpartien der drei anderen Frauen und unterwarfen sie den gleichen spezifischen Tests: histologische Untersuchung, fluoreszierende Antikörper und Mäusetest. Alles positiv. Alles, Stuart. Sie hatten alle Hydrophobie.«
    »Was?«
    »Ich sagte es Ihnen doch, es ist bizarr. Aber es gibt keinen Zweifel. Sie litten alle an Tollwut. Jedes dieser Mädchen ist gestorben wie ein tollwütiger Hund.«

17
     
    Haydon saß in verblüfftem Schweigen da und starrte Vanstraten an. Er fühlte, wie sich seine Rückenmuskeln gegen die gebogene Lehne des polierten Armsessels aus Kirschholz spannten. Der Rauch der Zigarette in seiner rechten Hand, die von der Armstütze nach unten hing, eine Stellung, die man fälschlich als entspannt hätte bezeichnen können, stieg absolut senkrecht nach oben. Mit seinen geschärften Sinnen konnte er das Trommeln seines beschleunigten Pulses fühlen und das Klatschen hören, wenn die Junikäfer gegen die Scheiben der Bibliothekstür prallten.
    »Was sagen Sie da?« fragte er schließlich.
    Vanstraten schlug mit übertriebener Geste die Augen auf. »Was ich Ihnen sage? Was für eine Frage! Ich erkläre Ihnen, wie sie gestorben sind, oder besser, aus welchem Grund.«
    »Alle vier?«
    »Genau.«
    »Aber wie haben sie die Tollwut bekommen?«
    Vanstraten schüttelte den Kopf.
    »Also schön – wie könnten sie die Tollwut bekommen haben?«
    »Von Tieren, nehme ich an.«
    »Hunde? Katzen? Ratten?«
    »Ratten scheiden meines Wissens aus. Sie sind keine Überträger. Aber Eichhörnchen und Skunks. Und natürlich Fledermäuse.«
    Haydon schaute Nina an. »Tiere. Mein Gott!«
    »Deine Zigarette«, sagte sie.
    Er führte die Hand zum Aschenbecher, gerade bevor die Aschensäule abfiel. Dann drückte er die Zigarette aus. Nahm das Sherryglas, trank einen Schluck, war aber in Gedanken ganz woanders, und wandte sich schließlich wieder Vanstraten zu.
    »Also gut«, sagte er. »Ich weiß, daß Sie das studiert haben. Also möchte ich von Ihnen wissen, wie so etwas passieren kann. Nina, könntest du den Sherry hierher bringen? Ich möchte jetzt nicht mehr als unbedingt nötig gestört werden.«
    Nina ging hinüber ins Eßzimmer und kam zurück mit einer Karaffe, stellte sie vor den beiden Männern auf den Tisch und ließ sich dann wieder in ihren Sessel sinken.
    »Sie sind ein Schatz, Nina«, sagte Vanstraten, hob die Karaffe an und füllte sein Glas zur Hälfte mit der goldenen Flüssigkeit. Dann bot er Haydon die Karaffe an, doch der schüttelte den Kopf. Er warf einen Blick auf Nina, und auch sie schüttelte lächelnd den Kopf. Dann lehnte auch er sich wieder zurück.
    »Tollwut ist eine akute Viruserkrankung des Zentralnervensystems. Das Virus selbst gehört zur Rhabdovirusgruppe, das heißt lediglich, daß es die Form einer Patrone hat, wenn man es unter dem Mikroskop betrachtet. Um eine Infektion auszulösen, muß das Virus mit Nervengewebe in Kontakt

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