Kalter Schlaf - Roman
entsprechenden Informationen zukommen zu lassen. Außerdem hat er in der Aussage eines Vergewaltigungsopfers ein wichtiges äußerliches Kennzeichen weggelassen.« Kate starrte ins Leere. »Weshalb? Was wäre, wenn … wenn er damals den Täter gekannt und in Schutz genommen hätte? Davon hast du selbst gesprochen, Bernie. Ein Duo. Klarheit bekommen wir nur, wenn wir Furman bei seiner Rückkehr mit diesen Fragen konfrontieren.«
Sie ging an den Tisch zurück, und Bernie folgte ihr. Kate machte sich einige Notizen, dann sah sie zu Bernie hinüber, der schweigend dasaß. Sie wusste, dass er darüber nachdachte, was sie gesagt hatte.
»Wo ist Joe? Ich dachte, die Bewerbungsgespräche liefen nur bis nachmittags?«
»Er ist noch mal zu den Walkers gefahren, um ihnen zu sagen, dass wir Janines Tagebuch bald freigeben werden.«
Kate runzelte die Stirn. »Das hätte er ihnen am Telefon mitteilen können.« Sie zeigte auf den Tisch, auf dem ein weiteres Foto von Jody lag, das die Familie soeben zur Verfügung gestellt hatte. »Könntest du das bitte aufhängen?«
Bernie trat an die Glaswand und drückte das Foto an die glatte Fläche, an der es von selbst haftete. Jodys glattes blondes Haar war hinter dem Kopf mit einem rosa Band zusammengefasst.
Kate sah zu Bernie hinüber. Ihr war bewusst, dass sie auf Joe oder ihn angewiesen war, um sich polizeiliche Ermittlungsstrukturen erklären zu lassen.
»Die Rose Road ermittelt wegen aller Vergewaltigungen, nicht wahr?«
»Dies ist die Regionalzentrale«, bestätigte er mit kurzem Nicken.
»Bevor Suzie Luckman nach London gezogen ist, hätte sie normalerweise hierherkommen und eine Aussage über ihre Vergewaltigung machen sollen, nicht wahr?«
Bernie zuckte mit den Schultern. »Kommt ganz darauf an, Doc. Wäre sie eine kooperative Zeugin gewesen, die uns helfen wollte, den Täter zu fassen und vor Gericht zu stellen, dann ja. Aber sie hat nicht sofort Anzeige erstattet. Dann ist sie nach London umgezogen. Das klingt nicht nach einem besonderen Interesse daran, den Täter zu fassen. Wir tun, was wir können. Aber es bleibt den Opfern überlassen, bei den Ermittlern Druck zu machen.«
Kate schrieb in ihr Notizbuch, und Bernie beobachtete sie dabei.
Suzie war mindestens ein Mal in der Rose Road gewesen. Das hat ihre Mutter bestätigt. Um sich über einen Job zu informieren.
Eine junge Frau mit Gemeinsinn. Kooperativ.
Unerklärlich, weshalb sie nicht vorbeigekommen ist, um ihre Aussage zu machen.
»Was bezweckst du damit?«, fragte Bernie ruhig.
»Wenn ich etwas nicht verstehe oder mir etwas widersinnig vorkommt, schreibe ich es als Frage oder Kommentar in dieses Buch.«
»Komische Methode«, murmelte Bernie. »Hätte ich das auch getan, müsste ich mein Notizbuch auf einem Wägelchen hinter mir herziehen. Das ist der Unterschied zwischen dir und mir, Doc. Du ordnest und analysierst. Ich setze mehr auf mein Bauchgefühl. Deshalb tippe ich auf Cranham oder Fairley. Oder Ma… ja, richtig. Nicht Malins.«
Erneutes Schweigen, dann: »Du weißt, was ich in Wirklichkeit über Furman denke, nicht wahr, Bernie?«
»Doc, dass er nicht erwähnt hat, dass er die Aussage zu Protokoll genommen und die Sache mit dem Pferdeschwanz ausgelassen hat, kann alle möglichen Gründe haben.«
»Ein ziemlich schweres Versäumnis für einen Polizeibeamten.«
»Vielleicht hat Amélies Erinnerung sie getäuscht. Vielleicht glaubt sie, das gesagt zu haben. Ihr Fall liegt lange zurück, Doc. Das Gedächtnis kann einem Streiche spielen.« Er schüttelte den Kopf. »Was du sagst, ist verrückt.«
Kate sah zu ihm auf. »Wieso stehst du plötzlich auf seiner Seite?«
Noch vor wenigen Tagen hätte sie eine beißend ironische Antwort erwartet. Jetzt sah Bernie sie nur mit hochgezogenen Augenbrauen an. »Ich stehe nicht auf der Seite dieses Idioten. Mir geht’s nur um … was du sagst, ist praktisch …«
Er beobachtete, wie Kate dasaß: die Ellbogen aufgestützt, die gefalteten Hände unter dem Kinn, ihre Lippen ein schmaler Strich.
»Komm schon, Doc, wir haben schon genügend Probleme, auch ohne dass du noch durchdrehst.«
Als Joe zurückkam, waren die beiden dabei, den Inhalt der Archivboxen mit den Unterlagen über die vier Vergewaltigungen durchzugehen. Er blieb, die Hände in den Hosentaschen, am Tisch stehen.
»Bei den Walkers ist mir etwas eingefallen, das wir hätten tun sollen.«
Kate sah zu ihm auf. »Was denn?«
»Wir hätten Malins’ Arbeiter befragen sollen. Also bin ich bei
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