Kalter Trost: Island-Krimi (German Edition)
Eiríkur?«
Eiríkur zögerte und warf einen Blick auf Helgis Skoda am Rand des Parkplatzes.
»Nun mach schon«, forderte Gunna ihn auf. »Ich bin auch schon mal mitgefahren, es ist gar nicht so schlimm.«
10. KAPITEL
Samstag, der Zwanzigste
Steini schnarchte voller Hingabe. Gunna lag wach und dachte, dass es sich beinahe wie eine Melodie anhörte. Es war ein merkwürdiges Gefühl, nach so langer Zeit wieder regelmäßig einen Mann im Bett zu haben. Das kleine Haus hatte dünne Wände, und sie gaben sich große Mühe, leise zu sein. Schließlich wussten sie nicht, ob Laufey im Zimmer nebenan schlief, wach war oder ohnehin nur das mitbekam, was aus ihren Kopfhörern drang. Steini bezeichnete ihre Musik scherzhaft als Pilzkopf-Musik .
Sie warf einen Blick auf den Wecker, der immer zehn Minuten vorging, und sah, dass er bald klingeln würde. Sie schwang die Beine aus dem Bett und fröstelte, als ihre Füße auf den kalten Fliesen landeten. Sie schlüpfte in ihren abgenutzten Bademantel und ging ins Bad, um zu duschen.
Der Kaffeeduft lockte auch Steini in die Küche. Er hatte sich ein Handtuch um die Hüften geschlungen und sah Gunna verschlafen an.
»Guten Morgen.« Er lächelte sie an. »Bist du schon lange auf?«
»Lange genug, um zu duschen und Kaffee aufzusetzen. Hast du gut geschlafen?«
Er setzte sich auf einen Barhocker und griff nach einem Kaffeebecher.
»Heute in Uniform?«, fragte er und bewunderte Gunnas schwarzes Uniformhemd.
»Ja, wir haben heute wieder einige Vernehmungen, eine Uniform wirkt förmlicher und macht mehr Eindruck. Außerdem erleichtert es mir die Entscheidung.«
»Die Uniform steht dir gut. Bei mir war es genauso. Als ich bei der Küstenwache aufgehört habe, hat es Monate gedauert, bis ich mich wieder an normale Kleidung gewöhnt hatte«, sagte Steini, sprang vom Hocker und öffnete den Kühlschrank, um Milch zu holen. Dabei löste sich das Handtuch, und er stand plötzlich nackt mit einer Tüte Milch in der Hand da.
»Apropos Kleidung«, sagte Gunna mit einem amüsierten Lächeln, »es gefällt mir, einen nackten Mann in der Küche zu haben, aber trotzdem muss ich Laufey jetzt aus dem Bett holen. Vielleicht wäre es eine gute Idee, wenn du dir etwas überziehen würdest, um dem armen Mädchen nicht einen Schock fürs Leben zu versetzen.«
»Na gut. Das sollten wir natürlich nicht riskieren«, antwortete er, hob das Handtuch auf und verschwand im Schlafzimmer, um sich anzuziehen.
»Laufey! Laufey Oddbjörg Ragnarsdóttir!«, rief Gunna und klopfte an die Zimmertür. »Bist du wach? Ich fahre in einer halben Stunde. Wenn ich dich zum Basketball mitnehmen soll, musst du dich beeilen.«
Zuerst war nur ein leises Stöhnen zu hören, aber es dauerte nicht lange, bis Laufey auftauchte.
»Hallo, Schätzchen.« Gunna lächelte.
»Was?«, erwiderte Laufey gereizt.
»Guten Morgen.«
»Oh. Ja«, knurrte Laufey und verzog sich ins Badezimmer. Dabei schloss sie die Tür kraftvoller als nötig.
»Geht’s ihr gut?«, fragte Steini. Er trug Jeans, war barfuß und knöpfte gerade sein Karohemd zu.
»Ich hoffe es«, entgegnete Gunna besorgt. »Vielleicht hat sie nur ihre Tage. Mal sehen, ob ich was aus ihr herausbekommen kann.«
Sie musste nicht lange bohren.
»Ist er dein Freund?«, fragte Laufey, als sie auf die Hauptstraße einbogen. Nachdem sie zwanzig Minuten geschwiegen hatte, klang ihre Stimme heiser.
»Ja, das ist er wohl«, erwiderte Gunna. Sie gab sich Mühe, ruhig und gelassen zu klingen, obwohl sie nervös war. »Ist das ein Problem für dich, Schätzchen?«
»Nein«, antwortete Laufey. Sie hob den Kopf und blickte demonstrativ aus dem Fenster auf die zerklüfteten Lavafelder, die sich landeinwärts neben der neuen, zweispurigen Schnellstraße nach Reykjavík erstreckten. Auf der anderen Seite nagte in der Ferne der aufgewühlte Ozean an den schwarzen Felsen der Küste und erinnerte Gunna daran, dass sich ihr Sohn Gísli bei diesem Wetter auf See befand.
»Hast du keinen Freund?«, fragte Gunna schließlich sanft, nachdem sie sich zum wiederholten Male gesagt hatte, dass Gísli auf seinem großen Schiff in Sicherheit war und sie sich keine Sorgen machen musste.
»Vielleicht. Aber ich schlafe nicht mit ihm.«
»Laufey, hast du etwas gegen Steini?«
»Mum! Er ist alt, richtig alt! Viel älter als du!«
Gunna drosselte das Tempo, bis sie wieder die erlaubte Geschwindigkeit fuhr. Ein leuchtend roter Wagen brauste an ihr vorbei und schleuderte eine Wasserfontäne auf
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