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Kaltes Fleisch. Ein Mira-Valensky-Krimi

Kaltes Fleisch. Ein Mira-Valensky-Krimi

Titel: Kaltes Fleisch. Ein Mira-Valensky-Krimi Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Eva Rossmann
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versucht haben, ihn zu erpressen. Denn wie erst jetzt bekannt wird, gab es zwei Vorfälle, die Sascha H. lieber intern und in stiller Zusammenarbeit mit der Polizei regeln wollte, statt sein Unternehmen öffentlich in ein schlechtes Licht zu rücken: Vor zwei Monaten wurde eine Kassiererin der Filiale überfallen, der Räuber erbeutete damals über 2500 Euro. Nur wenige Wochen darauf gab es einen Unfall im Lager, der mit dem Diebstahl von Cognacflaschen in Zusammenhang steht und bei dem die nämliche Betriebsrätin verletzt wurde. Der Pressesprecher des Gewerkschaftsbundes ließ wissen, dass man unbewiesene Beschuldigungen nicht kommentieren werde. Jedenfalls arbeiteten die Gewerkschaft und alle ihre Funktionäre mit friedlichen Mitteln. ›Unser Engagement ist heute nötiger denn je.‹ Die Kriminalbeamten werden zu klären haben, wie weit dieses Engagement im Fall der Betriebsrätin in der Ultrakauf-Filiale tatsächlich gegangen ist.«
    Ich sprang auf, griff mir ein Handtuch und rubbelte mich trocken. Das war diese Schneyder gewesen, sie war profilierungssüchtig, sicher. Arbeitete mit dem »Blatt« zusammen, die fügten ein paar ihrer haltlosen Verdächtigungen dazu, und schon hatte man den Salat. Aber was hatte sie davon? Sie wurde nicht genannt. Ich mochte sie nicht besonders, aber welcher Frau, die einen halbwegs guten Job hatte, wurde nicht vorgeworfen, profilierungssüchtig zu sein? Besser, sich von solchen Vorurteilen nicht anstecken zu lassen. Also noch einmal ganz ruhig nachdenken. Woher konnte das »Blatt« die Informationen haben? Die Sache mit dem Unfall und den Cognacdiebstählen hatte ich schon im »Magazin« geschrieben, keine Rede davon, dass das neu war. Blieben aber immerhin noch die Vorwürfe gegen die rote Karin. Ich selbst hatte ihr vorgeworfen, Heller erpresst zu haben. Aber nun fragte ich mich, ob die rote Karin gezielt verunglimpft werden sollte oder ob es durch unbedarfte Wichtigtuerei dazu gekommen war.
    Ich schlüpfte in meine Jeans, zog ein langärmliges T-Shirt über und überlegte weiter: Wer sagte mir, den ganzen tendenziösen Mist abgezogen, dass die Sache im Großen und Ganzen nicht so gelaufen war, wie sie das »Blatt« schilderte? Ich konnte mich in Menschen irren, war mir schon öfter passiert. Was weder das »Blatt« noch die Polizei wusste, war, dass sich Karin zu allem Überfluss mit Heller getroffen hatte – um ihn zu bedrohen. Nein, um die Tatsache, dass er die Cognac-Kisten auf sie gekippt hatte, gegen ihn und seine Geschäftspraktiken zu verwenden.
    Ob Karin die Zeitung schon gelesen hatte? Immerhin war es halb acht Uhr abends. Jetzt war schon die nächste Abendausgabe am Markt. Wahrscheinlich wäre es sinnvoll, würde sich Karin von Oskar beraten lassen. Ohne Honorar? Konnte ich Oskar einfach so einspannen? Ich versuchte Vesna zu erreichen. Niemand zu Hause.
    Ich lief die Stufen nach unten, sah mich nach einem Zeitungskolporteur um. Der Standort war nicht immer besetzt, klar war ausgerechnet heute niemand zu sehen. Ich trabte im eisigen Wind zur großen Kreuzung vor, gab das übliche Trinkgeld und machte mich wenig später wieder an den Aufstieg zu meiner Wohnung.
    Wann immer ich heimkam, rechnete Gismo damit, gefüttert zu werden. Falsch gedacht, Gismo, ich war bloß zwanzig Minuten weg, und du hast deine Ration schon bekommen. Sie rief sich in Erinnerung, indem sie unmittelbar vor meinen Füßen blieb. Mit Fauchen erreichte ich gar nichts, mit einem leichten Tritt nur, dass sie mich entsetzt ansah. Also fütterte ich sie noch einmal und sah dann die Abendausgabe durch. Kein Wort von Ultrakauf und dem Mord. Eine Eintagsfliege – oder nur der erste Versuch? Ich konnte mir nicht vorstellen, dass andere Zeitungen die Spekulationen übernehmen würden, aber was im »Blatt« stand, fand auch so Verbreitung genug. Wie würden die Kriminalbeamten damit umgehen? Vielleicht wusste Droch etwas?
    Seine Frau war am Apparat. Ihr Mann habe sich gerade zurückgezogen, sie werde sehen, ob er noch zu sprechen sei. Noch? Es war kurz nach acht. Droch war noch nie einer gewesen, der früh schlafen ging. Droch und seine Frau hatten getrennte Zimmer. Die Ehe war nicht unbedingt glücklich, zumindest hatte er mir das bei einem recht romantischen Abendessen am Ufer der Donau erklärt. Aber welche Männer gaben in gewissen Situationen nicht solche und ähnliche Erklärungen ab? Wie lange war das schon her? Mehr als zwei Jahre.
    »Droch.«
    »Ich bin es, Mira.«
    »Sie hat gesagt, die Redaktion

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