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Kalter Mond

Kalter Mond

Titel: Kalter Mond Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Giles Blunt
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nein, auf die Kiste lasse ich mich nicht ein. Auf keinen Fall werde ich eine Entfernungsbestimmung vornehmen, ohne dass ich eine Waffe in Händen habe.«
    »Geben Sie mir einfach nur Schätzwerte. Wir brauchen sie vielleicht gar nicht vor Gericht.«
    »Es gibt keinen Schätzwert. Nicht ohne eine mutmaßliche Tatwaffe. Wie soll ich Ihnen einen Richtwert geben, ohne dass ich die Lauflänge kenne? Selbst wenn ich die Waffengattung kenne, weiß ich noch nicht, ob die hier nicht irgendwie verändert wurde, was wiederum die Schussbahn beeinflussen würde.«
    »Dann geben Sie mir also keinen Anhaltspunkt?«
    »Wie gesagt, ich kann nicht.«
    »Na ja, Selbstmord haben wir praktisch ausgeschlossen. Das Opfer ist Linkshänderin. Und für mein nicht eben fachmännisches Auge sieht es so aus, als wäre die Schusswaffe irgendwo zwischen dreißig und fünfzig Zentimetern entfernt gewesen.«
    »Dazu kann ich mir wie gesagt keine Meinung bilden«, antwortete Venn. »Aber bei Selbstmord würde man eine Kontaktwunde oder etwas in der Art erwarten. Falls Ihre Mrs. X nicht über einen Meter lange Arme hat, kann sie sich diese Wunde unmöglich selber beigebracht haben.«
    »Ein Strafverteidiger könnte behaupten, es sei ein Unfall gewesen.«
    »Ein Unfall? Aus einer Entfernung von vielleicht einem halben Meter? Sie halten jemandem eine geladene Waffe an den Kopf und geraten versehentlich an den Abzug? Also, da dürften doch dem einen oder anderen berechtigte Zweifel kommen.«
    Cardinal deutete mit dem Kopf auf das Spektroskop, das auf ein Werbeposter für einen Van-Damme-Film Schatten warf. »Was ist mit den Ergebnissen der Schussrückstandsanalyse? Helfen die uns irgendwie weiter?«
    »Ist gar nicht durchgeführt worden. Sehen Sie mich nicht so an, Detective. Hat überhaupt keinen Sinn, jemanden aufSchmauchspuren zu untersuchen, auf den gerade aus kurzer Entfernung geschossen wurde. Man würde in jedem Fall welche finden, ob die Person nun selber geschossen hat oder nicht.«
    Da hatte er recht. Cardinal hätte sich dafür ohrfeigen können, dass er nicht daran gedacht hatte.
    Venn heftete ein Blatt Papier an die Pinnwand, auf dem eine Reihe grauer Streifen unterschiedlicher Intensität zu sehen war.
    »Und nun zum Geschoss«, sagte er. »Wir haben es mit einem einfachen, nicht ummantelten Bleigeschoss Kaliber 32 zu tun. Nach meinem Eindruck einem langen 32er. Normalerweise würde man bei einem Schädeldurchschuss davon ausgehen, dass das Projektil abgeflacht wird, so dass man es kaum noch einordnen kann. In diesem Fall haben wir einen Schuss in die Schläfe – viel dünnerer Knochen –, und die Kugel ist noch ziemlich intakt. Ich nehme mal an, Sie haben keine Hülsen?«
    »Wir haben nur das, was wir Ihnen gegeben haben.«
    »Dann wird Ihnen das hier nicht allzu viel helfen, aber schauen wir mal.« Während er sprach, zeigte er auf den Ausdruck; sein Fingernagel war restlos abgenagt. »Sie haben sechs rechte Züge mit einem Feld-Zug-Verhältnis von eins bis eins Komma soundso viel. Züge sind null Komma sechsundfünfzig; Felder null Komma sechzig.«
    »Pistole?«
    Venn nickte. »Pistole. Und in einer Hinsicht haben Sie Glück.«
    »Tatsächlich?«
    »Die Riefelung in der Waffe hat einen Linksdrall. Das grenzt die Möglichkeiten schon mal von vornherein ein. Sie suchen vermutlich nach einem Colt.«
    Venn rollte seinen Drehstuhl vor seinen Computer. Er fingan, Zahlen in eine Datenbank einzutippen. »Nach allem, was Sie über die Verletzung erzählt haben – minimale Bewegung im Schädel, minimale Gewebeschädigung –, haben Sie es, glaube ich, mit Munition zu tun, die entweder sehr alt oder irgendwann nass geworden ist. Oder es ist eine defekte Waffe. Falls der Schlagbolzen schief genug sitzt, kann das zu einem Fehlschuss wie diesem hier führen. Aber das wissen wir natürlich erst, wenn Sie uns eine Hülse bringen. Oder womöglich gar die Waffe selbst.«
    »War’s das? Wir haben es also vielleicht mit einem Colt Kaliber 32 zu tun?«
    Venn sah ihn an. »Sie sind so ungeduldig, Detective, dass Sie mich nicht mal ausreden lassen.«
    Cardinal musterte Venn, um festzustellen, ob das nur als Witz gemeint war. War es nicht.
    »Dieser Linksdrall in Verbindung mit diesem Feld-Zug-Verhältnis grenzt unser Problem auf zwei Möglichkeiten ein. Sie suchen entweder nach einer J. C. Higgins, Modell 80, oder einem Colt ›Police Positive‹.«
    »Und ich möchte wetten, es gibt ’ne ganze Reihe von der Sorte?«
    »In Ontario? Gehen Sie von mehreren

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