Kalter Trost: Island-Krimi (German Edition)
Gunnhildur«, grollte eine Stimme hinter ihr. Sie drehte sich um und sah Ívar Laxdal auf sich zukommen. Er hatte die Arme voll Aktenordner.
»Was meinst du?«, fragte sie verwirrt.
»Natürlich den Mord an Bjartmar Arnarson. Der Mann befindet sich in Untersuchungshaft, und Sævaldurs Leute vernehmen ihn gerade. Ich gehe nach oben. Wir können uns unterwegs unterhalten.« Er ließ keinen Zweifel daran, dass es sich um einen Befehl handelte. »Wie bist du in Litla-Hraun weitergekommen? Helgi hat mir berichtet, dass du die Angelegenheit Ómar Magnússon weiterverfolgst. Hast du Fortschritte gemacht?«
»Definitiv«, keuchte Gunna, die sich bemühte, mit ihm Schritt zu halten. Sie fragte sich, wie er es fertigbrachte, so schnell zu gehen, obwohl er sich nicht rascher zu bewegen schien als andere.
»Und?« Er marschierte den Flur entlang und betrat ein Büro, das einem der Anwälte gehörte.
»In vielerlei Hinsicht hat sich mein Verdacht bestätigt, außerdem haben sich einige neue Spuren ergeben. Ómar hat Steindór Hjálmarsson kein Haar gekrümmt. Er wurde gut dafür bezahlt, die Strafe für einen anderen abzusitzen.«
»Wie viel denn, nur interessehalber?«
»Dreißig Millionen.«
»Ich würde sagen, das ist nicht gerade viel.«
»Naja, vor zehn Jahren waren dreißig Millionen noch doppelt so viel wert wie heute.«
»Das stimmt. Aber zehn Jahre im Gefängnis bleiben zehn Jahre im Gefängnis.« Ívar Laxdal legte die Aktenordner auf einen Schreibtisch in der Ecke und wandte sich zur Tür. »Kaffee?«, fragte er und ging mit langen Schritten auf die Kantine zu. Erneut hastete Gunna hinter ihm her.
Teufel noch mal! Ich bin siebenunddreißig Jahre alt. Warum gibt mir dieser Mann das Gefühl, gerade zehn geworden zu sein? , fragte sie sich, als Ívar Laxdal in der verlassenen Kantine Kaffee in zwei Becher goss.
»Zu dieser Tageszeit ist das ein guter Ort, Gunnhildur, weil niemand mehr da ist«, erklärte er, setzte sich an einen Ecktisch und bedeutete ihr, ebenfalls Platz zu nehmen. »Morgen will ich dich um neun Uhr sehen, um dir einen dienstlichen Verweis zu erteilen.«
Er blickte sie unter seinen buschigen Augenbrauen aus seinen schwarzen Augen bohrend an.
»Weil ich dumm genug war, Sævaldur heute Morgen mal gründlich die Meinung zu sagen?«
Ívar Laxdal nickte.
»Es tut mir leid«, sagte Gunna schwerfällig. »Dieser Mann regt mich schrecklich auf. Ich habe einfach nur noch rotgesehen, als er abfällig über Tinna gesprochen hat, nachdem sie dem Durchgeknallten in der Bank die Waffe abgenommen hatte.«
»Ich weiß. Sævaldur hat gewisse Schwierigkeiten, sich an das einundzwanzigste Jahrhundert anzupassen. Er gibt sich Mühe, aber das reicht nicht immer. Ich wäre dir dankbar, wenn du ein wenig Nachsicht mit ihm haben könntest. Unter uns gesagt, er ist ein exzellenter Polizist, der niemals seine Uniform hätte ablegen sollen.«
»In dem Fall möchte ich dich gerne fragen, ebenfalls im Vertrauen, wie hoch die Wahrscheinlichkeit ist, dass er Örlygur Sveinssons Aufgabenbereich übernehmen wird?«
»Ganz im Vertrauen, Gunnhildur, die Wahrscheinlichkeit ist minimal. Was wirst du als Nächstes im Fall Svana Geirs unternehmen? Wie ist der aktuelle Stand? Du hast doch bestimmt die Zeitungen gesehen, nicht wahr?«
Gunna verzog das Gesicht. »Ja, das habe ich. Ich bin Svanas Mörder keinen Schritt nähergekommen. Im Gegenteil, wir sind wieder weiter von der Aufklärung entfernt, da Ómar Magnússon unser Hauptverdächtiger war. Jetzt scheidet er aus.«
»Wieso?«
»Ich weiß ziemlich genau, wann Svana ermordet wurde. Ommi weiß es nicht, aber er hat ein Alibi. Das Alibi ist jedoch nicht viel wert, solange der Typ, den er genau zu der Zeit brutal zusammengeschlagen hat, das nicht auch zu Protokoll gibt.«
Ívar Laxdal stützte das Kinn auf eine Hand auf. Gunna hörte, wie seine kurzen, dicken Finger kratzend über seine Bartstoppeln strichen.
»Wen verdächtigst du, den Mord an Steindór Hjálmarsson begangen zu haben?«, fragte er plötzlich.
»Sindri Valsson, Jónas Valur Hjaltasons Sohn. Er lebt jetzt in Portugal, soweit ich weiß. Sein Vater und er haben Geschäftsinteressen dort. Wie sieht die offizielle Vorgehensweise aus? Können wir die portugiesische Polizei bitten, ihn für uns in ein Flugzeug nach Island zu setzen?«
»Oh, das wird dich interessieren, wir haben uns mit Portugal schon über eine Auslieferung unterhalten. Das Dezernat für Computer- und Wirtschaftskriminalität beobachtet
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