Kaltes Fieber - Ein Lucas-Davenport-Roman
übertrieben korrekt: »Zurück auf den Gehweg! Ich werde prüfen, ob Detective Sloan mit Ihnen sprechen will.«
»Warum verständigen Sie ihn nicht einfach, indem Sie zu ihm runterrufen?«, fragte Lucas freundlich. Ehe sie reagieren konnte, bellte er zum Flussufer hinunter: »HEY SLOAN!«
Die Polizistin richtete wütend ihren Zeigefinger auf sein Gesicht, aber Sloan rief zurück: »Lucas, komm her!«
Die junge Frau ließ den Zeigefinger zur Seite gleiten, wandte sich ab und ging davon, die Hände immer noch in
die Hüfte gestützt, die Schultern hochgezogen - letzter Versuch, die angeknackste Würde zu retten.
Man hatte einen tragbaren Honda-Generator auf der Straße aufgestellt, und schwarze Kabel ringelten sich hinunter zum Flussufer, wo eine Reihe Caterpillar-gelber Arbeitsleuchten auf Dreibeinen mit einigen tausend Watt die Leiche in grelles Licht tauchten. Man hatte sie noch nicht zugedeckt.
Lucas ging vorsichtig den Hang hinunter; das Gras war rutschig von aufgespültem Matsch. Nach sechs Metern sah er die Leiche hinter einem Kreis von Beinen, ein auf dem Gras ausgestrecktes rotweißes Etwas, auf dem Rücken liegend, die Arme zur Seite gestreckt, die Beine weit gespreizt, nackt wie am Tag der Geburt.
Lucas drängte sich durch den Kreis der Cops, Gesichter wandten sich ihm zu, und jemand sagte »Hey Chief«, und jemand anders klopfte ihm auf den Rücken. Sloan stand ein Stück tiefer am Hang. Er war ein Mann mit schmalem Gesicht und schmalen Schultern, und er trug einen langen Plastikregenmantel, Gummischuhe und einen zerknautschten Südwester-Hut mit aufgeklapptem Rand an einer Seite, der aus der hintersten Ecke seiner Garderobe zu stammen schien. Der Hut hielt ihm allerdings den Regen aus den Augen. Er sagte zu Lucas: »Schau dir diese verdammte Scheiße an.«
Lucas sah auf die Leiche hinunter und stöhnte: »Mein Gott!« Und einer der Cops murmelte: »Schlimmer, als man sich’s überhaupt vorstellen kann, Kumpel. Sie wurde gegeißelt.«
Gegeißelt. Das Wort hing in der Luft, im Nebeldunst, im Scheinwerferlicht. Sie war eine junge Frau gewesen, ein paar Pfunde zu schwer, dunkles Haar. Der Körper war vom Schlüsselbein bis zu den Knien von Einschnitten überzogen,
die der Frau wahrscheinlich mit einer Art kleinem Dreschflegel beigebracht worden waren, wie Lucas dachte: einer Peitsche mit Drahtseilen vielleicht. Die Einschnitte bestanden aus sauberen geraden Linien; der Regen hatte das Blut herausgewaschen. Es waren Dutzende Schnitte, und die Art, wie sie über den Körper verliefen, ließ darauf schließen, dass der Rücken im selben Zustand war.
»Weiß man ihren Namen?«, fragte Lucas.
»Angela Larson«, antwortete Sloan. »Stammt aus Chicago, war Collegestudentin an der Uni hier. Hat in einem Kunstladen gearbeitet. Wurde seit gestern vermisst.«
»Der Killer hat ihr die Kehle durchgeschnitten, als ob sie ein verdammtes Mastrind wär«, sagte einer der Cops. Ein weißes Blitzlicht zuckte auf. Lucas ging um die Leiche herum, hinunter zu Sloan.
Da er jetzt unterhalb der Leiche am Hang stand, brauchte er sich nicht tief zu bücken, um den Schnitt in der Kehle genauer zu betrachten. Wie bei den Einschnitten der Peitschenhiebe hatte auch hier der Regen das Blut aus der Wunde gewaschen; das klaffende Fleisch glich einem Stück Truthahnbraten. Lucas zweifelte nicht daran, dass er einen Finger bis zum Knöchel in die Wunde stecken könnte. Er roch das rohe Fleisch, als ob er am Steaktresen in einem Supermarkt stehen würde.
»Der Schnitt in den Hals war die Todesursache« erklärte Sloan. »Keine Schuss- oder Stichwunde zu erkennen. Er hat sie ausgepeitscht, und als er genug davon hatte, hat er ihr die Kehle durchgeschnitten.«
»Fesselspuren an den Handgelenken«, sagte ein Mann in Zivil. Sein Name war Stan, und er war Ermittlungsbeamter beim Leichenbeschauer des Hennepin County. Er war bekannt für seinen grotesken Sinn für Humor. Im Moment war sein Gesicht jedoch so bedrückt wie das aller anderen.
»Wir wurden gestern Abend angerufen, als Larson nicht
in ihr Appartement zurückkam«, sagte Sloan. »Ihre Mitbewohnerin machte sich Sorgen und verständigte uns. Wir fanden Larsons Wagen auf dem Parkplatz hinter dem Chaps. Sie arbeitete in einem Laden namens The MarkUp einen Block entfernt, und sie …«
»Ich kenne das Chaps«, unterbrach Lucas. Das Chaps war ein neuerer Dance-Club und wurde sowohl von Heterosexuellen als auch von Schwulen besucht.
»… und sie parkte meistens beim
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