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Kaltes Fleisch. Ein Mira-Valensky-Krimi

Kaltes Fleisch. Ein Mira-Valensky-Krimi

Titel: Kaltes Fleisch. Ein Mira-Valensky-Krimi Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Eva Rossmann
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heute nicht aufgetaucht ist.«
    »Habt ihr es den Kriminalbeamten erzählt?«
    »Noch nicht, wir wollen ihr nicht mehr Schwierigkeiten machen, als sie schon hat. Wer weiß, was sie vorhat. Jedenfalls haben auch andere bestätigt, dass der Porsche von Heller da gewesen ist. Nur Franjo hat sich ganz dumm gestellt. Damit sie nicht merken, dass er der Cognacdieb ist und alles erzählt hat. Hoffentlich hat er sich nicht zu dumm angestellt. Und wenn schon: Ich habe ihn nicht auffliegen lassen, und ein Dieb ist er.«
    Ich stellte Gismo mit einer Familienportion Hühnerkrägen ruhig und servierte das Lamm. Vesna stieß entzückte Töne aus. »Genauso haben sie es gemacht bei meiner Tante daheim. Nur eben im großen Ofen, der im Freien war. Genauso hat es gerochen und ausgesehen.«
    Ich muss zugeben, dass ich ausnahmsweise froh über die Tatsache war, keine Vorspeisen gegessen zu haben. Dieses Lamm verdiente es, dass man sich ihm voll und ganz widmete.
    Zufrieden und satt lehnte ich im Sessel und ließ mir von Vesna Geschichten aus dem Supermarkt erzählen. Von Freundschaften und Feindschaften, von Fleißigen und Faulen, Lustigen und Dummen. Von präpotenten Kundinnen und neuen Sonderangeboten.
    »Wir müssen in ihre Wohnung«, sagte Vesna unvermittelt.
    Ich versuchte mich zu konzentrieren. Das war nach einer Flasche Wein, von der Vesna so gut wie gar nichts getrunken hatte, schon ein Problem. »Die der roten Karin?«
    »Was sonst? Polizei war noch nicht da, besser, wir sehen die Wohnung vor ihnen. Wer weiß, was wir finden. Ich denke an Drohungen gegen Heller oder so. Vielleicht lasst sich so ganz logisch klären, wo sie ist. Ohne Polizei.«
    »Aber woher nehmen wir einen Schlüssel?«
    »Du weißt, wo sie wohnt?«
    »Ich war einmal bei ihr.«
    »Man müsste mit Hausmeister reden, vielleicht kenne ich wen, der ihn kennt.«
    »Es ist halb zehn am Abend.«
    »Wirkt schon komisch, gebe ich zu.«
    Stille. Ich hörte, wie Gismo ihre Futterschüssel über den gefliesten Küchenboden schubste. Das ist eine ihrer vielen Arten, mir mitzuteilen, dass sie schon wieder hungrig ist.
    »Du sagst, sie hat Kinder?«, fragte Vesna nach.
    »Die Tochter ist in Amerika, hat sie mir erzählt. Sie ist mächtig stolz darauf, dass ihr Kind ein Stipendium bekommen hat. Dann gibt es noch einen Sohn.«
    »Gut. So viele Frastanz kann es in Wien nicht geben.«
    »Ich hab keine Ahnung, ob er in Wien ist.«
    »Ist einen Versuch wert.« Vesna stand auf, ging ins Vorzimmer und blätterte im Telefonbuch. »Vier sind es außer Karin!«, rief sie mir zu. »Du sollst anrufen, Stimme ohne Akzent ist besser, da kann man nichts machen.«
    Ächzend erhob ich mich. Natürlich hatte Vesna Recht. Es war zumindest eine Möglichkeit, an den Schlüssel der roten Karin zu kommen.
    Bei einem Anschluss hob niemand ab, der Herr Frastanz, der unter der zweiten Nummer abhob, war über achtzig und gerne bereit, mit mir die ganze Nacht zu plaudern. Es dauerte geraume Zeit, bis ich den alten Herrn, ohne allzu unhöflich zu sein, loswerden konnte. Beim dritten Versuch klappte es. Karins Sohn reagierte besorgt, konnte aber schlecht von zu Hause weg. Er hütete das Kind seiner Freundin, die für einige Tage beruflich im Ausland war. Mit seiner Mutter hatte er vor einer Woche zum letzten Mal telefoniert. Deswegen wisse er auch von uns und habe kein Problem, uns einen Schlüssel zu geben.
    Der Sohn der roten Karin war schlank, groß und schien mir viel zu jung, um schon allein zu wohnen und eine Freundin mit Kind zu haben. Er bestürmte uns mit Fragen und bat uns, ihm so schnell wie möglich zu berichten, was los war. »Dauernd macht sie etwas im Alleingang«, erzählte er, »seit Papa tot ist, ist das noch schlimmer geworden.«
    Schlachtschiffe im Finstern. Die Straßenlampen sorgten nicht für Helligkeit, sondern machten lediglich die Dunkelheit rundum sichtbar. Ein Leuchtpunkt neben dem anderen, ein Eingang neben dem anderen. Viele Fenster, aus denen etwas Licht kam. Trotz der Kälte standen zwei junge Mädchen an ein Auto gelehnt und redeten intensiv aufeinander ein. War das der richtige Parkplatz? Ich war irritiert. Eingang 17 b. Hier war 12 c-f. Es dauerte, bis wir den richtigen Verbindungsweg fanden. Dann, überraschend, die richtige Eingangstür.
    Vesna sah mich an und läutete bei der Gegensprechanlage. Keine Reaktion. Sie läutete wieder, wartete diesmal aber nicht so lange und sperrte die Haustüre auf. Erster Stock, das schmale Stiegenhaus nach oben. Diesmal läutete ich.

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