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Kaltes Blut

Kaltes Blut

Titel: Kaltes Blut Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andreas Franz
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günstig.
    Sie ging zu Sonja Kaufmann, die mit Selinas Pferd Chopin sprach. Sie flüsterte ihm etwas ins Ohr, das niemand außer ihm hören konnte, und streichelte ihm ganz sanft über den Hals. Er schien sie zu verstehen, doch seine Augen schauten sie so unendlich traurig an, als wüsste er, dass er seine Selina nie mehr wiedersehen würde.
    »Hi«, sagte Emily Gerber leise und stellte sich neben Sonja Kaufmann. »Was ist mit ihm?«
    »Er trauert. Er hat es mir gesagt. Aber er wird darüber hinwegkommen. Ich werde ihn in den nächsten Tagen trösten«, antwortete sie, ohne ihren Blick von Chopin zu nehmen.
    »Sonja, ich muss mit dir reden.«
    »Schieß los.« Sie streichelte Chopin über den Hals und zwischen den Ohren und schaute ihn direkt an.
    »Die Polizei wird in den nächsten Tagen alle Mitglieder befragen und …«
    »Ich weiß, und das ist auch gut so. Aber das ist doch nicht alles, oder?«
    »Nein. Ich hatte eben einen heftigen Disput mit Helena.«
    »Du auch? Sie hat wohl einen sehr schlechten Tag erwischt. Muss am Mond liegen, oder sie hat ihre Tage. Worüber habt ihr denn gestritten?«
    »Sie will nicht aufhören, obwohl ich ihr das schon in Frankreich gesagt habe.«
    »Aber du willst es, und ich will es auch. Ich habe eingesehen, dass wir so nicht weitermachen können, es steht für uns alle viel zu viel auf dem Spiel. Doch Helena ist uneinsichtig, wie immer. Wir hatten vorhin das gleiche Thema, deshalb war ich so wütend. Was wirst du jetzt tun?«
    »Keine Ahnung. Aber danke, dass du auf meiner Seite bist. Wir müssen Helena davon überzeugen, dass …«
    »Vergiss es, sie wird dir gar nicht zuhören. Du musst dir etwas anderes einfallen lassen. Schmeiß sie raus.«
    »Und dann? Sie wird uns hintenrum fertig machen. Anonym. Und davor habe ich Angst.«
    »Das kann sie sich nicht leisten, sie würde nämlich selbst daran zugrunde gehen.«
    »Sonja, Helena ist unberechenbar. Und sie ist eine Masochistin. Ihr wäre es egal, ob sie mit draufgeht. Aber mir ist es nicht egal. Diesen Hof hat mir mein Vater geschenkt, und was habe ich daraus gemacht?!«
    »Der Hof läuft besser als je zuvor, und das ist vor allem dein Verdienst. Wir haben uns nur leider auf etwas eingelassen, das wir am Ende nicht mehr kontrollieren konnten. Wir wollten etwas ausprobieren und sind auf die Nase gefallen. Und das Schlimme ist, dass uns das erst so richtig zu Bewusstsein gekommen ist, nachdem wir von Selinas Tod gehört haben. Was hältst du eigentlich von der Theorie der Polizei, dass der Mörder auf dem Hof zu suchen ist?«
    »Ich halte es nicht mehr für ausgeschlossen. Ich frage mich nur die ganze Zeit, welches Motiv dahinter steckt. Ich sehe keins.«
    Sonja Kaufmann blickte Emily Gerber liebevoll an und meinte: »Ich sehe auch noch keines, aber mach dir keine Sorgen, es wird alles gut. Glaub mir. Und du bist und bleibst meine beste Freundin, ganz gleich, was auch passiert.«
    »Danke. Ich hoffe nur, Helena kommt noch zur Besinnung.«
    »Ich sag doch, es wird alles gut. Jetzt lass mich bitte noch einen Moment mit Chopin allein.«
    »Und ich fahre nach Hause, ich muss den Kopf frei bekommen. Wir sehen uns morgen.«
    »Tschüs und mach dir nicht allzu viele Gedanken. Sie blockieren dich nur. Der Energiefluss gerät dadurch durcheinander, und du siehst schon jetzt sehr mitgenommen aus. Gib dir nicht die Schuld an Selinas Tod, du hast sie weder umgebracht noch dem Mörder in die Hände gespielt. Denk dran, dich trifft keine Schuld.Da draußen läuft ein Psychopath herum, und du weißt, dass Wahnsinnige nicht berechenbar sind. Und jetzt geh und befrei dich von deinen Schuldgefühlen.«
    »Ich habe keine Schuldgefühle«, verteidigte sich Emily Gerber.
    »Ich spüre doch die Schwingungen. Du solltest dich sehen, wie ich dich sehe. Meditiere oder lies ein gutes Buch. Das hilft.«
    »Wie kommt es eigentlich, dass du mich immer durchschaust?«
    »Du könntest es auch, aber du bist blockiert. Das heißt, dein inneres Auge ist es. Warum fragst du nicht Andreas, ob er dir hilft, die Blockaden zu lösen? Er sieht mindestens genauso viel wie ich. Und jetzt hau schon ab.«
    Emily Gerber begab sich zu ihrem Auto, drehte den Zündschlüssel und fuhr los. Sie hielt an einer um diese Zeit einsamen Stelle zwischen Eddersheim und Okriftel, machte den Motor aus, legte die Stirn ans Lenkrad und weinte hemmungslos. Nach zwanzig Minuten hatte sie sich einigermaßen beruhigt, wischte sich die Tränen ab, schaute im Rückspiegel, ob die Schminke

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