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Kaltes Fleisch. Ein Mira-Valensky-Krimi

Kaltes Fleisch. Ein Mira-Valensky-Krimi

Titel: Kaltes Fleisch. Ein Mira-Valensky-Krimi Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Eva Rossmann
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schneller als Lebende. Sie fallen mehr auf.« Ich hätte es beinahe nicht mehr geschafft, Oskar rechtzeitig vom Flughafen abzuholen. Aber zum Glück herrschte nicht nur auf den Straßen, sondern auch in der Luft winterliches Chaos. Seine Maschine hatte eine Stunde Verspätung, und so hatte ich nach all der Hetzerei Zeit genug, mich im Flughafencafé mit einer Tasse heißer Schokolade aufzuwärmen.
    Als auf der Leuchttafel die Ankunft der Maschine aus Frankfurt gemeldet wurde, winkte ich ungeduldig nach der Rechnung. Nach der Landung würde noch einige Zeit vergehen, bis die Passagiere aus der automatischen Schiebetür in die Ankunftshalle kamen, aber ich wollte Oskar nicht verpassen. Er hatte keine Ahnung, dass ich da war, um ihn abzuholen. Hoffentlich freute er sich. Man stelle sich vor, er kommt mit einer Frau an. Was wusste ich schon, was er in Frankfurt getan hatte? Unsinn. Nicht Oskar, Oskar war zuverlässig. Oskar war ein feuriger Liebhaber, er sah auf seine Weise auch gut aus, zumindest fand ich das. Er war Rechtsanwalt, Mitte vierzig und ledig. So jemand musste sich erst gar nicht lange um Frauen umsehen, da gab es genug, die ihn von sich aus verfolgen würden. Ich stellte mir Oskar vor, wie er gejagt von einem Pulk aufgeregter Weiber durch die Gänge des Flughafens lief, und war wieder auf dem Boden der Tatsachen. Sicherheit gab es keine. Aber es gab Oskar. Hier und jetzt.
    Ich war glücklich mit ihm. Ich hatte im Großen und Ganzen mit Männern Glück gehabt. Zumindest aber hatte ich immer die Fähigkeit besessen, mich rechtzeitig aus dem Staub zu machen, bevor ich dauerhaft unglücklich geworden wäre.
    Ob Grete mit ihrem Mann zu Beginn auch glücklich gewesen war? Das ließ sich nicht vergleichen, ich war neununddreißig, sie war damals neunzehn gewesen. Sie hatte geheiratet, weil sie schwanger geworden war. Ich hatte noch nie begriffen, wozu es gut sein sollte, zu heiraten, es sei denn, man wollte der staatlichen Verwaltung oder der katholischen Verwandtschaft etwas beweisen. Sie hätte gerne auf dem Land gelebt. Warum tat sie es nicht? Wenn die Landwirtschaft nicht genug abwarf, einen Superkauf gab es in der nächsten Bezirksstadt sicher. Aber sie wollte sich nicht zwischen der Abhängigkeit von ihren Eltern und der Abhängigkeit von ihrem Mann entscheiden. So versuchte sie, es allen recht zu machen. Aber wo blieb sie selber dabei? Vielleicht war es falsch, das Ganze von meiner Warte aus zu betrachten. Vielleicht mochte sie ihren Mann trotz allem, vielleicht half sie ihren Eltern gern. Vordergründiger Egoismus konnte auch Nachteile haben. Was, wenn sich herausstellte, dass man mit sich selbst dann plötzlich ziemlich allein war?
    Ich winkte heftig, als Oskar mit seinem dicken Aktenkoffer und der großen schwarzen Reisetasche in die Ankunftshalle kam. Er sah mich und strahlte. Wir lagen einander in den Armen, als hätten wir uns jahrelang nicht gesehen.

13.
    Ich saß an meinem Schreibtisch in der Redaktion und überlegte missmutig, was ich meinen Eltern zu Weihnachten schenken sollte. Mutter hatte von mir schon eine Kollektion Kaschmirschals bekommen, mein Vater jede Menge Krawatten. Höchste Zeit, mir etwas Neues einfallen zu lassen. Aber die Logenkarten für »La Bohème« waren ungenützt verfallen, mein Vater ging nun einmal nicht gerne in die Oper, meine Mutter hatte sich entsprechend gekränkt. Der Gutschein für eine dreitägige Wandertour war noch nie eingelöst worden. Ich hatte keine Ahnung, was mich auf diese Idee gebracht hatte. Ich hasse es, in den Bergen herumzusteigen. Mein Vater gibt vor, keine Zeit zu haben. Meine Mutter hat keine Kondition.
    Droch tippte mir auf die Schulter. Er konnte völlig lautlos herbeirollen und freute sich dann kindisch, wenn man erschrak. Er konnte sich wieder einmal freuen.
    »Denkst wohl an den Herzallerliebsten?«, stichelte er.
    »Nein, daran, was ich meinen Eltern zu Weihnachten schenken soll.«
    Droch seufzte. »Weißt du etwas für meine Frau?«
    »Handschellen?«
    »Du bist geschmacklos.«
    »Ich rede nicht von Sex, mein Lieber. Wo du wieder hindenkst. Du hast mir doch selbst erzählt, wie sehr sie dich fesseln – oder heißt das anketten? – will.«
    Droch schnaubte bloß durch die Nase. Ich verließ den gefährlichen Boden, man scherzt nun einmal nicht über Ehefrauen, und fragte: »Was ist übrigens mit der Kommissarin? Warst du mit ihr essen?«
    »Weißt du doch.«
    »Was Neues?«
    »Sie mag Fisch lieber als Fleisch.«
    »Hat sie etwas über die

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