Kalter Trost: Island-Krimi (German Edition)
hier?«
»Fünfzehn Jahre«, sagte Justyna, steckte sich eine Zigarette an und lehnte sich an einen Schrank. Gunna betrachtete die müde Frau, die ihren Blick erwiderte. »Ich untersuche den Tod von Svana Geirs. Ist es richtig, dass du in ihrer Wohnung sauber gemacht hast?«
Justyna nickte.
»Wann warst du zum letzten Mal dort?«
»Ich putze jede Woche. Also eine Woche, bevor sie starb.«
»Warst du immer am gleichen Tag in der Wohnung?«
»Ja. Immer gleicher Tag, aber nicht gleiche Zeit. Manchmal morgens, manchmal später. Habe nie geputzt, wenn Besuch da war.« Justyna drückte ihre Zigarette auf einem Unterteller aus und fummelte an der Zigarettenpackung herum.
»Handelt es sich um eine private Vereinbarung?«
»Über Firma. Sie sagen, wann. Meistens habe ich geputzt, wenn niemand da war. Zwei-, dreimal war sie zu Hause. Nicht öfter.«
»Wie heißt die Firma?«
»Reindeer Hygiene. Sie machen viele Häuser sauber, Wohnungen, Büros. Aber ich glaube, Geschäfte gehen schlecht.«
»Arbeitest du oft für diese Firma?«
»Früher jeden Tag. Sogar sonntags. Jetzt zwei, drei Tage in der Woche.«
»Hast du noch eine andere Stelle?«, wollte Gunna wissen.
»Arbeit, Arbeit, immer Arbeit«, erwiderte Justyna stirnrunzelnd, sodass sich das Netz von Fältchen rund um ihre Augen noch deutlicher abzeichnete. »Teenager ist teuer, kein Unterhalt. Zwei, drei Tage Häuser putzen, ein, vielleicht zwei Tage putze ich in Hotel.«
»Und was nähst du?«
»Extra Arbeit, keine Schwarzarbeit«, fügte Justyna eilig hinzu. »Zelte, repariere sie, bevor der Sommer kommt. Zelt-Firma vermietet sie an Touristen.«
»Gut, es interessiert mich nicht, ob du schwarzarbeitest oder nicht. Ich bin wegen Svana Geirs hier. Hast du je mit ihr gesprochen?«
»Nur an erstem Arbeitstag. Sie hat mir alles gezeigt.«
»Okay. Erzähl mir etwas über ihre Wohnung. War sie normalerweise sauber?«
Justyna überlegte. »Ich sehe viele Häuser, von viele Leute. Svanas Wohnung …« Sie zuckte mit den Schultern. »Okay, so wie bei anderen Leuten. Wenn zu faul, selbst sauber machen … es ist nicht schwierig.«
Erneut zuckte sie mit den Schultern und sah sich in der winzigen, aber makellos sauberen Küche um. »Hier sollte mehr sauber sein. Ist nicht einfach mit Teenager.«
»Wem sagst du das!«, pflichtete Gunna ihr bei. »Ich habe gleich zwei davon. Lass uns noch mal über Svanas Wohnung sprechen. Ist dir etwas Ungewöhnliches aufgefallen?«
»Nichts Besonderes. Ich sehe viele komische Dinge in Häusern. Svana hatte viele Freunde. Oder ein Freund kam oft. Ich habe immer das Bett neu gemacht und zum Waschen mitgenommen. Immer sehr schmutzig, Flecken von Getränk und Essen, und auch andere Flecken«, erzählte Justyna und verzog missbilligend den Mund. »Auch Bettspielzeug, lag auf dem Bett. Ich habe es aufgeräumt.«
»Also hast du die ganze Wohnung sauber gemacht.«
»Ja, oben bis unten. Jede Woche.«
»Hast du alles feucht gewischt?«
»Alles.«
»Immer gleich?«
»Immer gleich. Erst Küche, dann Bad. Dann kam Wohnzimmer, Schlafzimmer und Flur zum Schluss. Alles abgewischt und Staub gesaugt.«
»Und was du beschrieben hast, war das oft so? Die Bettwäsche, das Spielzeug und so weiter?«
»Ich denke schon. Viele leere Flaschen, viele Getränke. Kein Essen, nur zum Mitnehmen. Pizza und so. Aber Whiskey, Wodka, Gin, Wein, immer viele Flaschen zum Wegwerfen. Auch im Badezimmer gab es viele leere Packungen.«
Gunna zog eine Augenbraue hoch, und Justyna formte mit Daumen und Zeigefinger einen Kreis, in den sie den Zeigefinger der anderen Hand stieß, um ein Kondom zu beschreiben.
»Auch Make-up, viel Make-up, Haarfärbemittel und andere Sachen, um jünger auszusehen. Das ist alles Unsinn. Gut schlafen und gut essen, du siehst jünger aus.«
»Hast du einen Wohnungsschlüssel?«, fragte Gunna.
»Schlüssel ist bei der Firma. Wir holen Schlüssel ab, jeden Tag. Wir unterschreiben und geben nach der Arbeit wieder ab.«
»Was ist mit dem Code für die Alarmanlage?«
»Jede Woche anders. Firma gibt mir Code.«
»An dem Tag, an dem du Svana gefunden hast, hattest du da auch den Code?«
»Ja, ich habe Code und Schlüssel, aber es war alles offen.«
»Das heißt, du kommst nur ins Haus, wenn du auch an dem Tag dort sauber machst?«
»Nein. Nur, wenn Code nicht geändert, aber immer noch keinen Schlüssel.«
»Ich verstehe«, sagte Gunna und dachte darüber nach, welche Möglichkeiten für Betrügereien ein derartiges Arrangement bot.
Weitere Kostenlose Bücher