Kalter Schmerz
zurückgezogen.«
»Na, schön für dich«, höhnte ich.
»Ja … und?«, sagte er. »Du wolltest rausfinden, wer meine Tochter umgebracht hat, und dabei bist du auf die Idee gekommen, du hättest die verdammte Aufgabe, meine Frau zu retten?«
Ich erwiderte nichts, begann aber wieder zu zittern.
Pat sah mich kopfschüttelnd an. »Glaubst du nicht, dass ich nach siebzehn Jahren rausbekommen haben könnte, wie ich das selbst hinkriege?«
»Nein«, sagte ich, und jetzt war mir egal, dass er mein Auftraggeber war und meine belanglose Abscheu meine Professionalität beeinträchtigte. »Weißt du, was ich glaube? Ich glaube, dass du das scheiß Problem bist.«
Ich hatte mit allem gerechnet, aber nicht damit, dass er lachte. Er musste sich abwenden, erstickte seinen Lachanfall mit seinem Handrücken. Das erwischte mich auf dem falschen Fuß, und ich hatte wieder mal das Gefühl, als wäre etwas sehr Wichtiges weit an mir vorbeigesegelt.
»Gott … Ich bin ihr Problem? Daran liegt es? Glaub mir, das würde ich mir verdammt noch mal sogar wünschen! Ich wünschte mir auch, dass sie nur ein beschissenes Problem hätte! Ich bin ihr Problem … Herrje, wie viel schöner das Leben wäre …«
»Wenn du sie so sehr liebst, wie kannst du dann so über sie reden? Wie kannst du nur so was tun?«
»Allerdings!« Pat stürzte nach vorn, packte meinen Arm. » Das stimmt allerdings: Ich liebe sie, verdammt noch mal. Du hast keine Ahnung, wie sehr ich sie liebe und mit wie viel Bullshit ich klarkommen musste, aber ich liebe sie und ich kenne sie.«
Ich machte mich auf den Schlag gefasst, aber er kam nicht. Pat zischte mich nur an.
»Ich glaube dir, wenn du sagst, dass gestern Abend nichts passiert ist, denn sie ist zu gut für dich, und das weiß sie auch … Sie ist verkorkst, aber sie hat Niveau.«
Ich ließ mir nicht anmerken, dass mich die Wahrheit seiner Worte traf.
»Aber …«, sagte Pat, »wenn ich rauskriege, dass doch was passiert ist, dass du zu weit gegangen bist, dann mache ich dich fertig. Dann mache ich dich noch schlimmer fertig, als sie das machen wird.«
Er ließ mich los und zog sein Sakko gerade. Ich wusste nicht, ob ich ihn voll und ganz hasste. Sicher hasste ich ihn, aber auch, weil er sie hatte. Das störte mich am allermeisten.
Eine Weile lehnte sich Pat gegen die Motorhaube seines Wagens und schniefte. »Es geht ihr nicht gut, oder?«
»Sie war einfach voll.«
»Nein, aber sie redet mit dir, ich weiß, dass sie mit dir geredet hat.«
»Sie ist …« Ich zuckte die Achseln, wünschte mir, genug zu wissen, um mehr sagen zu können. »Ich glaube, im Moment ist nicht gerade der beste Zeitpunkt, um zu beurteilen, was normal ist und was nicht. Ich denke … sie kommt klar, aber sie braucht Hilfe. Vielleicht sollte sie mit jemandem reden, jemandem, der …«
»Das würde sie niemals tun. Das habe ich schon mal versucht, als …« Er brach ab. »Das macht sie nicht.«
Ich zog den Reißverschluss meiner Jacke hoch bis zum Kinn. »Ist sie keine Ballerina geworden, weil sie zu groß war?«
»Abnormal groß … Hat sie dir das erzählt?« Er nickte. »Ja. Als sie Anfang zwanzig war, bevor wir Emma bekamen. Da sagten sie das zu ihr.«
Ich zuckte mit den Schultern.
»Ich kann noch nicht zurück nach Hause«, erklärte Pat. »Ich versuche, sie anzurufen. Bist du …? Gibt’s was Neues?«
»Ich habe eine paar gute Anhaltspunkte. Dauert nur einfach ein bisschen.« Ich war froh, endlich etwas gefragt zu werden, auf das ich eine Antwort parat hatte.
»Gut.« Er richtete sich auf und öffnete die Fahrertür. »Hör zu … Ich habe das ernst gemeint. Du würdest es nicht überleben, das meine ich verdammt ernst.«
Ich nickte.
Als er ins Auto stieg, fiel mir auf, was für eine seltsame Formulierung das gewesen war.
Dann mache ich dich noch schlimmer fertig, als sie das machen wird.
Pats Mercedes fuhr davon, bog links ab, verließ das Parkhaus. Ich sah ihm nach und stieg selbst in den Wagen, dachte an die Webcam-Videos und wie viele ich davon würde sehen können, bevor ich auf Mackies Mailboxnachricht reagieren musste.
Ich schloss die Tür auf, eine Tonne Einkaufstüten in den Händen, und lauschte auf ein Lebenszeichen, aber Mark schien nicht daheim zu sein.
Mackie hatte mir auf die Mailbox gesprochen, er hätte ein Treffen mit Felix Hudson am Abend im Underground in die Wege geleitet. Ich wusste, dass ich damit Ronnie provozieren würde und eine gute Möglichkeit hätte, mich an Edie zu rächen, aber
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