Kalter Trost: Island-Krimi (German Edition)
Jón seine Schuhe und seinen Overall in einem Ofen in der Werkstatt verbrannt, in der Asche fanden sich die Splitter. So einfach ist das«, erklärte Ívar Laxdal zufrieden.
»Welches Motiv hatte er?«
»Hier kommst du ins Spiel, und ihr beide, Sævaldur und du, werdet euch große Mühe geben müssen, euch nicht gegenseitig auf den Schlips zu treten. Jón Jóhannsson wird zweifellos eine Reihe psychologischer Tests über sich ergehen lassen müssen, und man kann nur vermuten, was dabei herauskommen wird. Sicher ist, dass der Mann unter enormem Druck stand. Er war bis über beide Ohren verschuldet, hat sein Haus verloren und wurde von seiner Frau verlassen, die auch das gemeinsame Kind mitgenommen hat. Sie ist momentan ebenfalls hier im Haus. Er hat sich auf zwei Personen fixiert, die er für sein Unglück verantwortlich gemacht hat. Die eine Person war sein persönlicher Kundenbetreuer bei der Bank, der für ihn die Bank repräsentiert hat. Die zweite Person war Bjartmar Arnarson.«
»Warum Bjartmar?«
»Weil Jón Jóhannsson als Subunternehmer viele Aufträge für eine Tochterfirma von Rigel Investment ausgeführt hat. Die Tochterfirma heißt Arcturus Development.«
»Die Bauträgerfirma.«
»Richtig. Arcturus hat viele Häuser für Rigel gebaut und hat Konkurs gemacht. Als Folge davon saßen nahezu alle Bauunternehmen auf dem Trockenen, manche sind auch mit untergegangen. Jón Jóhannsson hat es ganz übel erwischt. Die Arbeit von sechs Monaten wurde nicht bezahlt. Er geht davon aus, dass er immer noch schwarze Zahlen schreiben würde, wenn die Sache nicht schiefgelaufen wäre.«
»Also macht er den verstorbenen, unbeweinten Bjartmar persönlich für all seine Probleme verantwortlich.«
»So ist es«, erwiderte Ívar Laxdal. »Und wahrscheinlich aus gutem Grund. Es könnte gut sein, dass eine Jury ihn nicht verurteilen würde. Ich habe das Gefühl, wir können bestenfalls auf Unzurechnungsfähigkeit plädieren und einen Urteilsspruch erreichen, der das widerspiegelt.«
»Der Fall steht bereits im Fokus der Öffentlichkeit. Er hat gestern und auch heute Morgen die Nachrichten beherrscht«, bemerkte Gunna. »Ich denke, das wird noch einige Wochen so weitergehen.«
»Das ist gut möglich. Bestimmt lenkt das die Aufmerksamkeit ein oder zwei Tage von Svana Geirs ab.«
»Sehr wahrscheinlich«, stimmte Gunna zu.
»Und dir verschafft es ein wenig Ruhe und Frieden«, sagte Ívar Laxdal mit dem Anflug eines Lächelns. »Aber es wird dich vielleicht interessieren, dass Jón Jóhannsson im Auftrag von Rigel Investment auch an dem Häuserblock mitarbeitete, in dem Svana Geirs wohnte. Er ist Klempner und hat ihr Bad und ihre Küche eingebaut, neben vielen anderen Bädern und Küchen natürlich. Ich dachte, das könnte dich interessieren.«
***
»Sag mal, Jón«, fragte Helgi sanft. »Was hatte Bjartmar denn damit zu tun?«
»Alles«, antwortete der kräftige Mann leise. Gelassenheit hatte von ihm Besitz ergriffen, seit die Polizistin ihn aus der Bank geführt hatte. Mit einer Hand hatte sie ihn am Ellbogen gefasst, in der anderen hielt sie seine abgesägte Schrotflinte. Inzwischen war er erleichtert, dass er diesen dummen Jungen aus der Bank nicht erschossen hatte.
»Hattest du Streit mit ihm?«
»Allerdings!«
»Hast du mit ihm geredet?«
»Nur ein paar Mal am Telefon, nie persönlich. Aber ich habe ihn oft genug gesehen.«
»Wann war das?«
»An dem Häuserblock in der Lindargata, wo ich diese ganzen Bäder und Küchen für Ingi Lár eingebaut habe. Er ist dort immer mit seinem Anzug und seinem Helm herumstolziert und hat wie ein Volltrottel ausgesehen. Danach habe ich ihn öfter in der Nähe seines Hauses gesehen. Es liegt nur ein oder zwei Querstraßen oberhalb meines Hauses.« Er hustete. »Ich meine unser ehemaliges Haus, bevor die Bank es uns weggenommen hat«, korrigierte er sich. »Hör mal, ich bin das doch schon alles mit deinem Kollegen durchgegangen, diesem dicken Typen. Warum sollte ich dir alles noch mal erzählen? Selbst wenn ich gerade nichts Besseres vorhaben sollte.«
»Weil ich an einem anderen Fall arbeite, der ebenfalls Bjartmar betrifft. War es das einzige Mal, dass du mit ihm persönlich gesprochen hast?«
»Meinst du, als ich ihm gesagt habe, was er für ein Arschloch ist, und ihn dann erschossen habe?«
»Genau.«
»Ja. Ich habe den Mann vorher nie persönlich getroffen.«
»Woher wusstest du dann, dass es Bjartmar war, der für deine finanziellen Probleme verantwortlich
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