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Kalter Mond

Kalter Mond

Titel: Kalter Mond Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Giles Blunt
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Puppenstadium. Schon erstaunlich, was ein paar Grad Temperaturunterschied bewirken können. Im Winter allerdings sieht die Sache ganz anders aus.«
    »Vor dem Schnee, nach dem Schnee«, ergänzte Filbert, »über dem Gefrierpunkt, unter dem Gefrierpunkt. Da wird es noch mal richtig verwirrend.«
    Cardinal hatte schon ein paar Winterleichen gehabt, doch er wollte sich mit den beiden nicht in eine Diskussion einlassen.Können wir bitte nur einfach ins Labor? Können wir uns bitte auf den Fall konzentrieren?
    Chin führte sie noch an zwei weiteren toten Ratten vorbei und kommentierte sie wie ein Museumskurator, was er auf seine Weise auch war. Endlich waren sie im Labor, und Chin holte einen Hefter aus einem Regal. Er blätterte ihn ganz durch und sah sich ein paar Computerausdrucke genauer an.
    »Da haben wir’s. Ihre Leiche war mindestens 312, maximal 336 Stunden tot.«
    »Also zwei Wochen«, sagte Cardinal. »So viel haben Sie uns aber bereits das letzte Mal gesagt.«
    »Schon, aber jetzt können Sie damit vor Gericht. Wir wissen ohne jeden Zweifel, um welche Spezies es sich handelt, da wir sie haben schlüpfen lassen. Ich bin sicher, Mr. Filbert wäre es ein Vergnügen, für Sie vor Gericht zu erscheinen. Er hat jedenfalls nichts Besseres zu tun.«
    »Nein, nein. Abgesehen von meinen einsamen Stunden am Thermalcycler«, sagte Filbert. »Wollen Sie ihnen nicht die Daten zeigen?«
    Chin drehte den Computer so, dass Cardinal und Delorme das Raster sehen konnten, welches auf dem Monitor aufleuchtete. »Eine Datenreihe. Wir haben Entwicklungszeittafeln für sämtliche hiesigen Gliederfüßer auf unserer Datenbank.«
    »Er meint,
ich«,
sagte Filbert. »Er streicht nur den Ruhm dafür ein.«
    »Mr. Filbert ist überhaupt kein Wissenschaftler, Detectives. Eigentlich ist er ein Ausbrecher aus einer geschlossenen Anstalt. Ich wäre Ihnen sehr verbunden, wenn Sie ihn gleich mitnehmen würden.« Chin tippte etwas auf einer Tastatur, und das Raster wechselte die Farbe. Dann erschien eine Liste auf der linken Seite, und das Raster füllte sich mit Zahlen.
    »Links tragen wir die Taxa ein, die wir am Fundort gesammelthaben.
Calliphoridae, Cynomyopsis, Staphylinidae
und so weiter. Jede benötigt eine andere Zeit für die Ei-Ablage und die Verpuppung wie auch für die Entwicklung. Sie speisen sämtliche Taxa ein, die Sie am Fundort entdecken, und dann die verschiedenen Entwicklungsstadien, im Grunde bräuchten Sie nicht mal einen Computer. Sie sehen sich einfach an, wie viel Tage es dauert, bis sie ein bestimmtes Entwicklungsstadium erreicht haben. Die einzige Liegezeitbestimmung, die sich damit deckt, dass die alle zur selben Zeit am selben Ort zu finden waren, ist …« Chin drückte auf die Enter-Taste, und auf dem Bildschirm erschien eine Zahlenskala.
    »… 312 bis 336 Stunden«, sagte Cardinal. »Sehr eindrucksvoll.«
    »Das ist primitivste Wissenschaft.« Chin sah mit einem Lächeln zu ihnen auf. Fluoreszierende Lichter bildeten helle Balken in seinen Brillengläsern. »Das versteht sogar Filbert.«
    »Eigentlich nicht mein Gebiet«, sagte Filbert. »Ich bin ein einfacher Kapillarsequenzer.«
    Arsenault zog ein paar Phiolen heraus und reichte sie Dr. Chin.
    »Noch eine Leiche«, sagte er. »Können Sie uns damit weiterhelfen?«
    »Na ja, Sie haben da vor allem Eier. Kaum Puppen. Frische Leiche, stimmt’s?«
    »Stimmt.«
    Dr. Chin klopfte behutsam eines der Eier heraus und legte es unters Mikroskop. »
Phormia regina
kriegen Sie überall. Langweilig.« Einen anderen Objektträger bestückte er mit einem anderen Ei. »
Lucilia Illustris
«, sagte er und stellte die Schärfe ein. »Grüne Goldfliege. Liebt offene, trockene Gegenden.«
    »Das passt auf jeden Fall«, sagte Cardinal.
    Dr. Chin verfuhr mit einem dritten Ei wie mit den ersten. Wieder drehte er an der Schärfeneinstellung. »
Phaenicia sericata
. Auch als Fischgoldfliege bekannt. Die hier lebt in hellen Habitaten. Kommt früh, steht gern vorne in der Schlange. Im Freien, bei Sonnenschein, würde ich sagen, haben wir es mit einer Liegezeit von zwölf bis vierzehn Stunden zu tun.«
    »Das würde zum Erscheinungsbild der Leiche passen«, sagte Arsenault.
    »Sie haben keine der Arten bei unserem ersten Opfer erwähnt«, sagte Cardinal.
    »Wie denn auch! Das erste Opfer lag hinter einem Wasserfall und war zwei Wochen alt. Sie werden keine dieser Arten dort antreffen und umgekehrt. Sie finden zum Beispiel keine
Cynomyopsis cadaverina
an einer so frischen Leiche. Aber ich

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