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Kalter Mond

Kalter Mond

Titel: Kalter Mond Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Giles Blunt
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habe der Kunde seine Karte aufgebraucht, jede weitere Auskunft nur mit richterlicher Verfügung.
    Eine solche Verfügung würde einige Stunden brauchen, und im Augenblick wollte Cardinal auf diese Spur nicht einige Stunden verwenden. Was hatte er also in Erfahrung gebracht? Terri Tait hatte ihren Bruder auf dem Handy angerufen. Nicht gerade eine weltbewegende Neuigkeit. Es gab keinen Grund anzunehmen, dass Kevin Tait sich nicht in Vancouver befand. Andererseits war es ein Handy. Er konnte überall und nirgends sein.
    Als Nächstes hatte Cardinal die nationale Verbrecherkartei per Computer überprüft. Wie sich herausstellte, war Kevin Tait, zweiundzwanzig, des unerlaubten Heroinbesitzes überführt worden, wofür er zu zwei Jahren minus einen Tag verurteilt worden war.
    Ein Anruf bei der Polizei von Vancouver erbrachte nichts; der Beamte, der die Verhaftung vorgenommen hatte, war ineinen anderen Bezirk gewechselt, und im Moment war niemand willens oder in der Lage, Cardinal irgendwie weiterzuhelfen. Er hinterließ seinen Namen und seine Nummer bei einem Detective in deren Drogendezernat, der ihm versprach, sich wieder bei ihm zu melden.
    Also, Kevin Tait, wo steckst du im Moment? Cardinal machte mehrere Fragezeichen in seine Notizen. Ein anderer Gedanke drängte sich Cardinal auf. Wenn Terri Tait hier nun keine Fremde ist? Wenn sie nun nicht zum ersten Mal nach Algonquin Bay gekommen ist? Vielmehr in diese Stadt
nach Hause
kommt? Das war die Inspiration, die er zu unterdrücken versuchte. War ein solches Szenario auch nur wahrscheinlich? Falls Terri Tait hier aufgewachsen war, dann hätte doch wohl irgendjemand sie längst als vermisst gemeldet. Aber vielleicht hatten sie ja nicht sehr lange hier gelebt.
    Wieder im Großraumbüro, rief Cardinal bei der Schulbehörde Nipissing an. Schülerakten sind vertraulich und erfordern streng genommen eine Verfügung. Doch es ist etwas anderes, wenn man es nicht mit einem riesigen Unternehmen wie Bell zu tun hat. Eine gewisse Geschmeidigkeit kann solche Situationen erleichtern; es hängt davon ab, wen man am anderen Ende der Leitung hat. In diesem Fall war es eine junge Frau – eine junge Frau mit einer ziemlich kratzigen Stimme, als hätte sie eben erst aufgehört zu brüllen. Cardinals erste Frage stieß auf ein heiseres, doch bestimmtes Nein.
    »Ich verstehe Ihr Zögern«, sagte Cardinal. »Ich muss Sie sogar bewundern. Wir brauchen Leute wie Sie, um zu gewährleisten, dass solche Informationen nicht in die falschen Hände geraten.«
    »Wieso beschaffen Sie sich dann nicht eine Verfügung und melden sich später noch mal?«, sagte die Frau.
    »Sicher, das könnte ich tun. Aber das würde eine Menge Zeit in Anspruch nehmen, und ich möchte mir nicht all dieMühe machen, um am Ende zu hören, dass Sie keine Informationen
haben
. Deshalb hatte ich gedacht, Sie könnten mir vielleicht – ohne mir irgendetwas Persönliches zu verraten – einfach nur Auskunft geben, ob eine Miss Terri Tait hier je zur Schule gegangen ist oder nicht.«
    »Nur eine Auskunft. Sie wollen keine Noten oder dergleichen?«
    »Nein, nein. Nach so was würde ich ohne Verfügung nie fragen.« Bei so viel Talent zum Lügen hätte ich Schauspieler werden sollen. »Wenn Sie mir nur sagen könnten, ob Terri Tait hier je zur Schule gegangen ist, wäre ich Ihnen wirklich sehr verbunden.«
    Am anderen Ende der Telefonleitung herrschte Schweigen. Selbst in diese Stille hinein glaubte Cardinal ein unverkennbares Tastengeklapper zu hören.
    »Wie schreibt sich der Name noch mal?«
    »Terri Tait«, sagte Cardinal und buchstabierte die glücklicherweise eher seltene Schreibweise in den Hörer.
    Er wurde in die Warteschleife geschaltet. Cardinal ging sein Rolodex nach der Nummer der Behörde für Schulen der ethnischen Minderheiten durch. Die würde er als Nächstes anrufen.
    Die Frau war wieder in der Leitung.
    »Ja, eine Terri Tait hat in den frühen Neunzigern die Ojibwa High School besucht. Sie war dort zwei Jahre, neunte und zehnte Klasse.«
    Bingo, dachte Cardinal. Wir scheinen eine Glückssträhne zu haben.
    »Und ihre Eltern?«
    »Oberstleutnant Kenneth Tait. Ehefrau Marilyn. Ach du je. In der Akte hier ist angemerkt, dass sie bei einem Flugzeugabsturz ums Leben kamen – mit einem Privatflugzeug – 1993. Die Kinder zogen an die Westküste zu Verwandten.«
    »Ich wüsste liebend gern, wo sie in Algonquin Bay gewohnt haben«, sagte Cardinal. »Sie sagen, der Vater war bei der Air Force. Können Sie mir wohl

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