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Kaltes Blut

Kaltes Blut

Titel: Kaltes Blut Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andreas Franz
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in den Knast gegangen. Und dieser Freund heißt entweder Achim Kaufmann oder Werner Malkow.«
    »Okay, lassen wir uns einfach überraschen, wobei mich eigentlich gar nichts mehr überraschen kann.« Sie stand auf, ließ die Papiere einfach auf dem Schreibtisch liegen und nahm ihre Tasche von der Stuhllehne. »Gehen wir, ich bin hundemüde und kann keinen klaren Gedanken mehr fassen. Bis morgen.«

Mittwoch, 0.01 Uhr
    Emily Gerber parkte direkt vor dem Haus in Kelkheim, das von einem großzügigen Grundstück umrahmt war. Die Rollläden waren alle heruntergelassen, die Straßenlaternen spendeten diffusesLicht, das Garagentor stand offen, sie sah Helenas Mercedes. Sie hatte ein ungutes Gefühl in der Magengegend, als sie auf die Klingel drückte und wartete. Sie klingelte ein weiteres Mal und überlegte, ob sie einfach durch die Garage ins Haus gehen sollte. Geh, sagte sie zu sich selbst und befahl sich, die Angst zu unterdrücken, ging in die Garage, warf einen Blick ins Wageninnere und betrat durch die unverschlossene Tür das Haus. Das Licht in der Küche brannte, ein schwacher Lichtschein aus dem Schlafzimmer, dessen Tür angelehnt war.
    »Helena?«, rief sie zaghaft. Eine schreckliche Ahnung überfiel sie, sie dachte wieder an die Worte von Julia Durant, dass jeder von ihnen potenziell gefährdet sei. Sie hatte Angst, ein Eisenring legte sich um ihre Brust, sie spürte ihr Herz bis in die Schläfen pochen. Es lag ein merkwürdiger Geruch in der Luft, den sie erst wahrnahm, als sie noch ein paar Schritte weiter in die Wohnung machte.
    »Helena, bist du da?« Keine Antwort, nur gespenstische Stille. Sie dachte daran, kehrtzumachen und wieder heimzufahren, es war ihr zu unheimlich in diesem Haus. Helenas Auto in der Garage, die Tür offen, das Licht an. Sie schluckte, mahnte sich zur Ruhe und warf zuerst einen Blick in die Küche und sah die Glasscherben auf dem Boden und ein paar Blutstropfen. Ihr stockte kurz der Atem, sie wandte sich ab und machte das Licht im Wohnbereich an, in dem sich niemand aufhielt. Wie ein Roboter bewegte sie sich auf das Schlafzimmer zu, verharrte einen Moment mit geschlossenen Augen, atmete zweimal tief ein und wieder aus, bevor sie die Tür mit den Fingerspitzen aufstieß.
    Helena lag auf dem Bett, die Arme und Beine an die Bettpfosten gekettet, die Augen weit aufgerissen, der Oberkörper voller Blut. Nicht schreien, sagte sie zu sich selbst, Emily Gerber, du wirst nicht schreien. Sie blieb in der Tür stehen, nahm das grausige Bild in sich auf, die blutüberströmte Frau, die Handschellen, die gespreizten Beine, der schwarze Dildo in ihrerVagina, schwarzer Stoff in ihrem Mund. Wie in Trance holte sie ihr Handy aus der Tasche und tippte die Nummer von zu Hause ein. Sie musste es mindestens fünfzehnmal klingeln lassen, bis abgenommen wurde und ihr Mann sich mit müder Stimme meldete.
    »Andreas, ich bin hier bei Helena. Komm bitte her, ganz schnell. Sie ist tot.«
    »Was?«, fragte er mit einem Mal hellwach. »Helena ist tot? Du musst die Polizei rufen. Oder am besten Frau Durant, die ist doch zuständig.«
    »Ich hab ihre Nummer nicht dabei. Ihre Karte hängt an der Pinnwand. Ruf du sie bitte an. Du kennst doch das Haus in Kelkheim, oder?«
    »Nein, woher denn. Welche Straße?«
    Sie nannte die Straße und beschrieb den Weg.
    »Ich sag Frau Durant Bescheid. Wie geht es dir?«
    »Ich hab so was noch nie gesehen. Ich muss raus hier. Sag ihr, sie soll sich bitte beeilen, ich warte im Auto. Ich hab solch schreckliche Angst.«
    »Emily, verschwinde aus dem Haus, mach, dass du ins Auto kommst.«
    »Ich liebe dich und …«
    »Ich dich auch. Frau Durant oder ihre Kollegen werden bald da sein. Ich ruf dich gleich noch mal an.«
    Sie drückte auf die Aus-Taste und steckte das Handy wieder in die Tasche. Ein letzter Blick auf Helena, dann rannte sie auf die Straße, setzte sich in ihren BMW und verriegelte die Tür. Ihr war schwindlig, sie legte die Stirn auf das Lenkrad, das sie mit beiden Händen fest umklammert hielt. Allmählich beruhigte sie sich, sie setzte sich zurück, den Kopf an die Nackenstütze gelehnt. Ein paar Jugendliche kamen lachend vorbei, machten Scherze, sie konnten ja nicht ahnen, was in dem Haus, das sie gerade passierten, vorgefallen war. Ich kann nicht einmal weinen, dachte Emily. Warum kann ich nicht weinen?

Mittwoch, 0.11 Uhr
    Julia Durant hatte, nachdem sie in ihrer Wohnung war, eine Dose Bier getrunken und sich im Bad schnell abgeduscht und die Zähne geputzt. Leichte

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