Kalter Amok
Geschäftsfrau.
Sie verlangte fünfhundert Dollar als Grundgebühr. Mehr, wenn es die ganze Nacht dauern sollte, und fünfzehnhundert bis zweitausend, wenn es ein ganzes Wochenende dauerte, wobei sie immerhin ein Köfferchen packen und achtundvierzig Stunden lang die gute Gesellschafterin spielen mußte. Sie machte jedes Jahr einen Monat Ferien, meistens an der mexikanischen Pazifikküste. Es war ein sehr angenehmes Leben, das gekrönt wurde durch die Tatsache, daß sie über den libidinösen Appetit eines Gourmets und die spielerische Erfindungsgabe eines Epikuräers verfügte.
Jetzt wandte sich Maureen abrupt von der kleinen Tiffany-Auslage ab und ging auf die nächste Rolltreppe zu. Als sie auf die unterste Stufe trat, schaute sie rasch auf die Uhr. Mooney lächelte. Frauen, die stundenweise arbeiten, kannten den Wert der Zeit. Pünktlichkeit war ein Nebenprodukt ihres Berufs.
Er stieß sich vom Geländer ab, das den Atriumhof umgab, und bahnte sich einen Weg durch den Strom der entgegenkommenden Galleria-Besucher zum Eingang von Zucchinis Naturkost-Cafe – »Von der Farm direkt auf den Tisch« –, neben der Tür von Neiman-Marcus. Er wartete unter dem grünen, ovalen Schild auf die Geschäftsführerin und folgte ihr zu dem gewünschten Tisch neben dem grünen Eisengeländer, das den Restaurantteil des Cafes vom Gehsteigbetrieb trennte. Zucchini erinnerte an ein europäisches Freiluft-Cafe mit seinem schwarz-weiß gemusterten Keramikboden, den kleinen Tischchen mit weißen Decken und dem handgetöpferten Geschirr.
Mooney bestellte sich ein Guinness Stout und wartete auf Maureen. Es dauerte nicht lange. Sie kam herein, und die Köpfe drehten sich nach ihr um, aber sie schien es gar nicht zu bemerken. Sie hatte Mooney bereits gesehen und kam auf ihn zu, ohne den Blick nach den Seiten schweifen zu lassen. Ihr Lächeln wirkte echt.
Er stand auf, als sie herankam, und sie küßte ihn auf die Lippen. Dazu mußte sie sich ein wenig nach unten bücken.
»Gott, schau dich doch an«, sagte sie, während sie sich setzte und Mooney Einblick in ihr Decolleté gönnte, gerade so, daß es noch diskret wirkte, »du mußt mindestens zwanzig Pfund zugenommen haben.«
»Vielleicht fünfzehn, seit ich dich zuletzt gesehen habe.«
»Ach, Moon, komm schon!« Sie lachte. »Zuviel davon.« Sie zeigte auf die Flasche dunkles Bier.
»Ja. Ich brauche mehr Bewegung, um es abzuarbeiten.«
»Momentan bist du eher dabei, es anzusetzen.«
»Klar«, sagte er. »Was möchtest du?«
Sie überflogen die Speisekarte und bestellten. Maureen eine Flasche Artesia und die Quiche Coquille, und Mooney noch eine Flasche Stout und den Zitronenpfefferburger, den er in einer Mischung aus Freßlust und schlechtem Gewissen bestellte. Nach drei Uhr brauchte er dann wieder seine Maalox.
Maureen stützte die Ellbogen auf den Tisch und ließ ihn noch einmal die hübschen, straffen Brüste sehen.
»Und welchem Umstand verdanke ich das Vergnügen? Als du das letztemal jemanden zum Essen eingeladen hast, mußtest du Beverly Thorp sagen, sie sollte nicht mehr mit dem Sohn des Senators bumsen, sonst würde ihr der alte Herr sämtliche Finger brechen.«
»Es war keine Kleinigkeit. Sie verlor damit praktisch ihr Einkommen und brauchte Trost.«
»Und sie war verliebt.«
»Sie dachte, sie sei verliebt.«
»Wirst du mir auch etwas ähnliches sagen?«
Mooney schüttelte den Kopf. »Du wirst mir etwas sagen.«
»Zum Beispiel?«
Mooney nahm das Foto aus der Tasche und reichte es ihr über den Tisch. »Zum Beispiel, wer das ist.«
Maureen schaute das Foto an und erkannte sofort, daß es das Bild einer Toten war. »Oh, verdammt.« Sie schnitt eine Grimasse und gab ihm das Foto zurück. »Keine Ahnung«, sagte sie.
»Keine Ahnung?«
Sie schüttelte den Kopf.
Mooney drehte das Foto herum und gab es ihr wieder. »Schau es genau an. Du kennst sie nicht?«
»He, Moon.« Sie wandte den Kopf ab. »Hör mal – wir haben gerade etwas zu essen bestellt, nicht wahr?«
Mooney steckte das Foto wieder ein. »Ich hätte nie gedacht, daß du so pingelig bist.«
»Du liebe Güte! Wer schaut sich schon gern vor dem Essen Leichen an?«
»Du hast recht. Es war ein Fehler«, sagte Mooney verständnisvoll.
Maureen zog die Schultern hoch, als wolle sie damit den Busen anders arrangieren, der durch den Anblick eines solchen Fotos irgendwie gelitten zu haben schien.
»Okay«, sagte Mooney. »Dann kannst du mir vielleicht die nächste Frage beantworten. Was war das für
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