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Kalter Amok

Titel: Kalter Amok Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: David L. Lindsay
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überprüfte seine Notizen und klärte hier und da einen Punkt durch Rückfragen. Trotz des Ventilators hinter der Frau an der Küchentür fühlte Hirsch, wie zwischen seinen Schulterblättern Schweißtropfen entstanden und rasch am Rückgrat entlang nach unten liefen. Sein Hosenbund war bereits feucht und juckte an der Haut. Das Lederhalfter mußte schon ganz durchnäßt sein. Von Zeit zu Zeit wischte er sich die Schweißtröpfchen auf der Stirn ab. Aber er zögerte, sein Taschentuch herauszunehmen und sich Gesicht und Hals abzuwischen, als wäre das eine Beleidigung für die Frau.
    »Wie viele leben momentan dort?«
    »Ich habe schon seit einem Monat kein Mädchen mehr in dem Haus gesehen.«
    »Und welches Mädchen haben Sie zuletzt dort gesehen?«
    »Wahrscheinlich Soyla.«
    »Ist Ihnen sonst noch etwas in der Nähe des Hauses aufgefallen, was bemerkenswert war? Irgend etwas. Zum Beispiel ein bestimmter Wagen, der öfters dort auftauchte? Oder eine bestimmte Person?«
    Darüber dachte sie eine Weile nach. Sie selbst zögerte keineswegs, sich mit dem Taschentuch abzuwischen, vor allem rings um den Mund, wo immer wieder kleine Schweißperlen entstanden.
    »Nein. Nur der Kerl mit dem Pornoheft.«
    »Könnten Sie ihn auf einem Foto identifizieren?«
    »Klar.«
    »Was für Wagen haben Sie dort gesehen?«
    »Keine Ahnung. Ich achte nicht auf Wagen. Kann nicht einmal einen vom anderen unterscheiden. Buicks? Fords? Chevrolets?« Sie schüttelte den Kopf.
    »Farben?«
    Sie schüttelte wieder den Kopf.
    Hirsch nahm das Glas mit Eistee und trank es aus. Die Minzeblätter blieben im Mund kleben.
    »Sie müssen sie kauen«, sagte die Frau. »Das gibt Ihnen einen frischen Atem.«
    Hirsch kaute sie. »Sie waren mir eine große Hilfe«, sagte er. »Vielleicht komme ich in den nächsten Tagen noch einmal vorbei.«
    Die Frau hörte auf, sich den Mund zu wischen, und schaute ihn an. Dabei stützte sie den rechten Ellbogen auf den Tisch und deutete mit dem Zeigefinger auf ihn.
    »Eines möchte ich klarstellen: Ich bin nicht blöd. Da unten geht bestimmt etwas vor. Ich weiß nicht, was. Aber diese Mädchen tun mir leid, und ich weiß, daß niemand anders mit Ihnen darüber reden wollte. Ich habe es gewagt und bin ein Risiko eingegangen. Aber ich muß Sie nun bitten, auch etwas für mich zu tun. Ich werde nicht mehr mit Ihnen reden. Ich bin nicht die einzige, die die Straße beobachtet. Inzwischen wissen mindestens drei oder vier Leute, daß Sie lange genug hier sind, um etwas von mir erfahren zu haben. Es wäre nicht schwer, herauszufinden, wer da geplappert hat, klar?«
    Hirsch nickte.
    »Also gehen Sie noch eine Weile durch die Straße und klopfen Sie an ein paar andere Türen. Versuchen Sie, in ein paar anderen Häusern genauso lange zu bleiben wie hier. Reden Sie meinetwegen über die Hitze oder über die Enkelkinder oder was weiß ich. Aber bleiben Sie eine Weile dort. Wenn die Leute später wissen wollen, worüber bei mir geredet wurde, und sie sagen, bei ihnen ging es um die Hitze und die Enkelkinder, kann ich sagen, bei mir war es das gleiche. Ich bin dann nicht die einzige, die Sie eine Weile hereingelassen hat. Okay?«
    Hirsch stöhnte innerlich, aber er versprach es ihr. Er wußte, daß sie recht hatte. Er erhielt einen Zettel mit ihrem Namen und ihrer Telefonnummer und den nochmaligen Hinweis, daß sie nicht mehr mit ihm reden würde. Zumindest nicht hier in ihrem Haus. Er dankte ihr noch einmal und ging dann wieder hinaus auf die Veranda, wo der Myna sofort zu pfeifen begann und nervös auf und ab hüpfte. Die Frau versuchte nicht, den Vogel zum Schweigen zu bringen, während Hirsch durch das Gartentor ging und sich dem nächsten Haus zuwandte. Er warf einen Blick auf das Haus mit den drei Palmen und fühlte ein Dutzend Augenpaare auf sich, bewaffnet mit Ferngläsern aus Armeebeständen, die ihn dabei beobachteten, wie er auf das nächste Haus zuging.

20
     
    Ed Mooney stand in der dritten Etage unter der riesigen Kuppel und schaute hinunter auf die übrigen Stockwerke. Das Licht, das durch die Kuppel fiel, nährte die Kästen und Tröge mit Grünpflanzen und die Feigenbäume der Laubengänge, in denen es wimmelte von auswärtigen Käufern, Touristen, Gaffern, Geschäftsleuten und Bewohnern der Eigentumswohnungen in den oberen Stockwerken dieses Luxusgebildes unseres Kernzeitalters.
    Die Galleria. Eine Stadt von 42 Morgen unter Glas. Die Temperatur hielt sich konstant bei 22 Grad, die Atmosphäre strahlte unverfrorenen

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