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Kalter Schlaf - Roman

Kalter Schlaf - Roman

Titel: Kalter Schlaf - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: A J Cross
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Rose Road ließen die Ereignisse dieser Nacht Kate nicht mehr los.
    Das Gesicht.
    Fehlende Gegenstände. Schuhe. Umhängetasche. Unterwäsche. Schmuck.
    Alles Souvenirs?
    Das war geplant. Ein grausiges Tableau.
    Das Gesicht.
    Hat Bernie recht? Räume ich der Theorie zu großen Stellenwert ein?
    Sie hatten bereits zwei halbwegs verdächtige Männer, die sie hochstufen konnten. War einer von ihnen der Täter, würde das einem möglichen weiteren Opfer das Leben retten.
    Dieses Gesicht.
    Angst und Beklemmung schnürten ihr die Kehle zu. Der jungen Frau, die sie vorhin gesehen hatte, konnte niemand mehr helfen.
    Aber dem nächsten potenziellen Opfer?
    Er ist wieder aktiv.
    Hat er schon das nächste Opfer im Visier?
    Er muss gestoppt werden.
    Fast unmittelbar nach diesem Gedanken drängte sich Kate eine neue Überlegung auf, die das Herz in ihrer Brust hämmern ließ.
    Hatte das Interview, das Joe und sie zwei Pressevertretern gegeben hatten, das Schicksal dieser jungen Frau provoziert?
    War dies etwa seine Art der »Kommunikation«?

50
    In der nächtlichen Stille des schlafenden Vororts fuhr Kate ungehindert durchs Haupttor des Polizeigebäudes an der Rose Road. Sie sah auf die Borduhr – 4:35 Uhr. Offenbar mussten selbst Medienvertreter irgendwann schlafen. Aber sie würden wieder zusammenströmen, sobald der Leichenfund gemeldet wurde, um Tag und Nacht präsent zu sein. Dieser Gedanke steigerte ihre Besorgnis noch mehr.
    Als Kate ausstieg, tauchte Bernies Geländewagen zwischen den nachgemachten viktorianischen Säulen auf. Sie überquerte den Hof der Zentrale, deren Lichter ihr den Weg wiesen und die wie der Leviathan zwischen den dunklen Terrassenhäusern der näheren Umgebung lag. Kate ging an dem nicht besetzten Empfang vorbei, betrat das Büro der KUF und war sich der leise summenden Aktivitäten in anderen Teilen des weitläufigen Gebäudes bewusst.
    Bernie wirkte beunruhigt, als er in geliehenen Gummistiefeln, seine eigenen Schuhe in der Hand, hereinkam. Er ging sofort zu dem Spender neben dem Waschbecken, rieb die Schuhe mit Papierhandtüchern ab und wandte sich dann an Kate.
    »Sind wir uns darüber einig, dass er’s war? Obwohl er ihr diesmal nicht die Haare abgeschnitten hat? Aber das hat er bei Molly James auch nicht getan.«
    »Genau«, bestätigte Kate. Sie stützte die Ellbogen auf. »Aber er benutzt weiter Klebeband. Und wir wissen jetzt, was es mit den Gesichtsmasken auf sich hat. Wir wissen auch, wie er sie schmückt.«
    Kate zog Jacksons Polaroid-Fotos, die in Klarsichthüllen steckten, vorsichtig aus der Tasche und legte sie vor sich auf dem Tisch aus, um sie studieren zu können.
    Auf einem Foto war die Gesichtsmaske besonders deutlich zu erkennen. Ein Oval aus weißem Stoff mit zwei seitlichen Löchern, durch die etwas geführt war, das ein dünner Bindfaden zu sein schien. Kate betrachtete die auf den Stoff gemalten Gesichtszüge. Woran musste sie dabei denken? Die Antwort fiel ihr sofort ein.
    »Wie eine Gestalt in einer Pantomime … abwertend«, murmelte sie, während Bernie zustimmend nickte.
    Joe betrachtete die Aufnahmen über ihre Schulter hinweg, ohne etwas zu sagen. Er weiß vermutlich nicht mal, was eine Pantomime ist , dachte Kate.
    Sie starrte die Gesichtszüge auf dem Oval an. Die schwarzen Wimpern, die wie dicke Striche von den Augenovalen ausstrahlten; die leuchtend blauen Iriden, eine davon nicht ganz mittig; die Andeutung einer Nase, die aus einem umgekehrten U und zwei Punkten bestand, die an eine hochgereckte Schnauze erinnerten; der Mund ein gieriger Schlitz aus fettigem Rot, die Wangen als hektische hellrote Flecken markiert; das Haar mehrere Stränge leuchtend gelber Wolle. Die ganze Maske war eine Travestie, eine spöttische Parodie, die Karikatur eines Frauengesichts.
    Solche ovalen Masken hatten sie schon früher gesehen – jedoch ohne Bemalung. Kate sah von einem Foto zum anderen und überlegte, ob der Täter vielleicht erst nach Mollys und Janines Tod auf diese Art Bemalung gekommen war. Sie fröstelte, obwohl die Nacht warm war, und umfasste den Becher Tee, den Joe ihr wortlos hinstellte, mit beiden Händen.
    »Was wissen wir sicher?«, fragte sie. In dem stillen Raum klang ihre Stimme laut.
    »Nach Auskunft von Gus Stirling von oben hat sie die Disco Running Wild in Wolverhampton letzten Donnerstag kurz vor Mitternacht verlassen. Ihre Freundinnen haben noch gesehen, wie sie in ein Taxi gestiegen ist«, antwortete Joe.
    Vor fünf Tagen. Also bevor wir das Interview

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