Kaltes Blut
auf Malkow ein?«
»Als wir ihn nach seinem Alibi fragten, wo er in der Zeit war, als Selina und Mischner ermordet wurden, haben er und seine Frau lediglich behauptet, er sei zu Hause gewesen und habe geschlafen beziehungsweise tagsüber gearbeitet. Wir müssen das nachprüfen. Die Malkow muss sein Alibi bestätigen, und zwar zeitlich sehr detailliert. Und sollten die Malkows in getrennten Zimmern schlafen, woher will sie dann wissen, wo sich ihr Mann nachts rumtreibt?«
»Das Gleiche sollten wir dann aber auch bei Kaufmann machen«, bemerkte Hellmer. »Nur zur Sicherheit.«
»Okay, kommen wir zum nächsten Punkt – religiöser Spinner? Können wir nicht beurteilen.
Kann eine Sache nicht zu Ende bringen? Ich habe hier stehen Schule, Ausbildung, Studium et cetera. Auch dazu wissen wir zu wenig über die betreffenden Personen. Obwohl, Malkow ist Chemiker, Kaufmann Klimaforscher.
Mordet nicht in seinem Haus? Wo dann? Wer besitzt mehr als ein Haus? Ich weiß von der Gerber nur, dass die Malkow angeblich eine der reichsten Frauen in der Gegend ist und ihr etliche Häuser und Grundstücke im Rhein-Main-Gebiet gehören. Damit wären wir wieder bei Malkow. Sie ist eine Lesbe, er liebt sie trotzdem, sie weist ihn aber zurück, ebenso wie sein Sohn, dazu kommtdas große Geld seiner Frau, während er in Anführungsstrichen nur ein Chemiker ist. Ich denke, die Schlinge zieht sich immer fester um seinen Hals.«
»Und vergessen wir nicht die außergewöhnlich guten Ortskenntnisse. Er kennt mit Sicherheit jeden Winkel in Hattersheim und Umgebung.«
Durant schüttelte zweifelnd den Kopf. »Kaufmann aber auch. Als wir ihn auf den Baggersee angesprochen haben, hat er uns einen kleinen Vortrag gehalten, wie schon über seine Arbeit. Er will im Mittelpunkt stehen. Er hat sogar alle Wetterstatistiken akribisch geordnet zu Hause. Warum zu Hause? Es reicht doch, wenn er den ganzen Kram im Büro hat. Und er ist ein Okrifteler Urgestein, wie er selbst sagt. Das heißt, seine Ortskenntnisse sind vielleicht noch besser als die von Malkow. Wenn ich’s mir recht überlege, wissen wir von den beiden so gut wie gar nichts, außer, dass etliche Punkte auf beide zutreffen. Ich würde inzwischen wetten, dass einer von beiden unser Kandidat ist. Beide sind regelmäßig auf dem Hof anzutreffen, beide kennen sicher auch die meisten Mitglieder, und beide haben Frauen, die ihren lesbischen Neigungen nachgehen. Es kann nur einer von den beiden sein. Aber welcher?«
»Malkow«, sagte Hellmer lakonisch und zündete sich eine Zigarette an, lehnte sich zurück und legte die Beine auf den Tisch. »Im Moment spricht mehr gegen ihn als gegen Kaufmann. Kaufmann mag zwar sehr redselig sein und auch sehr ordnungsliebend, aber die Familienverhältnisse und der psychische und emotionale Druck, dem Malkow die ganze Zeit über ausgesetzt ist, machen ihn für mich zum Favoriten. Ich lass mich aber gerne vom Gegenteil überzeugen.«
»Sagst du das, weil du ihn für einen Kotzbrocken hältst?«, fragte Durant.
»Damit, liebste Julia, würdest du mir unterstellen, persönlich etwas gegen ihn zu haben. Stimmt aber nicht. Für mich zählen nur Fakten, und die sprechen eine eindeutige Sprache. Was wissen wirzum Beispiel über seine Arbeit? Gut, er arbeitet als Chemiker bei Aventis. Was macht er dort? Er nennt sich vielleicht Chemiker, in Wirklichkeit ist er womöglich nur einer unter vielen Laboranten, der täglich irgendwelche Routinearbeiten erledigen muss und sich völlig unterbewertet fühlt. Seine Frau hat das große Geld, er ist nur ein Anhängsel, und sie lässt ihn das Tag für Tag spüren, genau wie sein Sohn.«
»Dann können wir auch Kaufmann wieder einbeziehen. Wissen wir denn wirklich, ob seine Ehe intakt ist, was er genau als Klimaforscher macht, ob er unglücklich ist oder einem besonderen psychischen und/oder emotionalen Druck ausgesetzt ist? Wie schon gesagt, wir wissen im Augenblick noch gar nichts, aber wir werden es herausfinden. Die Vita von beiden muss gleich morgen früh überprüft werden, von der Geburt bis jetzt. Und zwar lückenlos. Und die Alibis für die jeweiligen Tatzeiten natürlich auch. Kaufmann oder Malkow, das ist hier die Frage. Blöd wäre nur, wenn wir uns auf die beiden konzentrieren und in Wirklichkeit ist es ein völlig anderer, der bisher noch gar nicht in Erscheinung getreten ist.«
»Es ist einer von beiden«, sagte Hellmer gelassen. »Denk an Mischner. Er hat seinen Freund auf dem Hof kennen gelernt und ist für ihn
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