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Kalter Tod

Kalter Tod

Titel: Kalter Tod Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Connelly
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zu. Das Poster fiel auf den Boden.
    »Harry!«, schrie Walling. »Was ist?«
    Sie stürzte auf ihn zu und klappte das Handy an ihrer Hüfte zu. Bosch schob den Schalter zurück und schaltete das Gerät aus.
    »Was ist?«, schrie Rachel.
    Bosch deutete auf die Tür des Pick-up.
    »Die Mordwaffe ist im Handschuhfach und das Caesium in der Mittelkonsole.«
    »Was?«
    »Das Caesium ist in dem Fach unter der Armlehne. Er hat die Kapseln aus der Sau genommen. Deshalb hatte er sie nicht in der Hosentasche. Sie waren in der Armlehne.«
    Er fasste an seine rechte Hüfte, an die Stelle, wo Gonzalves verstrahlt worden war. Diese Stelle hatte sich direkt neben dem Fach in der Armlehne befunden, als er am Steuer saß.
    Eine Weile sagte Rachel nichts. Sie sah ihn nur an.
    »Bei dir alles okay?«, fragte sie schließlich.
    Fast hätte Bosch gelacht.
    »Keine Ahnung. Frag mich das in zehn Jahren.«
    Sie zögerte, als wüsste sie etwas, das sie aber nicht sagen durfte.
    »Was?«, fragte Bosch.
    »Nichts. Du solltest dich auf jeden Fall untersuchen lassen.«
    »Was sollen sie schon groß machen können? Ich war ja nicht lang im Führerhaus. Bei mir ist es nicht wie bei Gonzalves, der die ganze Zeit danebensaß. Er hat sich ja richtig damit aufgeladen.«
    Sie antwortete nicht. Bosch reichte ihr das Messgerät.
    »Es war nicht an. Ich dachte, es wäre an, als du es mir gegeben hast.«
    Sie nahm es und betrachtete es.
    »Das dachte ich eigentlich auch.«
    Bosch fiel ein, dass er das Gerät in die Tasche gesteckt hatte, statt es an seinem Gürtel zu befestigen. Wahrscheinlich hatte er es versehentlich ausgeschaltet, als er es eingesteckt und wieder herausgenommen hatte. Er sah zum Führerhaus und fragte sich, ob er sich gerade selbst Schaden zugefügt oder sogar umgebracht hatte.
    »Ich brauche was zu trinken«, sagte er. »Im Kofferraum ist eine Flasche Wasser.«
    Bosch ging ans Heck seines Autos. Als er durch den offenen Kofferraumdeckel Wallings Blicken entzogen war, stützte er sich mit den Händen auf die Stoßstange und versuchte die Botschaften zu entschlüsseln, die sein Körper an sein Hirn sendete. Er spürte, dass sich etwas bei ihm tat, aber er war nicht sicher, ob es etwas Physiologisches war, oder ob das Zittern, das er spürte, nur eine emotionale Reaktion auf das eben Geschehene war.
    Er erinnerte sich, was die Ärztin in der Notaufnahme über Gonzalves gesagt hatte, dass die gravierendsten Schäden innerlich waren. Begann auch sein Immunsystem schon zu versagen? Ging er den Abfluss hinunter?
    Plötzlich musste er an seine Tochter denken, das Bild von ihr, als er sie am Flughafen das letzte Mal gesehen hatte.
    Er begann, laut zu fluchen.
    »Harry?«
    Bosch spähte um den Kofferraumdeckel herum. Rachel kam auf ihn zu.
    »Die Teams sind schon unterwegs. In fünf Minuten sind sie da. Wie fühlst du dich?«
    »Ich glaube, mir fehlt nichts.«
    »Gut. Ich habe mit dem Leiter des Teams gesprochen. Er meint, du wärst der Strahlung nicht lang genug ausgesetzt gewesen, um ernstere Schäden davonzutragen. Aber du solltest trotzdem in die Notaufnahme fahren und dich untersuchen lassen.«
    »Mal sehen.«
    Er griff in den Kofferraum und holte eine Wasserflasche heraus. Es war seine Notration, die er für Observierungen dabei hatte, die sich länger hinzogen als erwartet. Er öffnete sie und nahm zwei kräftige Schlucke. Das Wasser war nicht kalt, aber trotzdem fühlte es sich gut an. Seine Kehle war trocken.
    Bosch schraubte die Flasche wieder zu und legte sie in den Kofferraum zurück. Er ging zu Walling, die an der Seite des Autos stand, und sah die Straße hinunter. Erst jetzt merkte er, dass die schmale Straße, die hinter den Geschäften und Büros am Cahuenga Boulevard verlief, über mehrere Häuserblocks hinweg bis hinunter zum Barham Boulevard führte.
    Und etwa alle zwanzig Meter stand auf den Rückseiten der Gebäude ein grüner Müllcontainer am Straßenrand. Sie waren aus ihren eingezäunten Stellflächen oder aus den Zwischenräumen zwischen den Gebäuden auf die Straße geschoben worden.
    Genau wie in Silver Lake kam hier an diesem Tag die Müllabfuhr, und die Container warteten darauf, geleert zu werden.
    Plötzlich wurde Bosch alles klar. Es war wie eine Fusion. Wie zwei Elemente, die sich miteinander verbanden und etwas völlig Neues ergaben. Alles, was ihm an den Tatortfotos, an dem Yogaposter und überhaupt komisch vorgekommen war. Die Gammastrahlen waren direkt durch ihn hindurchgegangen, aber sie hatten ihn

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