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Kalter Tee und heiße Kuesse

Kalter Tee und heiße Kuesse

Titel: Kalter Tee und heiße Kuesse Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Emma van Harten
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Reichenbach hat mich vorhin schon darüber unterrichtet, was Sie beide vorhaben. Eine ausgezeichnete Idee, muss ich sagen. Mal was ganz anderes, pfiffig, werbewirksam. Kurz, so machen wir das. Sie sind gemeinsam für diese Kampagne verantwortlich. Legen Sie sofort los, Frau Sanders, Ihre bestehenden Aufgaben werden an Kollegen verteilt. Ich will, dass dieses Projekt äußerste Priorität hat und ein Knaller wird. Am besten stellen wir dir einen Schreibtisch in Frau Sanders’ Büro, Magnus, damit ihr zusammenarbeiten könnt. Ich halte die direkte Kommunikation für sehr wichtig. Das ist ein sehr, sehr guter Kunde von uns. So.“ Sie stand auf, verschränkte die Arme hinter dem Rücken und lief vor den beiden hin und her. „Dann wollen wir mal über Details sprechen.“
    Nach zwei Stunden war Lena fix und fertig. Die Erkältung wurde immer schlimmer, und beinahe jede Minute musste sie entweder husten, niesen oder die Nase putzen. Von Konzentration konnte gar keine Rede sein, außerdem musste sie die ganze Zeit darüber nachdenken, warum die Melchior und Magnus sich duzten. War er ihr verschollener Sohn, oder hatte sie ihn kurzfristig adoptiert, weil sie mit ihren vierundfünfzig Jahren gemerkt hatte, dass es doch ganz schön gewesen wäre, Kinder zu haben? Wie konnte sie das herauskriegen? Ob sie einfach fragen sollte? Nein, das ging nicht. Es hatte sie auch überhaupt nicht zu interessieren. Das Einzige, was sie zu interessieren hatte, war diese furchtbare Kampagne, in der sie nun drinhing, zusammen mit einem Mann, der sie gestern erst geküsst, dann stehen gelassen hatte und es heute Morgen noch nicht mal für nötig befunden hatte, sich bei ihr zu entschuldigen. Das Einzige, was kam, war der Spruch, dass sie ohne Schuhe reizend ausgesehen hätte. Vielen Dank auch.
    „Werden Sie mir jetzt bloß nicht krank, Frau Sanders.“ Johanna Melchior hob drohend den Zeigefinger. „Das können wir jetzt nicht brauchen. Die nächsten Wochen müssen Sie hundertprozentig fit sein.“ Forschend sah sie Lena an.
    „Nein, alles gut, das … das ist nur eine Allergie.“ Lena musste sich schon wieder die wunde Nase putzen. Bei Frau Melchior durfte nie jemand krank sein. Auch wenn man beide Beine unter einem Lastwagen verloren oder sich aus Versehen mit einem Messer beide Augen ausgestochen hatte. Für die Melchior zählte nur Leistung und das am besten vierundzwanzig Stunden am Tag. Als Lena kurz zur Toilette ging, lehnte sie sich an das Waschbecken. Ihr war schwindelig, sie wollte nur noch nach Hause und in ihr warmes, kuscheliges Bett. Schlafen, schlafen, schlafen und etwas später eventuell eine DVD schauen. Bloß ging das nicht.
    „Schön, schön“, meinte Johanna Melchior gegen siebzehn Uhr. „Dann wäre soweit alles klar. Ich fasse noch mal kurz zusammen: Sie suchen drei Hundebesitzer mit zu dicken Hunden, überzeugen Sie von Dickie-Dick, und dann werden Sie diese Hundebesitzer täglich mit einem Fotografen begleiten und eine Art Tagebuch führen. Wie oft kommen die Hunde raus, wie reagieren sie auf Dickie-Dick, natürlich tägliche Gewichtskontrolle und selbstverständlich Interviews mit den Besitzern, die selbstverständlich völlig begeistert sein müssen. Und unser Claim lautet: Ob Mopsi, Bello oder Rick – mein bester Freund mag Dickie-Dick.“
    Lena schaute verwirrt zu Frau Melchior und Magnus. „Wer hat sich das denn ausgedacht?“
    „Ich!“ Magnus war sichtlich stolz. „Heute Morgen unter der Dusche ist mir das eingefallen, und Frau Melchior fand’s gut.“
    „Ich finde es weder gut noch sonst was. Ich finde es lächerlich.“ Lena schüttelte den Kopf. „Wie aus einem Disney-Film. Peinlich.“
    „Nein, der Claim wird so genommen. Die Idee ist prima, Magnus. Gute Arbeit.“
    Lena kochte innerlich. Das ging einfach zu weit. Vielleicht würde sie morgen ins Büro kommen und Magnus säße an ihrem Platz. Sie musste unbedingt rauskriegen, in welchem Verhältnis dieser Mr. Wichtig zur Melchior stand.
    „Also dann, an die Arbeit. Nehmen Sie als Fotografen am besten Fabrizio.“
    Wenigstens das, dachte Lena. Gott sei Dank ist es Fabrizio und nicht einer von den blasierten Lackaffen, die wie Diven hinter ihren Kameras stehen und denken, ohne sie funktioniert gar nichts. Lena kannte Fabrizio, seitdem sie in der Agentur arbeitete. Fabrizio war ein Schwuler, wie ihn sich jede Frau nur wünschen konnte. Wenn man mitten in der Nacht Appetit auf ein halbes Hähnchen hatte, musste man nur Fabrizio anrufen, der fuhr

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