Kalter Trost: Island-Krimi (German Edition)
ihn daran zu erinnern, dass er Politik und Polizei nicht verwechseln sollte.
»Sind keine Polizisten auf dieser Liste?«
»Meines Wissens nicht.«
»Dafür sollten wir dankbar sein. Aber vermutlich verdient nicht einmal der Polizeipräsident genug, um Zugang zu einem solchen Club zu bekommen«, murmelte er vor sich hin. Gunna fiel auf, dass sie ihm bislang keine Namen genannt und er nicht nachgefragt hatte.
Sie standen auf dem Parkplatz hinter dem Polizeipräsidium in der Hverfisgata neben dem betagten und heiß geliebten Range Rover ihres Sohns Gísli. Gunna dachte häufig daran, dass sie sich bald ein eigenes Auto kaufen musste, das zuverlässig genug war, um täglich zwischen ihrem Wohnort und Reykjavík zu pendeln. Sie konnte sich nicht ständig Gíslis Wagen ausleihen, während er auf See war.
Gunna hatte Ívar Laxdal absichtlich auf dem Parkplatz abgefangen, damit niemand sie belauschen konnte. Er hatte die Hände verschränkt und dachte nach. Dann drehte er sich um und funkelte Gunna an, als hätte sie ihm eine Handgranate in den Schoß fallen lassen.
»Wenn das schiefläuft, könnte es in einer Katastrophe enden. Ich warne dich, Gunnhildur.«
»Wovor genau warnst du mich?«, fragte sie nervös und verärgert.
»Wenn diese Angelegenheit nicht mit Fingerspitzengefühl und Diskretion behandelt wird, könnten einige berufliche Karrieren zerstört werden. Einschließlich deiner«, fügte er hinzu.
»Was verstehst du in diesem Zusammenhang unter Fingerspitzengefühl? Soll ich nicht so genau hinsehen?«
»Verdammt, das meine ich natürlich nicht«, wetterte Ívar Laxdal. »Es ist eine Schande. Und sei nicht so misstrauisch. Ich meine, du solltest sehr diskret vorgehen und deiner Sache sicher sein. Du weißt, wie es in diesem Land läuft. Ein falsches Wort, und alle wissen Bescheid. Wenn die Gerüchteküche brodelt, wird immer etwas hängen bleiben, und ich will nicht, dass das ohne guten Grund passiert. Kapiert? Das gilt auch für dich.«
»Danke. Ich dachte mir, dass du es so gemeint hast. Ich wollte bloß sichergehen.«
Ívar Laxdal entspannte sich sichtlich, und Gunna sah ausnahmsweise einmal ein Lächeln über sein Gesicht huschen. Vielleicht konnte der Mann tatsächlich auch mal auftauen. Kurz fragte sie sich, was für ein Leben er wohl führte, wenn er nicht im Dienst war.
»Dann machst du jetzt besser weiter. Einverstanden?«
»Selbstverständlich. Äh …«
»Was gibt’s? Ist noch etwas?«
»Das Übliche«, erwiderte Gunna seufzend. »Personalangelegenheiten. Wir sind nur zu dritt in unserer Abteilung. Mein Vorgesetzter ist länger krankgeschrieben. Wir arbeiten alle unter Hochdruck.«
»Wer ist dein Vorgesetzter?«
»Örlygur Sveinsson.«
»Dieses alte Weib …«, brummte Ívar Laxdal vor sich hin und schlug mit der Faust in die Handfläche der anderen Hand, während er überlegte. »Überlass das mir. Erstatte mir in der Zwischenzeit Bericht. Ich kläre das mit Örlygur, falls er zurückkehrt.«
Gunna registrierte, dass er falls und nicht wenn gesagt hatte, und fragte sich, ob es da etwas gab, das sie wissen sollte.
»Sonst noch etwas?«, fragte er kurz angebunden.
»Nun ja, schon. Ich bin immer noch Sergeant. Ich sollte eigentlich befördert werden.«
»Du bist immer noch Sergeant? Mist. Ich werde sehen, was ich tun kann, aber es sind harte Zeiten, das weißt du selbst, Gunnhildur. Harte Zeiten«, wiederholte er und marschierte über den Parkplatz zu seinem Wagen, der verdächtig nach dem diesjährigen Modell aussah.
***
Ausnahmsweise war es einmal nicht windig. Eine schwarze Rauchwolke hing in der unbewegten Luft. Gunna parkte an der Straße und bahnte sich einen Weg durch die Menge, die sich in respektvollem Abstand von den Rettungswagen und Löschfahrzeugen versammelt hatte. Das Haus stand in einiger Entfernung von der Straße in einem noblen Vorort.
Ein blasser junger Polizeibeamter brachte gerade ein Absperrband zwischen den dünnen Bäumen im Vorgarten an.
»Du kannst da nicht reingehen!«, schnauzte er Gunna an, als sie unter dem Absperrband hindurchtauchen wollte.
»Dezernat für Gewaltverbrechen«, blaffte Gunna zurück. Es würde noch eine Weile dauern, bis sie sich daran gewöhnt hatte, keine Uniform mehr zu tragen.
»Sie sind in der Garage neben dem Haus«, erklärte er ihr. »Es ist kein schöner Anblick«, fügte er hinzu und schüttelte den Kopf.
»Danke. Damit habe ich auch nicht gerechnet. Wer ist bisher vor Ort?«
»Feuerwehr und Rettungsdienst.«
»Das
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