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Kalter Schmerz

Kalter Schmerz

Titel: Kalter Schmerz Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hanna Jameson
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Mühe gemacht, mir in die Augen zu sehen.
    Erst als ich zu Hause war, schaute ich auf den Umschlag. Eine Weile saß ich einfach nur da, ohne meine Jacke und die Schuhe auszuziehen. Dann stand ich auf, holte den Koffer und legte ihn geöffnet aufs Bett. Als Mark kam, faltete ich Hemden.
    Er blieb in der Tür stehen und wollte eine Bemerkung über den Koffer machen, da fiel sein Blick auf mich.
    »Wie siehst du denn aus?«, rief er.
    Ich war zu müde, um es zu erklären. »Bin gegen eine Tür gelaufen.«
    »Ist das genäht?« Er kam näher, musterte mein Gesicht.
    Ich hielt ihm den ungeöffneten Umschlag hin.
    »Was ist das?«
    »Keine Ahnung, Beweise. Guck du zuerst, ich kann nicht …« Ich schüttelte den Kopf, der immer noch weh tat. »Ich will es fast nicht mehr wissen.«
    Mark nahm den Umschlag, und ich ging seiner Besorgnis aus dem Weg, indem ich weiterpackte.
    Er verstand, setzte sich hin und machte den Umschlag auf.
    Nachdem ich eine Weile so getan hatte, als sei ich mit einem Sakko beschäftigt, hörte ich, wie er geräuschvoll die Luft einsog.
    »Was hast du erwartet zu sehen?«, fragte er.
    »Es ist schlimm, oder?«
    »Bei mir solide zwölf von zehn Punkten.«
    »Fuck!« Ich zog meine Jacke aus, setzte mich hin und streckte meine Hand nach dem Inhalt des Umschlags aus. »Na los, gib her!«
    Als er nicht antwortete, sah ich ihn an; er starrte auf mein Hemd. Ich hatte vergessen, dass es voller Blutflecken war, ebenso wie meine Unterarme. Von der Infusion hatte ich einen blauen Fleck.
    »Mark, das ist in Ordnung, das ist gar nicht von mir«, sagte ich.
    Er reichte mir die Fotos. »Wie wär’s mit ein bisschen Nekrophilie am Nachmittag?«
    Das erste Foto musste von einem Metallgerüst aus aufgenommen worden sein. Es sah aus, als befänden sie sich im Hafen. Matt und Kyle schleppten einen Körper zum Kofferraum eines Autos, einen Körper, der ein schwarz-weiß gestreiftes Topund Stiefel trug. Von Matt konnte ich nur den Rücken sehen, aber Kyle weinte.
    Auf dem zweiten Bild lag Emma auf dem Boden, zwischen den beiden, die Kamera erfasste frontal das Einschussloch in ihrer Stirn. Matt hatte eine Waffe in der Hand und machte irgendeine Geste. Auf dem nächsten Bild öffnete er seine Jeans. Ich konnte und wollte sein Gesicht nicht sehen.
    Während er sie fickte, hielt er ihr Kinn fest und sah ihr in die Augen, als würde sie noch leben.
    Kurz wandte ich den Blick ab, räusperte mich und blätterte weiter.
    In schneller Folge die nächsten Fotos: Kyle auf den Knien, die Waffe im Genick, schluchzend, zwischen ihren Beinen. Emma sah immer noch in die Kamera, teilnahmslos, tot, mit den Augen ihres Vaters. Matt schaute auf die Uhr, achtete nicht auf die Waffe, die er auf Kyle richtete.
    Die letzte Aufnahme zeigte Matt, wie er zutrat, seine Schuhspitze flog in Richtung ihres Bauchs, ihre Jeans lag achtlos neben dem Auto. Es war das einzige Bild, auf dem ich ihn richtig sehen konnte, aber sein Gesicht war leer. Es sah aus, als sei er nicht mal ins Schwitzen gekommen.
    Kyle saß neben dem Auto auf dem Boden, die Knie an die Brust gezogen, weinte immer noch. Ihn zum Komplizen zu machen, sicherte sein Schweigen.
    »Er hat mich gefragt, wem ich glaube«, sagte ich und schnaubte verächtlich. »Gott … Also hat Felix Hudson tatsächlich die Wahrheit gesagt.«
    Ich betrachtete das Foto von Matt, mit der Hose um die Knöchel, die Hand an ihrem Kinn, und sofort begann ich mir auszumalen, wie ich ihn langsam umbringen würde. Als ich die Bilder umdrehte und Mark zurückgab, spürte ich, wie sich mein Gesicht vor Ekel verzog.
    Um nichts in der Welt würde ich mir diese Fotos noch einmal ansehen.
    Mark schob sie in den Umschlag und lächelte. »Ah, du willst ihn tot machen?«
    »Der ist schon mausetot.«
    »Wir können also zurück nach Hause?«
    »Sobald du gepackt hast.«
    Er lehnte sich zurück, stützte sich auf die Ellenbogen. »Willst du mir sagen, von wem das Blut ist?«
    »›Ich habe Paul Allen getötet‹«, ich grinste und warf drei Jeans in den Koffer, »›mit einer Axt.‹«
    »Touché. Deine Sache.«

32
    Ich war überrascht, dass Edie einverstanden war, sich mit mir zu treffen. Entweder war sie nicht besonders nachtragend, oder sie war einfach neugierig, was ich zu berichten hatte. Wir trafen uns in einer Kneipe unweit unserer eigentlichen Wohnung. Es war schön, wieder zurückziehen zu können, selbst wenn ich mich gelegentlich dabei überraschte, dass ich Ausschau nach Tristan hielt.
    Ich rechnete damit, länger

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