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Kalter Süden

Kalter Süden

Titel: Kalter Süden Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Liza Marklund
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von der Prinzessin. Er versteckte sich im Schilf, wenn sie badeten, er schlich sich von hinten an sie heran und umklammerte ihre Brüste und Pobacken, er presste sich an sie und rieb sein Geschlechtsteil.
    Das Trollmädchen musste immer auf der Hut sein, damit er die Prinzessin nicht erwischte.
    An einem Abend aber entkam die Prinzessin ihm nicht. Er überfiel sie unten am Sandstrand, wo das Schilfgras besonders dicht stand, zerriss ihren Badeanzug und presste ihr die Hand auf den Mund. Er nahm sie mit einer solchen Raserei, dass Gewalt und Sand ihr Inneres zerrissen und sie in Blut tränkten.
    Das Trollmädchen und der Engel waren zum Kaufmann geschickt worden, um Zucker und Salz zu holen, und als sie zum Strand kamen, zog er gerade seine Hose wieder hoch. Er stand mit dem Gesicht zum Wasser, die Prinzessin lag leblos und blutüberströmt zu seinen Füßen. Das Trollmädchen bewegte sich lautlos und flink wie ein Wiesel, blitzschnell griff sie sich einen Stein, lief auf leisen Sohlen zu ihm und schlug ihm von hinten auf den Kopf. Diesmal hörte sie gar nicht mehr auf, zuzuschlagen. Der Engel stand da, den Mund zu einem lautlosen Schrei geöffnet, während das Trollmädchen schlug und schlug und schlug, bis irgendwann das Blut aufhörte zu fließen und der graue Brei aus dem zerschmetterten Schädel überall auf dem Sand verspritzt war.
    »Geh und hol Spaten und Verbände«, sagte sie zum Engel, während sie die Prinzessin zum Wasser trug, um sie zu waschen.
    Und der Engel lief mit dem Zucker und dem Salz zur Mutter in die Küche und holte sich die Erlaubnis, heute Nacht im Heu zu schlafen. Dann schleppte sie die Spaten und eine kleine Brechstange den ganzen Weg hinunter zum See, und die ganze Nacht gruben sie und das Trollmädchen ein schmales, aber tiefes und ausreichend langes Grab hinter der großen Eiche am Badestrand. Als Erstes räumten sie die Zweige weg. Der Sand war weich und leicht zu schaufeln, aber die Baumwurzeln waren hart wie Eisen, und der Engel musste noch eine Axt holen. Es war beinahe schon hell, als sie fertig waren. Die Prinzessin hatte sich inzwischen ein wenig erholt, und zu dritt zerrten sie Schielauges schlaffen Körper in die Grube. Einer seiner Hemdärmel blieb an einer Baumwurzel hängen, so dass das Trollmädchen ins Grab hinunterklettern und ihn losmachen musste. Dabei begrub der Leichnam sie unter sich, und die beiden anderen mussten ihr wieder heraushelfen.
    Sie schaufelten das Blut und die Hirnmasse hinein, und dann füllten sie die Grube mit Baumwurzeln und Erde und Sand auf, und zum Schluss legten sie die Zweige darüber.
    Dann weinten sie zusammen vor Angst und Erschöpfung, standen dicht zusammen auf dem Sand am See unterhalb des Gudagården und versprachen einander, niemals jemandem davon zu erzählen.
    Die Prinzessin war vierzehn und das Trollmädchen war dreizehn und der Engel, der war erst zehn Jahre alt.
    Für uns drei habe ich dieses Buch drucken lassen, in drei Exemplaren, für jede von uns eines.
    Und all das ist genau so geschehen, wie es hier geschrieben steht, denn der Engel, das bin ich.

Donnerstag, 16 . Juni
    Annika wachte davon auf, dass ihr die Sonne ins Gesicht schien. Es war unangenehm heiß in dem kleinen Zimmer, und sie fühlte sich wie zerschlagen. Mit den Kleidern am Leib war sie schließlich auf dem Bett eingeschlafen, das die Hälfte des Raums einnahm.
    Sie setzte sich auf ihrer Rosshaarmatratze auf und blinzelte ins Sonnenlicht, das durch die französischen Balkontüren fiel. Sie stand auf, um das Sprossenfenster zu öffnen, aber es war abgeschlossen. In dem vergeblichen Versuch, die Hitze auszusperren, zog sie die dünnen gelben Vorhänge vor die Scheiben.
    Sie musste furchtbar dringend pinkeln. Sie ging zur schmalen Zimmertür und drückte die Klinke herunter.
    Abgeschlossen.
    Sie setzte sich wieder aufs Bett, strich sich die verschwitzten Haarsträhnen aus dem Gesicht und sah auf die Uhr. Es war halb sieben. Nach Stunden voller Angst war sie in einen unruhigen, erschöpften Schlaf gefallen. Sie zog die Kapuzenjacke aus, das Oberteil, das sie darunter trug, war schweißnass.
    Sie sah sich um. Gestern Abend hatte sie keinen Lichtschalter gefunden, sondern sich zum Bett vorgetastet und im Dunkeln darauf zusammengekauert. Jetzt sah sie, warum sie keinen Schalter entdeckt hatte: Es gab gar kein elektrisches Licht in diesem Zimmer.
    Die eine Wand des Raums wurde von dem Bett eingenommen, auf dem sie saß, die andere von einem großen Schreibtisch aus

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