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Kalter Amok

Titel: Kalter Amok Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: David L. Lindsay
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zueinander. Sally hat sie sozusagen adoptiert, hat sie finanziell unterstützt und dafür gesorgt, daß sie das Beste bekam, was zu haben war. Du weißt schon – sie wollte sie nicht in dieser Situation sehen, wollte sie eher in die Kategorie einer ausgehaltenen Frau bringen, einer Geliebten. Judith ist erst spät ins Geschäft eingestiegen, und Sally hat sie als crème de la crème behandelt.«
    Mooney stieß ein wenig weiter vor. »Weißt du irgend etwas über die Fotoabende dort?«
    Maureen zögerte. »Ich weiß, daß dort gelegentlich Fotos gemacht wurden.«
    »Wer hat fotografiert?«
    »Theresa hat gesagt, daß sie es war.«
    »Du meinst, während sie mitmachte?«
    »Nein. Sie und Sandy haben sich beim Fotografieren abgewechselt.«
    »Für die Klienten?«
    »Nein, zu Sallys Sicherheit. Sally sah alles aus zwei Blickwinkeln. Sie dachte, es wäre gut, wenn man über gewisse Dinge Buch führt – mit den entsprechenden Beweisen.«
    Gut gesagt, dachte Mooney und trank einen Schluck Stout.
    Am Tisch nebenan sprachen ein Mann und eine Frau, die wie Mitte Fünfzig aussahen, über Krügerrands. Sollten sie mehr davon kaufen? Oder die verkaufen, welche sie bereits besaßen? Dazu tranken sie St.-Pauli-Bier, und jedesmal, wenn der Kellner neue Flaschen brachte, stießen sie mit den Gläsern an. Sie waren sehr mit sich und der Welt zufrieden.
    Maureen warf ihnen einen vernichtenden Blick zu und trank ihren Martini aus. »Houston ist voll von solchem Gesindel«, sagte sie laut genug. Nachdem das Paar einige frostige Blicke mit ihr getauscht hatte, begannen die beiden wieder zu reden und drehten sich in eine andere Richtung.
    »Ich glaube, wir sollten jetzt gehen, wie, Maury?«
    »Ja, vermutlich.« Sie wirkte etwas hochnäsig.
    »Nur noch eines: Sind alle Nummern der Musikbox in Sallys Wohnung portugiesisch?«
    »Ja, ich glaube.«
    »Aber niemand hat Portugiesisch gesprochen?«
    »Doch; Sandy und Theresa.«
    »Hast du nicht gesagt, die Brasilianer sind nur zu besonderen Gelegenheiten dort gewesen?«
    »Überwiegend.«
    »Aber nicht alle?«
    »Ich glaube, du solltest dir die restlichen Informationen von Judith besorgen. Von mir hast du schon mehr, als dieses Essen wert war.«
    Mooney machte eine beschwichtigende Geste. Irgend etwas im Zusammenhang mit den Mädchen, die in dem Haus wohnten, hatte bei ihr einen wunden Punkt berührt.
    Er winkte nach der Rechnung und bezahlte, während Maureen in ihrer Handtasche kramte und ihr Make-up überprüfte. Sie verließen gemeinsam das Cafe und ließen sich dann treiben in dem Strom von Menschen, der sich zum entgegengesetzten Ende des Atriumhofs bewegte. Als sie die Rolltreppe erreichten, blieben sie stehen.
    »Du warst mir eine große Hilfe, Maureen.«
    Sie zuckte mit den Schultern.
    »Ich weiß gar nicht, warum du überhaupt darüber gesprochen hast.« Jetzt schaute ihr Mooney in die Augen.
    »Theresa und ich waren gute Freundinnen. Ich hab’ sie gerngehabt. Falls da etwas faul ist, wäre es nicht recht, wenn es einfach unter den Teppich gekehrt würde.«
    Sie schaute etwas betroffen drein, und Mooney wartete.
    »Zwischen mir und Judith dagegen kann man nicht gerade von einem liebevollen Verhältnis sprechen. Diese brasilianische Sache war sehr lukrativ. Ich habe auch ein paarmal mitgemischt, aber dann hat mich Sally verscheucht. Theresa hat versucht, mich wieder reinzubringen, aber Sally wollte nichts davon wissen. Ich habe immer gedacht, daß Judith irgendwie ihre Finger im Spiel hatte. Doch das findet ihr sicher leicht heraus.«
    »Danke«, sagte Mooney.
    Sie warf ihr Haar in den Nacken und küßte ihn wieder auf die Lippen, bevor sie sich umdrehte, den Fuß auf die oberste Treppe stellte und nach unten glitt. Mooney schaute ihr nach und beobachtete die Köpfe auf der entgegenkommenden Rolltreppe, sah, wie sie sich nach Maureen umdrehten. Als sie unten angekommen war, schaute sie auf die Uhr. Ohne sich noch einmal umzudrehen, tauchte sie in der Menge unter.

21
     
    Rafael steckte den Schlüssel ins Sicherheitsschloß und sperrte die Tür zum Labor auf. Die runde, elektrische Uhr über den Schränken zeigte auf einundzwanzig Uhr dreißig. Um diese Zeit würde er nicht mehr gestört werden. Und die Nachtwächter hatten sich daran gewöhnt, daß er noch spät arbeitete. Medizinstudenten hielten sich nicht an geregelte Arbeitszeiten. Alles drehte sich um ihr Studium und ihre Arbeit in den Seminaren. Essen, Schlafen und Privatleben kamen bestenfalls an dritter Stelle. Rafael bildete

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