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Kaltes Blut

Kaltes Blut

Titel: Kaltes Blut Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andreas Franz
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immer alles«, sagte sie bissig. »Und wer weiß, vielleicht erzähl ich ihnen bei passender Gelegenheit ja selbst, was wir für einen Mist gebaut haben. Flucht nach vorn nennt man das.«
    »Emily, mach keinen Fehler. Du könntest es bitter bereuen. Nein, du wirst es bitter bereuen.« Helena merkte, dass sie einen Schritt zu weit gegangen war, ihr Ton wurde mit einem Mal versöhnlicher, sie lächelte entschuldigend und fuhr fort: »Hör zu, keiner wird je rauskriegen, was wir machen. Es ist unser Geheimnis und wird es auch immer bleiben. Wir müssen nur zusammenhalten. Wir kennen uns doch schon eine Ewigkeit. Und was ich ebengesagt habe, habe ich nicht so gemeint, ehrlich. Und wenn du dir sicher bist, dass sie nicht von der Polizei ist, dann vertrau ich auf deine gute Menschenkenntnis. Komm, lass uns vergessen, was gerade gewesen ist. Ich hab einfach einen schlechten Tag erwischt und möchte mich entschuldigen. Was ist? Mach wieder ein freundliches Gesicht, ich mag nicht, wenn du so traurig aussiehst. Wir haben Selina verloren und können nichts mehr daran ändern. Und ihren Mörder wird man finden …«
    »Es ist gut, Helena. Ich muss noch kurz zu Sonja und dann nach Hause, mir geht’s nicht besonders.«
    »Was hast du?«
    »Meine Periode und rasende Kopfschmerzen, ich hab in letzter Zeit schlecht geschlafen«, log sie. »Dazu noch die Hitze …«
    »Aber wir bleiben doch Freundinnen?«
    »Klar«, antwortete Emily Gerber und dachte: Du kannst dir deine Freundschaft wer weiß wohin stecken. Verdammte Heuchlerin!
    »Eins muss ich dir unbedingt noch sagen. Dieser Hellmer und seine Kollegin waren vorhin bei uns. Sie haben sich bei Werner doch tatsächlich nach seinem Alibi für die fraglichen Nächte erkundigt. Haben die nichts Besseres zu tun, als uns zu behelligen? Wer immer das gemacht hat, muss doch nicht ganz richtig ticken!«
    Stimmt, ihr tickt alle drei nicht richtig, weder du noch Werner noch euer lieber Sohn.
    »Sicher. Aber das ist ihr Beruf. Sie haben auch mich und Andreas nach unseren Alibis gefragt.«
    Helena Malkow wollte gerade etwas erwidern, als wie aus dem Nichts ihr Sohn Thomas neben ihr stand, die Hände in den Hosentaschen vergraben.
    »Hallo«, druckste er herum, den Blick nur kurz auf Emily Gerber und dann zu Boden gerichtet. »Ich wollte nur mal wissen, ob es was zu tun gibt?«
    »Du siehst doch, dass wir uns gerade unterhalten! Warte bitte, bis wir fertig sind.«
    »Wir sind fertig, Helena. Thomas, druck mal bitte die komplette Mitgliederliste aus und steck sie in einen Umschlag und leg sie in den Ablagekorb. Dort ist auch eine neue Anmeldung, die eingegeben werden müsste. Und wenn du noch die Frankreichfahrt abrechnen könntest, wäre ich dir sehr dankbar, muss aber nicht unbedingt heute sein.«
    »Kein Problem«, sagte er mit einem seltenen Lächeln, das sein sonst so finsteres Gesicht überzog, »ich hab heute sowieso nichts weiter vor.«
    Als er außer Hörweite war, konnte sich Emily Gerber nicht verkneifen zu sagen: »Warum bist du immer so abweisend zu ihm? Was hat er dir getan?«
    »Ich und abweisend?«, entgegnete Helena Malkow mit Unschuldsmiene. »Ich bin doch nicht abweisend. Wir kommen sehr gut miteinander aus.«
    »Auf mich macht das aber einen anderen Eindruck. Du gibst ihm jedenfalls immer das Gefühl, als ob du ihn nicht magst. Dabei ist er doch dein Sohn.«
    »Ich liebe Thomas über alles, merk dir das! Und jetzt entschuldige mich, ich habe noch etwas zu erledigen. Und wenn deine … Kopfschmerzen … vorbei sind und du wieder klar denken kannst, sollten wir uns einmal in aller Ruhe über gewisse Dinge unterhalten.«
    Sie machte auf dem Absatz kehrt und verschwand in der Reithalle. Emily Gerber sah ihr hinterher, ihre Kiefer mahlten aufeinander, sie hasste in diesem Moment sich und das Leben. Sie hatte einen Fehler begangen, einen gravierenden Fehler, aber sie würde nicht zulassen, dass dadurch ihre gesamte Existenz zerstört wurde. Sie würde kämpfen, so wie schon ihr Vater eine Kämpfernatur war und vor Jahren, als seine Existenz ruiniert schien und keiner mehr einen Pfifferling darauf wetten wollte, dass er es noch mal schaffte, wie Phönix aus der Asche doch mit einem Mal wieder auftauchte und all jene Lügen strafte, die ihn abgeschrieben hatten. Sie würde sich an ihm ein Beispiel nehmen und aus den Fehlernder Vergangenheit lernen, so wie er es getan hatte. Und ein Schritt dazu war, noch heute mit ihrem Mann zu sprechen. Beichten. Vorausgesetzt, der Zeitpunkt war

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