Kalter Trost: Island-Krimi (German Edition)
nichts mit ihm zu tun hat, muss er in diese Richtung geflüchtet sein«, fuhr Eiríkur fort.
»Ja, und sieh mal hier.« Gunna zeigte auf den Stadtplan. »Falls ihr es nicht bemerkt haben solltet, aus diesem Gebiet führen nur zwei Wege hinaus. Wenn ihr Bilder einer Überwachungskamera auftreiben könntet, die ein oder zwei Minuten nach den Schüssen einen weißen Lieferwagen zeigen, dann hätten wir vielleicht eine Spur.«
»Du solltest eine Beförderung beantragen, Gunna. Ein Verstand wie deiner ist bei uns verschwendet«, meinte Helgi. Gunna brauchte einen Augenblick, um zu realisieren, dass der Kommentar keine scharfe Erwiderung rechtfertigte. »Zufällig ist unser junger Kollege schon eifrig damit beschäftigt, Überwachungsmaterial aufzutreiben. Was hast du eigentlich gemacht, Chefin?«
»Ich bin unserem gewählten Volksvertreter wieder einmal auf die Nerven gegangen.«
»Das hast du dir im Laufe der Zeit ja quasi zur Gewohnheit gemacht, wie ich höre«, sagte Helgi.
»Dafür sind diese Idioten ja schließlich da«, konterte Gunna. »Erinnerst du dich an Högni Sigurgeirsson?«
»An wen?«
»Er ist Svana Geirs kleiner Bruder.«
»Ja, ein dubioser, unangenehmer Typ, wenn ich mich richtig erinnere.«
»Hmmm. Das ist eine sehr aufschlussreiche Analyse, Helgi, sie trifft den Nagel auf den Kopf. Er war letzte Woche hier.«
Helgi runzelte die Stirn. »Warum das?«
»Er war besoffen und hat andere belästigt, so hat Kaya von oben es jedenfalls dargestellt. Aber er hat sich als jemand anderes ausgegeben.«
»Du bist bei Kaya gewesen?«, fragte Eiríkur ehrfürchtig. »Allein?«
»Ja. Na und?«
»Pass auf dich auf, Chefin«, riet Eiríkur, während Helgi lachte. »Sie ist vom anderen Ufer, diese Frau.«
»Ach, hör auf!«
»Es stimmt, Chefin«, sagte Eiríkur. »Eine waschechte Lesbe in Gesundheitsschuhen.«
»Privatleben ist Privatleben, Jungs. Das hat hier nichts zu suchen«, mahnte Gunna. »Eiríkur, du warst dabei, als wir Svanas Eltern befragt haben. Kannst du mir die Telefonnummern heraussuchen, insbesondere die von Högni?«
Eiríkurs Ohrläppchen hatten sich rosa verfärbt, als Gunna ihn zurechtgewiesen hatte. Jetzt verschwand er eilig hinter der Trennwand, um die Telefonnummern nachzuschlagen.
»Du solltest ihn nicht zu so was ermutigen, Helgi«, murmelte Gunna. »Natürlich gibt es immer Tratsch, aber bei der Arbeit muss man vorsichtig damit sein. Ich weiß, dass Kaya mit einer Frau zusammenlebt, aber ihr Privatleben ist ihre Sache.«
»Tut mir leid, Chefin.«
»Kannst du dich mit Steingrímur in Verbindung setzen und herausfinden, wie weit sie ihre Suche rund um Bjartmars Haus ausgedehnt haben?«
»Bin schon dabei. Was machst du als Nächstes?«
Gunna seufzte. »Sævaldur hält um fünf eine weitere Besprechung ab. Weißt du, ich habe das unangenehme Gefühl, dass er darauf spekuliert, Örlygur Sveinssons Posten zu übernehmen. Sicher hofft er, dass Örlygur wegen seiner Rückenbeschwerden in den Vorruhestand geht. Das wäre ein Spaß, meinst du nicht?«
Helgi sagte nichts.
»Aber jetzt mache ich erst einmal eine kleine Landpartie, während die Herren die Arbeit erledigen«, sagte sie fröhlich. »Wir sehen uns bei Super-Sævaldurs Besprechung.«
***
Die Tür schloss sich scheppernd hinter ihnen. Der Wärter nahm seinen Platz neben der Tür ein, während Ommi sich auf seinen Stuhl flegelte. Gunna musterte ihn neugierig. Sie vermutete, dass seine harte Fassade schon leicht bröckelte.
»Du weißt, wer ich bin, Ommi, also lass uns direkt zur Sache kommen, ja?«
»Du kennst meine Mum, stimmt’s?«, fragte Ommi. »Wie geht’s der alten Schachtel denn so? Ich habe sie schon seit Jahren nicht mehr gesehen.«
»Soweit ich weiß, geht es ihr gut. Ich treffe sie nicht oft.«
»Und wie geht es den anderen Idioten in diesem Kaff?«
»Sag du es mir, Ommi. Du warst ja vor Kurzem erst dort.«
»Ich bin seit Jahren nicht mehr in dem Nest gewesen«, erwiderte er scharf. »Man müsste mir schon viel Geld geben, damit ich auch nur in die Nähe gehen würde.«
Gunna blickte ihm direkt in die Augen. »Ommi, lass doch den Mist. Ich weiß, dass du mit einem anderen Mann, wahrscheinlich mit diesem Versager Pillen-Addi, nach Hvalvík gefahren bist, um deinen alten Freund Óskar zu besuchen. Ich habe genug Zeugen und Beweise, die belegen, dass du an jenem Tag dort warst. Ich habe keine Lust, mich mit dir darüber zu streiten. Kapiert?«
»Beweise also. Es ist ja so einfach, ein paar Zeugen
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