Kalter Schlaf - Roman
ist.«
»Er hat also ein Alibi?«, fragte Kate.
Bernie hob abwehrend eine Hand. »Nicht so schnell, Doc. Diese Angaben müssen überprüft werden. Und es gibt noch etwas, um das wir uns kümmern sollten: Zeitungsberichten zufolge hat das Autohaus Cranham wenige Wochen nach ihrem Verschwinden eine Belohnung von zwanzigtausend Pfund ausgesetzt – für ›sachdienliche Hinweise, die zur Auffindung von Molly James führen‹. Ich finde, d as suggeriert eine Verbindung zu dem reichen Scheißkerl.«
Kate runzelte die Stirn, hob abwehrend die Hände. »Cranham senior ist ein reicher ortsansässiger Geschäftsmann, nicht wahr? Vielleicht wollte er Bürgersinn beweisen, indem er die Fahndung unterstützt?«
Bernie schüttelte den Kopf. »Mir geht’s darum, was hinter der ausgesetzten Belohnung stecken könnte.«
Kate zog die Augenbrauen hoch. »Wie wäre es mit Altruismus?«
Der Sergeant schüttelte den Kopf und hob warnend einen Zeigefinger. »Nein, nein, Doc. Du musst aufhören, konventionell zu denken.«
»Ich tue mein Bestes«, sagte Kate trocken.
»Okay, was haltet ihr von folgender Theorie? Vielleicht hat Cranham senior geahnt, dass sein Sohn Nummer eins dieses junge Mädchen – ja, ja, Molly – gekannt hat. Sie hat nicht weit von dem Autohaus entfernt gewohnt, das ist eine Tatsache. Er könnte sie manchmal auf der Straße gesehen haben. Vielleicht sollte die von seinem Dad ausgesetzte Belohnung davon ablenken, dass der reiche Scheißkerl etwas mit ihrem Verschwinden zu tun hatte?«
»Klar doch. Indem sie der Familie landesweite Aufmerksamkeit sichert? Ich merke, worauf du hinauswillst«, sagte Kate und verdrehte dabei die Augen.
Bernie fuhr unbeeindruckt fort: »Umgekehrte Psychologie, Doc. Damit müsstest du dich auskennen. Ich will damit nur sagen, dass wir uns alle Verdächtigen noch mal ansehen sollten.«
»Was ist mit George Colley, dem zweiten Verdächtigen?«, fragte Kate und zeigte auf die Glastafel. »Wer ist er?«
»Ihn und den nächsten Mann auf der Liste kenne ich«, antwortete Bernie. »Erst mal zu Colley. Er ist ein kleiner Sexualstraftäter, der in der Nähe des Einkaufszentrums gewohnt hat. Angeblich in einem Übergangsheim für Freigänger. Fällt seit Jahren in der dortigen Gegend auf. Ein Blitzer.«
»Exhibitionist«, verbesserte Kate ihn.
»Was auch immer. Jedenfalls hat er noch weitere Straftaten auf dem Kerbholz. Falls er noch dort lebt, müssen wir ihn unbedingt vorladen.« Bernie machte eine Pause. »Was Alan Malins, unseren dritten Verdächtigen, betrifft, hat er bei Mollys Mutter gearbeitet, als das Mädchen verschwunden ist – und er ist einer der Jungs.«
Kate machte ein nachdenkliches Gesicht. »Was hat er dort getan?«, fragte sie, weil sie diesen bei der Polizei üblichen Euphemismus für Straftäter kannte.
»Er hat ein kleines Baugeschäft. Außerdem Verurteilungen wegen häuslicher Gewalt, schwerer Körperverletzung und Betrug. Als Molly verschwunden ist, war er dabei, den Vorgarten des Hauses neu anzulegen, was sehr vielversprechend für uns ist.« Bernie rieb sich die Hände.
Julian sah stirnrunzelnd zu ihm auf. »Wieso gehört auch der Fotograf George Brannigan zu den Verdächtigen? Er hat an diesem Tag im Auftrag eines Kunden in dem Einkaufszentrum fotografiert und hatte einen legitimen Grund, sich dort aufzuhalten.«
Joe wandte sich ihm zu. »Bestimmt ist er deshalb auf die Liste gekommen, Julian. Vielleicht nicht unbedingt als Tatverdächtiger, aber als möglicher Zeuge.«
Bernie zeigte mit einem Finger auf die Glastafel. »Damit sind wir bei Nummer fünf – Jason Fairley. Er war ihr Boyfriend. Allerdings damals längst kein Boy mehr.«
Julian betrachtete das Farbfoto von Molly, dann sah er zu Kate hinüber. »Was ist ihr zugestoßen, glauben Sie?«, fragte er halblaut.
»Bevor wir das Obduktionsergebnis kennen, wären das nur Vermutungen, Julian.«
»Hören Sie gut zu, Devenish?« Bernie wandte sich an Kate. »Sex, Doc. Es geht immer um Sex.«
Kate nickte. »Das stimmt oft.« Sie stand auf, trat langsam ans Fenster, während sie sich durch den Kopf gehen ließ, was sie am Auffindungsort gesehen hatten, und drehte sich dann um. »Ich denke, dass wir diese neuen Ermittlungen rasch fokussieren müssen.« Sie vermied es, zu Bernie hinüberzusehen. »Aber wir müssen uns davor hüten zu spekulieren. Die sterblichen Überreste dürften unsere wichtigste Informationsquelle sein.« Sie ging erneut auf und ab. »Sobald wir Connies Ergebnisse haben, können
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