Kalter Grund - Almstädt, E: Kalter Grund
Malte hat mich umworben, fühlte sich geschmeichelt, von mir ernst genommen zu werden. Als wir länger zusammen waren, wendeten sich die Machtverhältnisse: Er merkte, dass ich mit ihm ins Bett gehen wollte und mich auf unsere Treffen zunehmend freute. Über eine Zukunft mit ihmverschwendete ich allerdings keinen Gedanken, ich wollte einfach immer so weitermachen. Aber ein Mann wie Malte Bennecke bekommt schnell Oberwasser und wird dann sehr unangenehm. Er wollte mir irgendwann Vorschriften machen, wann, wo und wie wir uns treffen. Außerdem bekam ich mit, dass er sich auch noch mit anderen Frauen verabredete. Da musste ich irgendwann einen Schlussstrich ziehen. Es traf sich ganz gut, dass zu diesem Zeitpunkt gerade ein alter Freund Kontakt zu mir aufnahm, der in vielen Punkten besser zu mir passt als Malte. Er heißt Klaus Biel und wir werden im Juni dieses Jahres heiraten. Sie sehen also: Ich war nie scharf auf den ›Grund‹, mit Malte als Ehemann und Ruth Bennecke als Schwiegermutter. Lieber hätte ich den Rest meines Lebens Bernhard Förster die Stiefel geputzt. Aber jetzt, wo ich Ihnen alles erzählt habe, verraten Sie mir: Sind Sie dadurch dem Mörder auch nur einen Zentimeter näher gekommen?«
Verenas Stimme hörte sich schon wieder so schnippisch an wie zu Beginn des Gesprächs. Pia überdachte kurz, was sie eben gehört hatte. Es klang zumindest plausibel und schloss in diesem Fall Verena als Mörderin aus Eifersucht aus.
»Sie haben bestimmt Verständnis dafür, dass ich den Stand der Ermittlungsarbeit nicht mit Ihnen diskutieren werde, Frau Lange«, blockte sie Verenas Frage unverbindlich ab. »Wenn Sie mir jetzt noch Ihre derzeitige Adresse, die von Herrn Klaus Biel und die der Försters geben, dann können wir unser Zusammentreffen hier beenden.«
Verena Lange riss einen Zettel von einem Block auf ihrem Schreibtisch ab und kritzelte die Adressen darauf.
»Bitte«, sagte sie kühl und reichte Pia den Zettel über den Schreibtisch hinweg zu. Verena Lange bedauerte ihre Mitteilsamkeit anscheinend schon.
Die beiden Frauen erhoben sich. Beim Hinausgehen traf Piaauf einen großen, blonden Mann, der gerade hereinkommen wollte. Er stellte sich als Jens Petersen vor, Gutsverwalter auf Rothenweide. Er sagte, er hätte im Büro nach dem Rechten sehen wollen, als er bemerkt habe, dass um diese Uhrzeit noch Licht brannte.
»Normalerweise hätte unser Fräulein Lange um diese Uhrzeit nämlich schon Feierabend«, bemerkte er mit einem entschuldigenden Lächeln. Pia wäre ihm bei einer solchen Bezeichnung ihrer Person an die Gurgel gesprungen, aber Verena quittierte die Feststellung nur mit einem mädchenhaften Neigen des Kopfes. Sie schien die Bezeichnung »Fräulein« nicht weiter zu stören. Stattdessen verabschiedete sie sich mit der Bemerkung, sie werde jetzt noch den Stall zu Ende ausmisten.
13. KAPITEL
P ia fand sich mit Jens Petersen auf dem Hofplatz vor dem Torhaus wieder. Sie musterten sich gegenseitig neugierig. Jens Petersen war etwa 40 Jahre alt, fast einen halben Kopf größer als Pia und von kräftiger Gestalt. Er war nicht dick, aber er hatte einen schweren Knochenbau und gute Gebrauchsmuskeln, die nicht nach Fitness-Studio, sondern körperlicher Arbeit aussahen. Sein Gesicht war groß und flächig, mit hellen Augen und fast unsichtbaren Wimpern. Sein Haar war blond, vielleicht in Ansätzen auch schon grau. Man sah ihm an, dass er sich hauptsächlich an der frischen Luft aufhielt. Er hatte seine Hände tief in die Taschen seiner Jacke versenkt und wippte auf den Fußballen auf und ab.
»Sie werden mich jetzt sicher auch befragen wollen?«, sagte er und es klang ausnahmsweise einmal nicht widerstrebend.
»Wir unterhalten uns mit jedem, der etwas Brauchbares über die Benneckes und ihr direktes Umfeld beisteuern kann«, antwortete Pia. »Je eher wir alle Informationen haben, desto besser.«
»Und wenn ich nun überhaupt keine Zeit habe?«
»Ihrer momentanen Haltung nach ist das eher unglaubwürdig. Aber sei es drum, früher oder später werden Sie sich die Zeit nehmen müssen.«
»War ja nur eine Frage, rein hypothetisch sozusagen ... Wie soll ich Sie überhaupt ansprechen? Frau Kriminalkommissarin?«
»Von mir aus. Frau Korittki tut es auch, solange Sie nicht Fräulein Korittki daraus machen.«
»Also gut, Frau Korittki. Ich muss drüben im Haupthaus noch ein paar Handwerker kontrollieren, bevor die sich aus dem Staub machen. Wenn Sie Lust haben, begleiten Sie mich doch einfach. Wir
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