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Kaltes Blut

Kaltes Blut

Titel: Kaltes Blut Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andreas Franz
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sein, dass es einem die andern nicht zu schwer machen, wenn Sie verstehen, was ich meine.«
    »Nicht ganz, aber wenn ich so alt bin wie Sie, vielleicht dann.«
    »Frau Durant, ich bewundere jeden Tag aufs Neue Ihren unwiderstehlichen Charme. Ich kenne jedenfalls keine Frau, die Charme und Sarkasmus so blendend miteinander zu kombinieren versteht.«
    »Danke für das Kompliment«, erwiderte sie grinsend, »und übrigens, das mit dem Alter war nicht despektierlich gemeint. Die Weisheit kommt eben erst mit den Jahren, und da sind Sie mir um Längen voraus. Aber ich bin lernfähig. Also, hoffen wir aufs Glück. Schönen Tag noch.«
    Kullmer schloss die Tür, und Doris Seidel sagte: »Du meine Güte, ihr habt ja echt ein tolles Verhältnis.«
    »Wer, Berger und ich?«
    »Wenn ich in Köln so mit meinem Chef gesprochen hätte, ich wäre hochkant aus dem Büro geflogen. Das ist ein echter Kotzbrocken.«
    »Wir arbeiten jetzt seit sechs Jahren zusammen, und wir respektieren uns. Du warst noch nicht dabei, wenn wir uns bekriegt haben. Manchmal fliegen auch die Fetzen.«
    »Das möchte ich zu gerne erleben. Und die Versöhnung, wie ist die?«, fragte sie spitzbübisch grinsend.
    »Ich kann dir sagen«, mischte sich jetzt Kullmer ein, »vom Allerfeinsten. Wenn die sich versöhnen, mein lieber Scholli …«
    »Ist gut jetzt. Macht euch ab nach Eddersheim und keinen Stopp in einem einsamen Waldstück so zwischendurch.«
    »Liebste Julia«, erwiderte Kullmer, »selbst wenn, wir würden dir das nie verraten.«
    »Haut ab. Und ich will nachher einen detaillierten Bericht. Lückenlos, versteht sich.«
    »Wie befohlen.«
    Hellmer hatte das Geplänkel sichtlich amüsiert mit angehört und stand am Lancia.
    »Du bist heute so richtig gut drauf«, sagte er. »Möchte wissen, ob das so weitergeht.«
    »Du wirst es herausfinden«, entgegnete sie nur. »Und jetzt los.«

Freitag, 9.15 Uhr
    Als Hellmer den Dienstwagen in der Linsenberger Straße abstellte, fragte Julia Durant: »Wie heißt die Freundin, die wir jetzt besuchen?«
    »Nathalie Weishaupt. Hauptmannweg. Sind nur ein paar Schritte.«
    »Wir waren doch schon mal in dieser Ecke. Hat hier nicht Staatsanwalt, Moment, ich hab gerade einen Blackout …«
    »Anders. Tucholskyweg. Böse Geschichte damals …«
    »Okay, gehen wir.«
    Sie stiegen aus, Hellmer verriegelte die Türen mit der Fernbedienung. Sie kamen an eine hellgrün gestrichene Doppelhaushälfte, der winzige Vorgarten mit den Fleißigen Lieschen und Tränenden Herzen von einem niedrigen Holzzaun umgeben, die graue und die grüne Mülltonne standen wie mit dem Lineal gezogen nebeneinander. Vor der Garage ein anthrazitfarbener 5er BMW neueren Baujahrs, auf dem Dach wie bei fast allen Häusern die obligatorische Satellitenschüssel. In dem gegenüberliegenden Garten ein groß gewachsener älterer Mann, der mit Spezialschuhen seinen Rasen entlüftete, während seine Frau die Fenster im ersten Stock wienerte. Er sah kurz auf, widmete sich aber gleich wieder seiner wichtigen Arbeit. Sie gingen die drei Stufen hoch, Hellmer drückte den Klingelknopf.
    »Ja, bitte?«, fragte eine herbe weibliche Stimme durch die Sprechanlage.
    »Kriminalpolizei. Wir möchten zu Nathalie Weishaupt.«
    »Moment, bitte.«
    Eine sehr dünne, fast magersüchtig wirkende Frau mit eingefallenen Wangenknochen und tief in den Höhlen liegenden Augen öffnete ihnen. Obgleich sie höchstens Mitte dreißig war, sah ihre Haut unnatürlich weiß aus, die Adern an ihren Händen und Armen traten blau hervor, die Fingernägel waren kurz und brüchig. Sie trug ein hellblaues T-Shirt und eine eng geschnittene Jeans, die dennoch an ihren Beinen flatterte, ihre nackten Füße steckten in Sandalen.
    »Frau Weishaupt?«, fragte Durant.
    »Nein, Frau Weishaupt ist nicht zu Hause. Ich mache hier nur sauber. Zu wem, sagten Sie, möchten Sie?«, erwiderte sie mit einer tiefen Stimme, die in krassem Gegensatz zu ihrem Äußeren stand.
    »Zu Nathalie.«
    »Nathalie schläft noch.«
    »Dann wecken Sie sie bitte. Es ist wichtig.«
    »Ja, natürlich. Ihr Zimmer ist ganz oben, ich wecke sie. Sie können ruhig so lange ins Wohnzimmer gehen. Es wird aber einen Augenblick dauern.«
    »Das macht nichts.«
    Das Wohnzimmer war nicht einmal halb so groß wie das der Hellmers, aber geschmackvoll eingerichtet. Die Terrassentür stand offen, frische Luft von draußen erfüllte den ganzen Raum.
    »Was ist denn mit der los? Die brauchst du doch nur mal anzuhauchen, schon fällt sie um«, sagte

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