Kalter Trost: Island-Krimi (German Edition)
wegen rechtswidriger Entlassungen.«
»Was für ein Geschäft hat sie?«
»Es ist sehr schick und absolut in. Ich bin überrascht, dass du es nicht kennst. Es ist ein Restaurant und heißt ForEver .«
Gunna überhörte die Anspielung.
»Zufällig war ich schon dort«, erwiderte sie ruhig. »Wer führt den Laden? Ich nehme an, dass deine Frau dort nicht als Kellnerin arbeitet.«
Bjartmar unterdrückte ein Gähnen. »Ich weiß es nicht. Zuletzt hatte sie eine Managerin, aber es kann natürlich gut sein, dass sie schon nicht mehr da ist. Der Küchenchef ist derjenige, der den Laden in Schwung hält. Er ist der Einzige, den Unnur nicht zu oft verärgern will.«
»Wann hast du Unnur zuletzt gesehen?«, wollte Gunna wissen.
»Vorletzte Woche. Bevor ich in die Vereinigten Staaten geflogen bin.«
»Ist dir irgendetwas Ungewöhnliches an ihr aufgefallen? War etwas anders als sonst?«
Bjartmar verzog den Mund zu einem Lächeln, das seine Augen nicht erreichte. »Du meinst, abgesehen von dem Joghurt, den sie nach mir geworfen hat? Nein, ich glaube nicht. Ich habe gehört, wie der Becher gegen die Tür geprallt ist, als ich sie zumachte. Ich nehme an, sie hat es dem Thai-Mädchen überlassen, die Schweinerei zu beseitigen.«
»Willst du damit sagen, dass ihr kein gutes Verhältnis habt, deine Frau und du?«
»Meine Frau und ich haben seit Monaten überhaupt kein Verhältnis mehr. Jeder führt sein eigenes Leben. Wenn wir uns begegnen, streiten wir in der Regel oder sie fordert mehr Geld von mir, um ihr Restaurant ein bisschen länger über Wasser halten zu können. Abgesehen davon ist alles wunderbar«, sagte er, und Bitterkeit schwang in seiner Stimme mit. »Hör mal, ich weiß nicht, ob du verheiratet bist oder nicht. Aber unsere Ehe ist am Ende. Wir sind fast zehn Jahre zusammen und haben einen Punkt erreicht, an dem wir uns nicht mehr mögen. Das kommt vor.«
»Das stimmt«, sagte Gunna in neutralem Ton und machte sich schnell einige Notizen auf ihrem Block.
»Bist du es?«, fragte Bjartmar gedehnt.
»Bin ich was?«
»Verheiratet? Oder in einer Beziehung?«
»Nicht mehr,« antwortete Gunna nach einer kleinen Pause.
Bjartmar lehnte sich zurück und nahm sein iPhone in die Hand.
»Siehst du, es kommt vor«, sagte er. »Du hast ihn verlassen, stimmt’s? Oder war es andersherum? Oder vielleicht war es ja auch eine Sie?« Er grinste anzüglich.
»Er ist verstorben«, entgegnete Gunna scharf. »Könnten wir jetzt vielleicht fortfahren?«
***
Hrafn Kristjánsson sagte nichts, als er mit dem schweigenden und ängstlichen Diddi neben sich in die Stadt fuhr. Es gab jede Menge, was er gerne losgeworden wäre, aber er behielt es für sich. Er hätte seine Wut nicht unterdrücken können, seine Wut auf die Leute, die seinen Sohn hereingelegt hatten.
Diddi starrte aus dem Fenster auf die vorbeifliegenden Straßenlaternen und wusste tief im Inneren, dass von nun an nichts mehr so sein würde, wie es einmal war. Die Menschen, die er für seine Freunde gehalten hatte, hatten ihn auf üble Weise im Stich gelassen. Er hatte Männer wie den langen Ómar Magnússon gefürchtet und bewundert. Männer, die ihren eigenen Weg gingen und taten, wozu sie Lust hatten, ohne sich um Vorschriften und Regeln zu scheren.
Ommi hatte nur die Tasche mit dem Geld genommen und gegrinst. Er hatte ihm nicht lobend auf die Schulter geklopft, es hatte kein Gut gemacht, Diddi gegeben, obwohl er doch alles richtig gemacht hatte. Diddi hatte in der Ecke gesessen, während Ommi und der Mann, der das Auto gefahren hatte, das Geld unter sich aufteilten. Sie hatten Diddi ignoriert und nicht einmal bemerkt, dass er gegangen war. Zu Hause hatte dann mit ernster Miene sein Vater auf ihn gewartet.
Obwohl es schon kurz vor Mitternacht war, war vor dem Polizeipräsidium auf der Hverfisgata noch eine Menge los. Hrafn parkte den Wagen, schaltete den Motor aus und drehte sich zu seinem Sohn um.
»Dann komm«, sagte er nur, und Diddi stieg aus und atmete die kalte Nachtluft ein.
Der alte Mann nahm seinen Sohn am Arm, als sie die Stufen hinaufstiegen und das Gebäude betraten. Hrafn öffnete die Tür und sorgte dafür, dass sein Sohn zuerst hineinging.
Der Polizist im Empfangsraum sah auf und lächelte.
»Ich habe dich schon eine Weile nicht mehr gesehen, Kumpel«, fing er an, bis er sah, wie niedergeschlagen Vater und Sohn wirkten.
Er hob den Telefonhörer ab und wählte.
»Sævaldur? Ja, hier spricht Sigvaldi vom Empfang. Du solltest besser mal
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