Kalter Schmerz
Übelkeitsattacke. Fast hatte ich gehofft, das wäre es gewesen. Alles war irgendwie zu anstrengend, selbst das Atmen, bei diesen Schmerzen.
Ich öffnete die Augen. Ich lag in einem Krankenhausbett, auf beiden Seiten konnte ich die Stangen spüren, aber mit der Zimmerdecke über mir stimmte irgendwas nicht. Sie war dunkel und zu weit weg.
Als ich die Hände bewegte und versuchte, mich aufzusetzen, merkte ich, dass ich an einen Tropf angeschlossen war.
»Es ist wichtig, ausreichend Flüssigkeit zu bekommen«, sagte jemand.
Ich zuckte zusammen.
»Wenn man eine Gehirnerschütterung hat.«
Es war Felix Hudson, der in einem andersfarbigen Golfpullover neben mir saß.
»Wo sind wir?«, fragte ich, zu müde, um Angst zu haben.
»An einem sicheren Ort.« Felix lächelte mich an, und die Narbe auf seiner Wange zog sich zusammen. »Tristan hat Medizin studiert. Du wirst also gut versorgt. Er ist draußen, falls dir schummrig werden sollte. Der Staub hier drin verschlimmert sein Asthma.«
»Tris…«
»Vielleicht erkennst du ihn. Aber nicht so einfach, denke ich.«
»Ihr Botenjunge?«
»Er verteilt meine Nachrichten, aber er ist viel mehr als das.Qualifizierter als du, wage ich zu behaupten. Haben sie dir übrigens gefallen?«
Meine Jacke war weg.
Ich hob den Kopf, um mir den Raum genauer anzusehen, doch sofort wurde mir schlecht, und ich legte mich wieder hin. Hinter der Stirn nagten fortwährend Schmerzen.
»Warum haben Sie mich verfolgt?«, fragte ich.
»Dieselbe Frage könnte ich dir stellen.«
»Haben Sie Emma Dyer umgebracht?«
»Emma Dyer …« Er sprach den Namen leise aus, als sei er eine ferne Erinnerung. »Sie hatte so hübsche Wangenknochen, so eine schöne Struktur.«
»Matt hat gesagt, Sie hätten sie umgebracht.«
»Ich weiß.« Er lächelte. »Wenn du so gut bist, wie die Leute behaupten, wirst du inzwischen herausgefunden haben, dass er gelogen hat.«
Ich war zu schwach für ein Gespräch, deshalb starrte ich ihn nur an.
»Soll ich dir die Geschichte erzählen?«
Sein Akzent war unmöglich einzuordnen. Er drückte sich gewählt aus, konnte als jemand aus dem Süden durchgehen, doch er sprach mit der reflektierten Gewandtheit eines Menschen, der Englisch als zweite Sprache gelernt hatte.
Vorsichtig zupfte ich am Infusionsschlauch, wohl wissend, dass ich keinerlei Chance hätte, wenn ich versuchen würde zu fliehen.
Nach kurzem Zögern sah ich ihm in die Augen und nickte. »Gut, ich höre … Aber ich möchte, dass Sie mir zuerst ein paar Fragen beantworten.«
Ein Nerv unter seiner Narbe zuckte. »Natürlich.«
»Haben Sie die Fotos an Edie Franco geschickt?«
Zucken. »Ja.«
»Und Geoff Brinks erzählt, ich hätte ihn verpfiffen?«
»Ja.«
Ich spürte Wut, auf ihn, aber mehr noch auf mich, weil ich mir erlaubt hatte, Angst zu empfinden. Roman Katz machte mir Angst, weil sich seine Lippen beim Sprechen wie totes Laub bewegten, aber dieser Typ jagte mir durch und durch Angst ein.
»Warum?«, fragte ich.
»Warum machen wir überhaupt irgendwas im Leben?«, erwiderte er und streckte die Hände aus. »Aus Spaß.«
»Hm, Spaß?«
»Ja, ausSpaß. Dein Job macht Spaß, genau wie meiner. Wenn ich mich jetzt vorbeugen und dir ein Messer in den Hals stecken würde, könntest du nicht rechtzeitig reagieren, um mich aufzuhalten. Du willst doch nicht ernsthaft behaupten, dass das keinen Spaß macht?«
Mein Blick zuckte hinunter zu seinen Händen, sie lagen gefaltet auf seinen Knien. Es ärgerte mich, dass er mein Unbehagen erkannt hatte.
»Wenn du zugehört hast, lässt du mich in Ruhe«, sagte er.
»Was ist, wenn Sie lügen und ich Sie nicht in Ruhe lassen kann?«
Er schaute auf seine Hände, auf die perfekt manikürten Nägel. Vieles an seiner Art erinnerte mich an Mark, abzüglich Marks Menschlichkeit.
»Weißt du, was Beize ist?«
Ich schluckte. »Das ist … ähm … ein Bleichmittel, oder?«
»Wenn ich oder, um genauer zu sein, Tristan dir Beize direkt in den Hals gießen würde, fräße sie sich durch die Magenwände. Die Magensäure würde die restliche Arbeit an deinen inneren Organen übernehmen. Ich habe noch nie gesehen, dass Beize gespritzt wurde, aber ich kann mir vorstellen, dass das Ergebnis faszinierend wäre. Ich frage mich, ob sie unmittelbar die Gefäßwände zerfrisst?«
Mir war schlecht, ich schaute wieder auf seine Hände und dachte an Mackies aufgeschlitzte Kehle.
»Klingt … spannend«, sagte ich mit geschürzten Lippen.
Er lächelte. »Man hat Menschen
Weitere Kostenlose Bücher