Kalter Trost: Island-Krimi (German Edition)
aufzutreiben, die vor Gericht lügen.«
Gunna verzichtete darauf, nach dem Köder zu schnappen. »Ich interessiere mich für deine Altersvorsorge, Ommi. Erzähl mir, was vereinbart war.«
Gunna freute sich, als sie für einen kurzen Moment Panik hinter der Fassade aufflackern sah, bevor Ommis scharf gezeichnete Gesichtszüge wieder zu einer höhnischen Maske erstarrten.
»Was zum Teufel meinst du?«
»Wer hat Steindór Hjálmarsson wirklich umgebracht? Ommi, ich weiß, dass du es nicht gewesen bist. Für wen bist du also ins Gefängnis gegangen?«
»Du redest absolute Scheiße.«
»Tatsächlich? Du warst jetzt fast neun Jahre im Bau und hättest nächstes Jahr rauskommen können. In diesen neun Jahren hat es fantastische Fortschritte auf dem Gebiet der Kriminaltechnik gegeben. Es gibt jede Menge Beweisstücke vom Tatort, die sorgfältig aufbewahrt wurden. Heutzutage können wir viel mehr aus ihnen herauslesen. Da wäre zum Beispiel die Kleidung des Opfers. Wir werfen nichts weg, und du wärst verblüfft, was man heute alles herausfinden kann.«
»Mach dich nicht lächerlich. Der Typ ist mir in die Quere gekommen, also habe ich ihm eine verpasst. So war es. Später hat er mich draußen gesehen und hat nach mehr geschrien. Das hat er dann auch bekommen.«
»Nein, Ommi. Du warst die ganze Zeit im Club. Ich habe Zeugen, die aussagen, dass du das Gebäude nicht verlassen hast.«
»Was für Zeugen?«
»Das spielt keine Rolle. Es gibt sie jedenfalls«, sagte Gunna. »Weißt du, diese Sache ist wirklich merkwürdig. Sonst ist es genau anders herum: Die Straftäter versuchen mir weiszumachen, dass sie nichts getan haben. Warum bist du so scharf darauf, schuldig zu sein, Ommi? Normalerweise würdest du Zeter und Mordio schreien. Du würdest von der Brutalität der Polizei, fingierten Beweismitteln und Justizirrtum reden.«
»Zeig mir diese Zeugen.«
»Alles zu seiner Zeit. Das ist keine offizielle Vernehmung. Du läufst uns nicht davon, wir haben jede Menge Zeit, alles bis ins schmerzhafte Detail mit dir durchzukauen.«
Inzwischen war nicht mehr zu übersehen, dass Ommi sich ernsthaft unwohl fühlte. »Was hat man dir erzählt?«
»Alle möglichen interessanten Dinge. Du wärst überrascht, wie gut die Leute sich erinnern, auch nach so langer Zeit.«
»War es Selma?«
»Das kann ich dir nicht sagen, Ommi.«
»Oder Skari?«
»Also hast du Skari gesehen?«, fragte Gunna schnell.
»Das habe ich nicht gesagt.«
»Aber ich habe mit ihm gesprochen, es war ausgesprochen aufschlussreich. Er ist nicht gerade der Hellste, nicht wahr?«
Ommi erwiderte ihren Blick missmutig. Gunna spürte, dass ihm ein Dutzend Fragen auf den Nägeln brannten.
»Ich würde gerne wissen, was in jener Nacht passiert ist, als Steindór Hjálmarsson ermordet wurde. Aber weißt du was, Ommi? Das ist alles Schnee von gestern. Es würde auch kein gutes Licht auf uns werfen, wenn wir nach fast zehn Jahren einen abgeschlossenen Fall neu aufrollen und zugeben müssten, dass wir einen Fehler gemacht haben.«
»Warum zum Teufel bist du dann hier?«, wollte Ommi derart aggressiv wissen, dass der Polizist neben der Tür erstarrte und die Stirn runzelte.
»Schon gut«, beruhigte Gunna ihn und wandte sich wieder an Ommi. »Ich bin wegen Svana Geirs hier. Wir wissen, dass du am Tatort warst. Deine Fingerabdrücke sind in ihrer Küche, genau dort, wo sie ermordet wurde.«
»Das ist ja lächerlich«, protestierte Ommi. »Ich habe Svana kein Haar gekrümmt.«
»Komm schon, jetzt mal im Ernst. Skari hat gegen dich ausgesagt und wurde beinahe totgeschlagen. Svana hat gegen dich ausgesagt und wurde umgebracht. Wir können beweisen, dass du an beiden Tatorten gewesen bist.«
»Aber ich habe Svana nichts getan. Ich würde ihr nie etwas tun.«
»Warum bist du bei ihr gewesen?«
Ommi schwieg und starrte sie zornig an.
»Wolltest du eine schnelle Nummer mit ihr schieben, um der alten Zeiten willen?«, schlug Gunna vor.
»Fick dich, du alte Schlampe!«, erwiderte Ommi wütend.
»Ich kann es dir anhängen, Ommi. Unter uns gesagt, der Mord würde für dich noch zehn zusätzliche Jahre im Knast bedeuten, und bei deiner Vergangenheit sicher nicht im offenen Vollzug wie in Kvíabryggja. Denk mal darüber nach«, sagte Gunna ruhig und drehte sich zu dem Wachmann um. »Ómar möchte jetzt in seine Zelle zurück«, teilte sie ihm mit.
***
Gunna kam gerade noch rechtzeitig zu Sævaldurs Lagebesprechung. Noch ganz außer Atem nahm sie im hinteren Bereich des
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