Kalter Trost: Island-Krimi (German Edition)
Am Empfang hatte sich Sigvaldi fürsorglich – wenn auch ein wenig schroff, wie es seiner Art entsprach – nach ihrem Gesundheitszustand erkundigt.
Sie wartete an ihrem Schreibtisch, während Eiríkur und Helgi sich Stühle holten. Einige andere Leute sahen sie im Vorbeigehen neugierig an, sogar Sævaldur Bogason murmelte ein paar freundliche Worte.
»Okay, Jungs. Dann berichtet mir mal, was es Neues gibt«, forderte Gunna die beiden auf. Als sie aufsah, entdeckte sie Ívar Laxdal im Türrahmen. Er runzelte missbilligend die Stirn.
»Komm doch bitte herein. Es dauert nicht lange, und ich gehe danach auch gleich wieder nach Hause«, versicherte sie ihm.
»Wenn’s dabei bleibt«, brummte Ívar Laxdal.
Gunna wandte sich an Helgi. »Ist Högni gesichtet worden?«
»Nein, Chefin. Es gibt noch keine Spur von seinem Wagen, aber Jónas Valurs Mercedes wurde am BSÍ-Busbahnhof aufgefunden«, sagte Helgi und blätterte in seinen Aufzeichnungen. »Es wird dich interessieren, dass bei den Befragungen rund um Hallur Hallbjörnssons Haus ein grauer Opel erwähnt wurde. Es handelt sich um das gleiche Modell, das auch Högni fährt. Er wurde eine Straße weiter gesehen, die Zeit passt auch.«
»Interessant. Wenn Högni es war, muss er direkt nach der Befragung hier im Haus zu Hallur gefahren sein«, überlegte Gunna. »Wurde der Wagen zweifelsfrei identifiziert?«
»Ja. Die Frau fährt das gleiche Modell, daher war sie sich so sicher. Aber wir haben kein Kennzeichen.«
»Schade.«
»Wenn dieser Mann der Mörder von Jónas Valur ist, glaubst du, er könnte ebenfalls versucht haben, Hallur Hallbjörnsson zu ermorden?«, fragte Ívar Laxdal.
»Das ist sehr wahrscheinlich«, antwortete Helgi.
»Wie geht es jetzt weiter?«, wollte Gunna wissen. Sie fragte sich, ob die Verantwortung für die Ermittlungen jetzt bei Helgi lag.
»Wir suchen nach der Waffe, mit der Jónas Valur umgebracht wurde und mit der man auch dich niedergeschlagen hat. Die Anwohner werden noch befragt, außerdem werden sämtliche Mülleimer, Ecken und Winkel durchsucht. Das kann noch eine Weile dauern«, meinte Helgi düster.
***
»Bist du einigermaßen in Ordnung?« Sigrún war offensichtlich besorgt.
»Ja, es geht schon«, erwiderte Gunna. »Und du? Hast du irgendetwas gehört, du weißt schon?«
Sigrúns Gesicht leuchtete auf. »Ich habe gehört, dass Jörundur wieder allein ist.«
»Wirklich?«, sagte Gunna. »Was ist passiert?«
Sigrún setzte sich und öffnete eine Tüte mit selbst gebackenen Keksen, die sie aus dem Tiefkühlschrank genommen hatte. Sie tunkte einen davon in ihren Kaffee und steckte ihn geschickt in den Mund, kurz bevor er sich auflöste.
»Die sind noch von Weihnachten übrig«, erklärte sie kauend. »Ich hatte zu viele gebacken und den Rest eingefroren.«
»Das könnte bei uns nie passieren. Ich könnte schwören, dass Gísli Kuchen und Kekse schon aus einer Meile Entfernung erschnüffeln kann. Erzähl, was ist mit Jörundur? Er ist doch nicht auf dem Heimweg, oder etwa doch?«
»Nein, es ist seine Freundin, diese Gígja, die mit ihm nach Norwegen gegangen ist. Sie sind schon eine ganze Weile zusammen. Alle Anzeichen haben darauf hingedeutet, aber ich wollte es nicht wahrhaben«, erklärte Sigrún kopfschüttelnd. »Ich hätte es besser wissen müssen. Naja, jedenfalls habe ich mich vor Kurzem mit Mæja Dís unterhalten.«
»Ist sie das Mädchen, die bei Hvlavíkingur im Büro arbeitet?«
»Ja, genau, ich glaube, sie ist die Personalchefin. Also, Mæja Dís kennt diese Gígja, weil Gígjas Ex als Koch auf einem der Boote arbeitete. Er heißt Einar. Mæja Dís ist Einar zufällig an der Tankstelle in Keflavík begegnet, und er hat ihr erzählt, dass Gígja zurück ist.«
»Schon? Das ging ja schnell!«
»Einar hat offensichtlich erzählt, dass Gígja ihre Stelle hier aufgegeben und ihre Wohnung vermietet hat, um mit Jörundur nach Norwegen zu gehen. Aber nachdem er sich ein- oder zweimal besoffen hatte, packte sie ihren Kram zusammen und nahm den nächsten Flug zurück nach Island. Jetzt wohnt sie bei ihrer Tochter, weil sie ihre Wohnung erst wieder Ende des Jahres beziehen kann.«
»Es ist erstaunlich, wie schnell manche Leute die Lust verlieren, sobald der andere sein wahres Gesicht zeigt, nicht wahr?«
»Aber das ist noch nicht alles«, fuhr Sigrún vergnügt fort. »Ich will ja nicht schadenfroh sein, aber sie hat den größten Teil ihrer Möbel und andere Dinge verkauft oder weggegeben. Wenn sie wieder in ihre
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