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Kaltes Blut

Kaltes Blut

Titel: Kaltes Blut Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andreas Franz
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mit der häuslichen Umgebung nicht zurechtkommen. Streit mit den Eltern, oder die Geschwister nerven, es gibt tausend Gründe, weshalb jemand plötzlich das Weite sucht.«
    »Selina ist nicht abgehauen, dazu kenne ich sie viel zu gut. Außerdem ist sie die Letzte, die zu Hause Probleme hat. Sie hat tolle Eltern, ich glaube, solche Eltern wünscht sich so ziemlich jeder.« Julia Durant registrierte den leicht bitteren Unterton, ging aber auch darauf nicht weiter ein.
    »Hat sie oft von zu Hause erzählt?«
    »Ja, und immer nur das Beste. Wenn ich da war, dann«, sie zuckte ein paarmal mit den Schultern, »na ja, dann habe ich mich einfach wohl gefühlt. Ich glaube, ihr ist irgendwas ganz Schlimmes zugestoßen. Selina würde nicht einfach so abhauen. Sie hätte nie einen Grund gehabt.«
    »Es gab also keine Hinweise oder Andeutungen, dass sie vorhatte, wegzugehen?«
    »Nein, überhaupt keine, ehrlich.«
    »Sag mal, wenn du in den Reitclub fährst, nimmst du dann auch das Fahrrad?«
    »Wenn das Wetter einigermaßen ist, klar. Selina, Miriam, Katrin und ich sind oft zusammen gefahren.«
    »Und welchen Weg nehmt ihr normalerweise?«
    »Hinten durch die Märchensiedlung, am Baggersee entlang direkt nach Eddersheim.«
    »Und zurück auch immer denselben Weg?«
    »Ja.«
    »Macht ihr auch manchmal einen Umweg über den Spielplatz?«
    »Meinen Sie den hier vorne, wo Selina wohnt?«
    »Ich denke, wir sprechen vom selben Spielplatz.«
    »Nee. Außerdem, warum sollte Selina nach dem Reiten noch mal am Spielplatz vorbeifahren, sie wohnt doch viel weiter vorne. Warum wollen Sie das wissen?«
    »Weil Selina zuletzt dort gesehen wurde, und zwar allein.«
    »Was?«, fragte Nathalie erstaunt und veränderte ihre Haltung, indem sie sich aufrecht hinsetzte, den Blick auf ihre Finger gerichtet und kaum merklich den Kopf bewegte. »Das verstehe ich nicht. Das hat sie sonst doch auch nicht gemacht. Also, ich versteh’s wirklich nicht.«
    »Wir auch nicht. Noch nicht. Ihr habt also nie diesen Umweg gemacht?«
    »Nein.«
    »Und ihr seid normalerweise auch immer zusammen wieder nach Hause gefahren, Selina, du, Miriam und Katrin?«
    »Genau. Na ja, nicht immer, wir waren ja auch nicht immer gleichzeitig zum Reiten. Aber wenn wir zusammen gefahren sind …«
    »Gut, dann halten wir also fest: Selina hat keinen Freund, zu Hause gab es keine Probleme, und sie ist vom Reiten auch immer direkt nach Hause gefahren, aber nie allein. Das ist doch richtig so?«
    »Ja …«, sie zögerte, verengte die Augen und fuhr fort: »Moment,sie ist doch schon zwei- oder dreimal allein gefahren, und zwar direkt nach dem Reiten, weil sie angeblich dringend nach Hause musste, um noch was für Mathe zu lernen oder irgendwas anderes zu machen. Das eine Mal mit dem Mathelernen war auch irgendwie logisch, denn wir hatten am nächsten Tag unsere letzte Mathearbeit vor den Ferien. Wir haben noch gesagt, wir würden mitkommen, aber sie wollte unbedingt allein fahren. Ja, es war noch zweimal, da hat sie auch allein fahren wollen. Aber ich hab mir keine Gedanken darüber gemacht.«
    »Und es gab wirklich keine Anzeichen für irgendwelche Probleme?«
    »Keine, ich schwöre es. Und ich kenne Selina jetzt schon, seit wir zusammen auf die Heinrich-Böll-Schule gehen. Wir haben uns immer alles erzählt.«
    »Was ist mit Drogen, Alkohol und so weiter?«
    »Selina?!«, fragte sie, und es klang, als hätte man sie gefragt, ob Selina auf den Strich gehe. »Im Leben nicht! Wir hatten mal eine gemeinsame Freundin, die mit so’m Scheiß angefangen hat und nicht mehr davon losgekommen ist. Selina hat das eine kurze Zeit mitgemacht, ich meine, sie hat zugeschaut, sie hat Maren aber auch vor den Folgen gewarnt, doch Maren wollte nicht auf sie hören. Dann hat sie den Kontakt abgebrochen.«
    »Und du?«
    »Ich nehm so was auch nicht«, sagte sie ernst.
    »Wirklich nicht?«, hakte Durant nach.
    »Ich schwöre es. Ich hab’s zwar mal probiert, aber Selina hat nur gemeint, ich soll gar nicht erst damit anfangen, sonst wäre sie nicht mehr meine Freundin. Ich hab’s dann sein lassen.«
    »Gibt es irgendjemanden, der etwas gegen Selina hat? Irgendein Typ vielleicht?«
    »Keine Ahnung. Mir fällt keiner ein. Es gibt zwar immer welche, die hinter ihr her sind, aber die kenne ich alle und … Nee, die sind alle okay, auch wenn sie ab und zu tierisch stressen. Wie Jungs halt so sind.«
    Julia Durant musste unwillkürlich grinsen. »Kannst du uns ein paar Namen von Jungs oder auch Männern nennen,

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