Kalter Trost: Island-Krimi (German Edition)
abzuzocken? Ist es jemand aus dem Club? Oder vielleicht Högni?«
»Weißt du, Gunna, ich habe nicht die geringste Ahnung. Die Sache wird von Minute zu Minute undurchsichtiger«, brummte Helgi. »Ein paar unkomplizierte Einbrüche wären zur Abwechslung mal ganz nett.«
»Wenn das der Fall wäre«, fuhr Gunna fort, als hätte Helgi nichts gesagt, »warum ist die Forderung dann so niedrig? Fünfundzwanzigtausend Euro sind für dich oder mich ein Haufen Geld, aber für einen von diesen Überfliegern wie Jónas Valur oder Hallur ist das doch nur Kleingeld.«
»Es sei denn, es geht nicht um Geld.«
»Es geht immer um Geld.«
»Ich meine, es könnte ein Ablenkungsmanöver sein.«
»Vielleicht«, räumte Gunna ein, klang aber nicht überzeugt. »Ich möchte, dass du dir heute noch einmal Hallurs Keller vorknöpfst.«
»Wo soll ich hinfahren, Chefin?«, fragte Helgi erneut. »Zuerst zum Revier zurück?«
»Ach. Lass uns doch eine kleine Runde durch Kópavogur drehen, ja? Es gibt nichts Besseres als ein wenig Abstand, um die grauen Zellen anzukurbeln. An der Hamraborg Straße gibt es eine Bäckerei, wir könnten eine frühe Mittagspause einlegen.«
***
Später am Nachmittag eilte Gunna an Sigvaldi, der am Empfang saß, vorbei, sie hielt ihr Handy ans Ohr, erreichte jedoch nur Eiríkurs Mailbox. Auf der Treppe begegnete sie zum zweiten Mal an diesem Tag Sævaldur.
Er blieb stehen. »Der Typ, der Bjartmar erschossen hat – er könnte diese ganzen Erpresserbriefe verschickt haben. Hast du schon mal daran gedacht?«
»Ach, komm.«
»Ganz recht. Also gibt es einen Komplizen.«
Gunna blieb ebenfalls stehen und drehte sich um. »Wer soll das sein?«
»Seine Frau. Es ist ziemlich offensichtlich.«
»Du machst sicher Witze, oder?«
»Nein, natürlich nicht.«
»Du meine Güte«, murmelte Gunna vor sich hin, während sie weiter die Stufen hinaufging und Sævaldur einfach auf der Treppe stehen ließ.
Als sie ihren Arbeitsplatz erreichte, fiel ihr ein, dass Eiríkur beschäftigt war. Sie trommelte mit den Fingern auf den Schreibtisch und rief Helgi an.
»Hast du Erfolg?«, wollte sie wissen, sobald er sich meldete.
»Ich habe nichts Brauchbares gefunden. Der Mann hortet stapelweise Papierkram und mindestens ein halbes Dutzend Bankkonten. Seine Frau war hocherfreut, als ich auf ein paar Konten gestoßen bin, auf denen ganz schön viel Geld liegt und von denen sie bisher nichts wusste. Es wurden jedoch keine größeren Beträge abgehoben.«
»Na gut. Eiríkur erledigt gerade etwas für mich. Ich glaube, es ist Zeit, dass ich mich noch einmal mit Jónas Valur unterhalte. Ich habe Kopien von einem halben Dutzend Schreiben erhalten, die er bekommen hat.«
»Er wird sicherlich entzückt sein, dich zu sehen. Willst du nicht lieber auf mich warten, damit wir ihm gemeinsam einen Besuch abstatten können?«
»Nein, ruf mich einfach an, wenn du fertig bist und ins Präsidium fährst. Mir kommt dieser Tag verdammt lang vor. Ich werde versuchen, Jónas Valur aufzutreiben, und dann von dort aus gleich nach Hause fahren.«
***
In den Geschäftsräumen von Kleifar gab es kein Lebenszeichen. Gunna rüttelte an der Tür, aber niemand öffnete. Sie trat zurück und blickte an dem Gebäude hoch. Die ehemals roten Wellblechplatten, mit denen das Haus verkleidet war, waren inzwischen zu einem Rosaton verblasst, nachdem sie jahrzehntelang der Sonne und dem Regen ausgesetzt gewesen waren. Sie ging auf die andere Straßenseite, um besser sehen zu können, und entdeckte ein schwaches Licht hinter einem Fenster. Neugierig ging sie zurück zum Haus und hoffte, durch die Fenster etwas erkennen zu können, aber alles war dunkel.
Sie kehrte zur Vorderseite zurück und wollte gerade aufgeben, als das schwache Licht erlosch. Sie rüttelte erneut an der Eingangstür, nichts geschah. Schnell ging sie um das Gebäude herum. Jónas Valurs schwarzer Mercedes stand auf dem Parkplatz im Innenhof. Plötzlich ging die Innenbeleuchtung des Wagens an. Gunna ging eilig auf das Auto zu.
Jónas Valur hatte das Haus durch die Hintertür verlassen und zog einen kleinen Rollkoffer hinter sich her.
»Guten Abend, Jónas Valur. Willst du verreisen?«, fragte Gunna, als die Sicherheitsbeleuchtung des Parkplatzes ansprang und sie beide in helles Licht tauchte. Sie hatte Jónas Valur überrascht, er gab sich keine Mühe, seinen Ärger zu verbergen.
»Das grenzt an Belästigung, Sergeant«, knurrte er gereizt.
»Ganz im Gegenteil. Ich war sehr freundlich und
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