Kalter Süden
stark waren. Sie sah auf ihren Block.
»Wir wissen, dass das Lager auf zwei Jahre von Apits Depósito angemietet wurde. Das haben wir nach einer Hausdurchsuchung beim Eigentümer herausgefunden, einer Firma in San Pedro.«
»Aber das hier hat doch gar nichts mit Apfelsinen und Melonen zu tun.«
»Zu einem gewissen Teil doch. Das Unternehmen transportiert auch Obst, aber nur, um die tatsächlichen Geschäfte zu verschleiern.«
»Und zwar Kokain aus Südamerika.«
»Und zwar Kokain aus Kolumbien«, sagte Niklas Linde.
Annika ging an den Wänden entlang und blickte zur nackten Hallendecke hoch. Sie merkte, wie er sie mit den Augen verfolgte.
»Steht der Eigentümer dieser Halle unter Verdacht?«
»Nein, der ist völlig raus aus den Ermittlungen.«
Er stellte sich mitten in den Raum.
»Hier stand der Container«, sagte er. »Einfuhr am 29 . Dezember letzten Jahres beim Zoll in Algeciras registriert. Dein Freund Jocke hätte den Inhalt nach Nordeuropa fahren sollen, mit einem kleineren Lastwagen, der per Jahresvertrag von Apits Transporte geleast wird. Mehr wissen wir nicht.«
Sie ging auf ihn zu. Er bewegte sich nicht von der Stelle.
»Wie seid ihr ihnen auf die Schliche gekommen?«
Er hatte sich rasiert. Er roch gut.
»Per Lauschangriff«, erklärte er. »Die Jungs haben sich drüber unterhalten. Jocke scheint die Spinne im Netz gewesen zu sein. Wir haben seinen Status inzwischen höher gestuft. Wahrscheinlich war er die Verbindung zwischen dem Verteiler und den anderen Festgenommenen.«
»Mir hat er erzählt, dass er am Handy nie über etwas Wichtiges gesprochen hat.«
»Stimmt«, sagte Niklas Linde und grinste. »Aber das gilt nur für die spanischen Gespräche. Einer von den Typen wohnte in Rinkeby, und Jocke hat wohl gedacht, dass wir ihn nicht verstehen, wenn sie sich auf Schwedisch unterhalten.«
»Kann man das Licht irgendwie dämpfen?«, fragte Lotta, die gerade bei der Kappsäge stand.
»Dämpfen?«, fragte Niklas Linde zurück und drehte sich zu ihr um. Sie lag auf dem Boden, drückte die Kamera an die Nase und fotografierte eine kaputte Blechschere.
»Mit einem Dimmer oder so?«
»Äh, nein.«
Er drehte sich zu Annika um und fuhr mit dem Finger rasch an ihrem Ausschnitt entlang.
Annika riss die Augen auf und bedeutete ihm mit einer Grimasse, sofort aufzuhören. Es durften nicht noch mehr Gerüchte entstehen, dass sie mit ihren Informanten Sex hatte, nicht nach dem Foto mit Halenius.
»Der Verteiler ist also Apits mit seinen Tochterfirmen«, sagte sie und vergewisserte sich über Niklas Lindes Schulter hinweg, dass Lotta nichts mitbekommen hatte. Die Fotografin war völlig in die Blechschere versunken.
»Korrekt.«
»Und die anderen Festgenommenen sind … was? Kleingangster?«
»Wieder richtig.«
»Und der Lieferant ist …?«
»Das sind die Kolumbianer.«
Annika sah wieder zur Fotografin hinüber. Sie erinnerte sich an Carita Halling Gonzales’ Worte über ihren ermordeten Schwiegervater: Die Kolumbianer radieren ganze Familien aus. Es soll niemand übrig bleiben, der das Erbe antreten kann.
»Gibt es derzeit eine kolumbianische Mafia hier an der Costa del Sol?«
»Sie haben natürlich ihre Leute hier, die aufpassen, dass mit den Lieferungen alles klappt.«
»Kann ich die Säge woanders hinstellen?«, fragte Lotta aus der Ecke.
»Lieber nicht«, bat Niklas Linde.
Sie hätte ihn am liebsten berührt. Eine Hand auf seinen Bauch gelegt und sie über seine Jeans abwärts geschoben.
»Wie groß war die beschlagnahmte Ladung?«, wollte sie wissen und starrte auf ihre Notizen. »Ich meine – waren alle ganz aus dem Häuschen und haben die Korken knallen lassen?«
»Siebenhundert Kilo sind ganz ordentlich, aber die spanische Polizei beschlagnahmt im Schnitt eine Tonne pro Tag. Dieser Fund geht also nicht unbedingt in die Geschichtsbücher ein.«
Lotta stand auf und klopfte sich die Sägespäne von ihrem Sommerkleid.
Annika trat einen Schritt zurück.
»Und Apits ist kein großer Brocken«, sagte Niklas Linde. »Die existieren und operieren schon lange an der Costa del Sol. Wir haben in den Unterlagen Mietverträge über Lastwagen und Lagerhallen gefunden, die aus den Sechzigerjahren stammen. Es handelt sich also um einen kleinen, aber hervorragend organisierten Rauschgiftverteiler. Es ist natürlich gut, wenn so ein etabliertes Syndikat zerschlagen werden kann, besonders aus schwedischer Perspektive.«
»Wieso das?«
»Sie liefern vor allem an Abnehmer in Holland,
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