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Kalter Mond

Kalter Mond

Titel: Kalter Mond Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Giles Blunt
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türmten.
    Das Frauenhaus, erklärte er ihr, sei ursprünglich ausschließlich zum Schutz misshandelter Frauen gedacht gewesen, doch sie nähmen, falls sie Zimmer übrig hätten, Leute auch aus anderen Gründen auf. Eine Kugel im Kopf erfüllte wohl die Kriterien.
    »Wir sind weder ein Gefängnis noch ein Krankenhaus«, sagte er in diesem beschwingten Gemeinsam-sind-wir-stark-Ton.»Wir gehen davon aus, dass alle unsere Gäste erwachsene Menschen sind und kein Kindermädchen brauchen. Wir haben sehr wenig Regeln, aber die wenigen müssen eingehalten werden.«
    Terris Zimmer war erstaunlich groß für eine Einrichtung dieser Art. Das Doppelbett mit einer scharlachroten Tagesdecke hatte, wie sich zeigte, eine passable Matratze, und der plüschige Sessel am Fenster war fast bequem. Ein uralter, noch nicht ganz durchgelaufener Teppich bedeckte den Boden. Das Badezimmer am anderen Ende des Flurs wurde zwar von mehreren Personen benutzt, war aber sauber.
    Einige der anderen Mitbewohnerinnen schienen anständige Frauen zu sein, auch wenn Terri nicht einen Moment glaubte, irgendetwas mit ihnen gemein zu haben. Eine trug den Arm in Gips, die andere hatte Blutergüsse an beiden Augen. Terri sagte nichts von ihrer Schussverletzung, und die Leute hier verkniffen sich Fragen nach diesen Dingen.
    Also gut, ja, es war besser als das Krankenhaus. Sie war nicht aufs Bett oder den Wintergarten beschränkt. Statt einem Süßigkeitenautomaten gab es eine richtige Küche, doch trotz alledem war es immer noch so etwas wie Hausarrest.
    Wenn es nach Detective Cardinal ging, durfte sie nicht raus, und Ned Fellows zog ganz und gar am gleichen Strang.
    »Wir sind kein Gefängnis«, wiederholte er. »Und wir sind auch nicht Ihre Eltern. Aber solange derjenige, der Ihnen das angetan hat, nicht hinter Gittern ist, sind Sie in großer Gefahr, und deshalb sollten Sie nicht auf die Straße.«
    So verbrachte sie fast einen ganzen Tag in ihrem Zimmer. Eine Weile hatte sie es mit dem Gemeinschaftsraum versucht, doch die Leute wollten zu viel reden – Woher kommst du? Was machst du beruflich? –, und ihr war nicht danach. Sie versuchte, sich auf ein Taschenbuch zu konzentrieren, das ein früherer »Gast« im Frauenhaus hinterlassen hatte, doch auchdas beruhigte sie nicht. Schließlich pfefferte sie das Buch quer durchs Zimmer und stand auf. Sie zog sich das blaue Kapuzensweatshirt an und sah noch einmal in den Spiegel. Genau das Richtige.
Run, Run, Run
.
    Sobald sie auf der Straße war, fühlte sie sich schon viel besser. Die Nachtluft schmeckte noch immer nach Frühling, duftete nach frischen Blumen und nasser Erde. Es wehte eine starke Brise, und sie musste die Zugbänder ihrer Kapuze festhalten.
    Die Main Street war leicht zu finden. Es herrschte nicht viel Verkehr, auch wenn vor dem Capitol Centre eine Menge Autos parkten – vermutlich irgendein Konzert. Nachdem sie ein paarmal falsch gelaufen war, fand sie die Bar, in die Kevin sie ausgeführt hatte.
    Das Goat in Boots war seine inoffizielle Stammkneipe, hatte er gesagt, wenn er von Red Bear und den anderen seine Ruhe haben wollte. Beim Betreten schlug ihr der Rauch entgegen, und sie musste husten. Es war ein typischer Pub im englischen Stil, keine verruchte Spelunke. Terri zog die Kapuze vom Kopf und ging zum Tresen.
    Die Barkeeperin war eine junge Blondine, sehr attraktiv. »Ich suche einen Kerl namens Kevin Tait«, sagte Terri, »genauer gesagt, meinen Bruder. Langes, dunkles Haar, etwa eins achtzig groß, immer ein Notizbuch bei sich. Kommt recht häufig her.«
    »Ich glaube, ich weiß, wen Sie meinen«, sagte das Mädchen. »Kevin, ja. Seinen Nachnamen hab ich nicht gewusst. Hab ihn heute allerdings noch nicht gesehen. Genauer gesagt, schon ’ne Weile nicht mehr.«
    »Können Sie auch Ihre Kollegin fragen?«
    »Hey, Dora! Kevin in letzter Zeit gesehen? Der dünne Typ mit den dunklen, gelockten Haaren, der immer ein Notizbuch bei sich hat?«
    Die andere Barkeeperin sah von ihrem Zapfhahn auf und schüttelte den Kopf.
    »Wohnt derzeit in einem verlassenen Sommerlager. Sie wissen vermutlich nicht zufällig, wo das ist?«, hakte Terri nach. »Es ist sozusagen dringend.«
    »Nicht den blassesten Schimmer.«
    »Sehen Sie hier irgendjemanden, der ihn vielleicht kennt? Ich bin von auswärts. Ich weiß nicht, wer hier mit ihm befreundet ist …«
    »Befreundet, keine Ahnung …«
    Die Frau blinzelte in den Rauch. »Da drüben sitzt einer, hab ein paarmal gesehen, wie die miteinander geredet haben.

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