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Kalter Süden

Kalter Süden

Titel: Kalter Süden Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Liza Marklund
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Magst du Kuchen?«
    Julia hatte Saft für den Jungen und zwei Stücke Prinzesstorte bestellt.
    Annika unterdrückte eine Grimasse.
    »Für mich einen Hähnchensalat«, sagte sie zu der Serviererin, »und ein Mineralwasser.«
    Julia entschied sich für einen Tee.
    Annika musterte sie aus dem Augenwinkel. Sie sah ganz anders aus als vor ein paar Monaten. Ihr Haar war dichter und glänzender, ihre Bewegungen sicherer, und in ihre Augen war ein wacher Ausdruck zurückgekehrt, ein Interesse an der Realität. Langsam begann sie wieder auszusehen wie die Polizistin, die sie einmal gewesen war.
    »Ich bin fertig, Mama«, sagte der Junge und leckte den Löffel ab.
    »Willst du ein bisschen mit dem Auto spielen? Geh dort drüben hin, zu den Toiletten, aber pass auf, dass du den Männern nicht über die Füße fährst.«
    Sie blickten dem Jungen nach, der sich zögernd entfernte.
    »Er spricht wieder?«, fragte Annika.
    »Nur mit mir und Henrietta, aber das ist auch ›normal‹.«
    Sie lachten.
    »Es geht also alles in die richtige Richtung«, sagte Annika.
    Die Bedienung kam mit Salat, Wasser und Julias Tee. Annika faltete die Serviette auseinander und legte sie auf den Schoß. Julia blickte auf ihre Hände und pulte an ihren Nägeln.
    »Weißt du was?«, sagte sie. »Ich vermisse ihn.«
    Sie nickte und schluckte dann, als hätte sie etwas im Hals.
    Annika ließ das Besteck sinken. Sie wusste nicht, was sie sagen sollte.
    »Ich weiß, er hat mich wie ein Stück Dreck behandelt und alles, aber ich trauere wirklich um ihn.«
    Julia sah Annika an, ein hastiger Blick aus glänzenden Augen, die anschließend rasch zu dem Jungen mit dem Auto schweiften.
    »Du hättest Fotos von ihm sehen müssen, als er klein war. Alexander ist ihm wie aus dem Gesicht geschnitten. Es ist fast gespenstisch. Wir haben vor ein paar Wochen Davids Mutter besucht, und da haben wir die alten Fotoalben hervorgeholt.«
    »Hat Alexander begriffen, dass sein Papa tot ist?«
    Julia nickte und schnäuzte sich in die Serviette.
    »Er hat angefangen, ihn im Himmel zu malen. Die Wolken sehen aus wie Kartoffeln, und die Engel sind Kopffüßler mit Flügeln.«
    Annika konnte sich ein Lächeln nicht verkneifen, und auch Julia lachte auf.
    »In diesen Fotoalben waren also Bilder von David drin, als er ein kleiner Junge war?«, hakte Annika nach.
    »Er war der süßeste kleine Kerl, den man sich vorstellen kann, und Hannelore war eine richtige Schönheit.«
    »Waren auch Fotos von Davids Spielkameraden dabei? Freunde, mit denen er aufgewachsen ist?«
    Julia stützte das Kinn auf die Hand und blickte zu ihrem Sohn. Er ließ sein Auto vorsichtig über den schmutzigen Fußboden vor den Toiletten fahren.
    »Sie hatten ein so wunderschönes Haus auf Djursholm«, sagte sie. »Das gehörte natürlich Torsten. So eine richtige Kaufmannsvilla mit Wintergarten und Rosenbeeten und geharkten Kieswegen …«
    »War auch ein Foto von Filip Andersson dabei?«
    Julia zwinkerte überrascht und ließ die Hand auf den Tisch sinken.
    »Filip Andersson? Wieso sollte von dem ein Foto dabei sein?«
    »Weil David und er doch Sandkastenfreunde waren«, sagte Annika.
    Yvonne Nordin erwähnte sie nicht.
    Julia schüttelte den Kopf.
    »Hat David jemals etwas von einer Veronica erzählt?«, fragte Annika weiter. »Veronica Paulson oder Söderström?«
    Julia lehnte sich zurück und blickte hinunter zur Kasse im Erdgeschoss.
    »Nein, ich glaube nicht«, sagte sie.
    »Hat Davids Mutter vielleicht eine Veronica erwähnt? Oder Filip Andersson?«
    Julia seufzte laut.
    »Hannelore ist nicht gesund«, erklärte sie. »Ich weiß nicht genau, was ihr fehlt. Eine Art Demenz ist es mit Sicherheit, aber da stimmt noch etwas anderes nicht. Sie ist jetzt bald seit fünfundzwanzig Jahren in dem Heim. Nein, Alexander, nicht da. Fahr nur zwischen den Tischen …«
    Annika wartete stumm, während Julia rasch zu den Toiletten hinüberging und ihrem Sohn zeigte, wo er mit seinem Auto spielen durfte. Dann setzte sie sich wieder an den Tisch und wärmte ihre Hände an der Teetasse.
    »Wie geht Davids Mutter mit dir und Alexander um?«, fragte Annika. »Versteht sie, wer ihr seid?«
    Das Porzellan klirrte leise, als Julia mit dem Teelöffel umrührte.
    »Ich weiß nicht, ob sie uns wiedererkennt. Manchmal frage ich mich, ob sie jemals begriffen hat, dass ich Davids Frau bin und Alexander ihr Enkel ist. Ihren Sohn hat sie erkannt, und sie fragt die ganze Zeit nach ihm. Sie scheint nicht verstanden zu haben, dass er tot

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