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Kalter Fels

Kalter Fels

Titel: Kalter Fels Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stefan Koenig
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aus ihren Thermosflaschen. Und danach jagten sie zwischen tausend Pistenfahrern hinab nach Kühtai, wissend, dass sie einen besonderen Bergtag erlebt hatten. Unvergesslich – und mit keinem der anderen Tage zu vergleichen, die sie allein oder gemeinsam in den Bergen verbracht hatten.
    Und sie wussten: Die Jagd hatte erst begonnen. Noch waren die Spuren verwischt oder zeigten sich nur in einem rätselvollen Durcheinander. Aber genau wie der frühere Polizist Schwarzenbacher hatten sie nun Witterung aufgenommen.
    Für Marielle war das ein ganz und gar sonderbares Gefühl. Irgendwie erregend. Und zugleich ließ es sie über sich selbst erschrecken.
    * * *
     
    Schwarzenbacher war seine alte Jazzplatte losgeworden. Hosp hatte angerufen und sich für einen kurzen Besuch angemeldet. Gleich nach Dienstschluss war er gekommen. Sie hatten Mineralwasser getrunken – »Nein, Paul, keinen Kaffee, vielen Dank. Kaffee habe ich im Büro eh schon immer viel zu viel« – und ein bisschen in seiner umfangreichen Plattensammlung gestöbert. Irgendwann hatte Schwarzenbacher die Doppel-LP »Blue Note live at the Roxy« herausgesucht, dazu die Scheibe von Milton Buckner, und Hosp beide in die Hand gedrückt.
    »Die eine habe ich dir ja versprochen. Die andere … Nun, da solltest du mal reinhören. Vielleicht nicht immer dein Geschmack, aber Donald Byrd oder Carmen McRae müssten dir schon gefallen. Aber die will ich wieder. Eilt nicht. Über kurz oder lang …«
    Hosp hatte gelächelt. »Wie du weißt, bin ich ein verdammt altmodischer Hund. Was mir gefällt, überspiel ich mir immer noch auf Kassette. Computer und Digitalisierung, das ist mir einfach alles zu kompliziert. Ich nehm mir die Scheibe auf, und in ein paar Tagen kannst du sie wiederhaben.«
    Nachdem Schwarzenbacher den früheren Kollegen zur Tür begleitet hatte, entdeckte er auf dem Tisch im Wohnraum einen sauber gefalteten DIN-A5-Zettel.
    Ein Name. Und die dazugehörige Adresse samt Telefonnummer.
    Und darunter stand: »Ich will auf dem Laufenden gehalten werden. H.«
    Alles in einer schablonenhaft wirkenden Handschrift.
    Schwarzenbacher hatte gegrinst. So viel Schneid hätte er Hosp gar nicht zugetraut. Jetzt hatte die Jagd wirklich begonnen.
    * * *
     
    Beate Kröninger, die Frau des Staatsanwalts i. R. Dr. Magnus Kröninger, schenkte Tee ein. Die Tassen waren dünnwandig, wirkten fast durchscheinend und waren gewiss teuer gewesen.
    Auf dem Tisch stand eine Schale mit Gebäck.
    »Das müssen Sie mir schon noch einmal genauer darstellen«, sagte Kröninger, der im Vergleich zu seiner Gemahlin alt und vom Leben ein wenig gebeugt erschien.
    »Ich lass euch dann mal allein«, sagte sie höflich und mit einem kalten Lächeln. »Von diesen polizeilichen Angelegenheiten versteh ich ohnehin nichts.«
    Kröninger quittierte das lediglich mit einem Nicken und fuhr, an Schwarzenbacher gerichtet, fort: »Ich habe im tragischen Unglücksfall Mannhardt ermittelt. Das stimmt. Zehn Jahre später fiel ein ähnlich gelagerter Unfall – es war im Karwendel – in mein Ressort. Das trifft alles zu. Doch es erstaunt mich, wie Sie zu dem Schluss kommen, dass damals so einschneidende Fehler gemacht worden sein sollen. Bitte verstehen Sie mich richtig: Wären Sie irgendjemand, der mit solchen Behauptungen zu mir käme, ich würde ihm die Tür weisen. Aber Sie, Herr Schwarzenbacher, waren einmal einer der fähigsten Beamten. Ihr Name hatte Klang. Wenn Sie solche Vermutungen anstellen, dann muss ich das ernst nehmen, ob ich mag oder nicht …«
    Schwarzenbacher merkte, dass der frühere Staatsanwalt nun irgendetwas von ihm erwartete, eine Stellungnahme, eine Erklärung, eine Abmilderung des Verdachts oder auch nur ein paar entschuldigende und dabei nichtssagende Sätze, seine Aufdringlichkeit betreffend.
    Doch er wusste von früher nur zu gut, dass nichts einen Menschen so aus der Fassung bringen konnte wie das Schweigen seines Gegenübers. Irgendwann, dessen war sich Schwarzenbacher sicher, würde Kröninger ganz von selbst weiterreden. Und zwar weniger gefasst, weniger geplant als bisher.
    Lange warten musste er nicht, nach einer knappen Minute der Stille, die nur durch das leise Klirren des Löffels in Kröningers Tasse gestört wurde, sagte der Staatsanwalt:
    »Ich finde es schon ganz schön dreist, mir mit solchen Behauptungen zu kommen. Was haben Sie denn in der Hand? Auf welche Indizien gründet sich Ihr Verdacht? Glauben Sie wirklich, Polizei und Justiz hätten ihre Arbeit

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