Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Kaltes Fleisch. Ein Mira-Valensky-Krimi

Kaltes Fleisch. Ein Mira-Valensky-Krimi

Titel: Kaltes Fleisch. Ein Mira-Valensky-Krimi Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Eva Rossmann
Vom Netzwerk:
Fleisch, und Zwillinge essen alles, Hauptsache, es ist viel davon da.«
    »Nimm dir, was du willst.« Ich hatte es leicht, großzügig zu sein. Denn erstens stand mir der Sinn auch nicht nach Fleisch, und zweitens hatte ich schon genug davon im Kühlschrank verstaut.
    Grete meinte: »Ich kann in Rohlsdorf in der Gemeindekühltruhe eine Menge einfrieren. Aber ich zahl es dir natürlich.«
    »Kommt gar nicht infrage. Ich heb mir die Rechnungen auf, hoffe, dass wir so oder so Erfolg haben, und lasse mir im Nachhinein von meinem reuigen Chefredakteur die Spesen zahlen.«
    »Du glaubst wohl noch an Christkind, Mira Valensky?«, spottete Vesna. »Natürlich wir zahlen.«
    Eine halbe Stunde später waren die rund dreißig Kilo Fleisch verteilt und standen in Ultrakauf-Säcken auf dem Balkon bereit. Ich öffnete eine neue Flasche Jameson und zeigte meinen Mitstreiterinnen, wie man ihn nach guter irischer Sitte mit einem Tropfen Wasser verdünnte. Gegen Mitternacht sangen wir Weihnachtslieder. Doch Gismo hat mit Sicherheit nicht deswegen, sondern weil sie noch einmal mit einer großen Portion Rindfleisch gefüttert worden war, auf den Wohnzimmerteppich gekotzt. Am Ende waren wir uns einig: Das war die netteste Weihnachtsfeier gewesen, die wir je erlebt hatten.

15.
    Das Wochenende begann äußerst harmonisch mit einem ausgiebigen Frühstück in Oskars Wohnung. Es dauerte so lange, dass wir danach das Bedürfnis hatten, uns sofort wieder hinzulegen. Der Himmel war grau und wolkenverhangen, wir dachten gar nicht daran, außer Haus zu gehen. Gegen Abend brachte ich Oskar bei, wie man die dicke venetische Bohnensuppe »pasta e fasoi« zubereitet. Nach Fleisch war mir immer noch nicht.
    Später sahen wir uns drei alte Woody-Allen-Filme hintereinander an. Vielleicht sollte ich versuchen, Drehbücher zu schreiben?
    Der Sonntag begann ähnlich wie der Samstag. Gismo wusste ich in guten Händen. Frau Schneider aus dem zweiten Stock hatte versprochen, sie zu füttern und zu streicheln. Gut möglich, dass Gismo nicht bloß das extra gekennzeichnete Rindfleisch, sondern auch einige ihrer über alles geschätzten schwarzen Oliven und danach noch von Frau Schneider selbst gebackene Schokokekse bekommen würde. Frau Schneider hatte, was ihre Enkelkinder und Katzen anging, eigene Diätvorstellungen: je mehr Liebe, desto mehr Kalorien. Frau Schneider liebte ihre Enkelkinder und Gismo sehr. Die Enkelkinder waren inzwischen in einem Alter, in dem sie sich gegen diesen Ausdruck übergroßer Zuneigung zur Wehr zu setzen wussten. Gismo aber dachte nicht daran, sich derartigen Liebesbeweisen zu verweigern.
    Wir hörten Carla Bley, spielten Backgammon und stellten fest, dass es an Wochenenden wie diesen schön war, wenn es früh dunkel wurde.
    Als es Zeit zum Abendessen wurde, ging Oskar unschlüssig in der Küche herum, öffnete die Kühlschranktür, schloss sie wieder, öffnete den Gefrierschrank, schloss ihn wieder, sah in die Regale und murmelte vor sich hin. Für gewöhnlich kochte derjenige von uns, in dessen Wohnung wir uns befanden. Die gestrige »pasta e fasoi« war eine Ausnahme gewesen. Aber Oskar schien keine Idee zu haben, was er heute zum Abendessen servieren könnte. Ich lümmelte auf dem Sofa, hatte begonnen, einen wirklich netten Krimi zu lesen, und registrierte das alles nur im Hintergrund. Auch kein Problem, dachte ich träge.
    Als Oskar aus der Küche kam, sah ich vom Buch auf und meinte: »Wir können auch essen gehen.«
    Er sah mich etwas irritiert an.
    »Weil du, nach dem Lärm in der Küche zu schließen, nicht weißt, was du kochen sollst.«
    Er war eindeutig nicht bei der Sache. Ich sah ihn aufmerksamer an. Es war nicht das Abendessen, da war etwas anderes, das ihn beschäftigte. Ich rutschte zur Seite und deutete auf das Sofa. Oskar setzte sich zu mir.
    »Was ist?«, fragte ich und war sofort besorgt. Ich hatte das Wochenende wunderbar entspannend gefunden. Wer sagte mir, dass er es nicht ganz anders wahrgenommen hatte?
    »Du siehst es mir an, nicht wahr?«
    »Was?«, fragte ich alarmiert. Ich sah ihm gar nichts an außer seine Unruhe. Manchmal hatte ich das Gefühl, zwar viel zu viel Fantasie, aber dafür gar nichts von der berühmten weiblichen Intuition zu haben.
    »Na ja, ich wollte es dir schon vor ein paar Tagen sagen.«
    Das klang schlimm, schlimmer als gedacht. Jetzt würde er davon reden, dass wir immer noch gute Freunde bleiben könnten, bla, bla, bla.
    »Hörst du mir überhaupt zu?«
    Ich riss mich zusammen.

Weitere Kostenlose Bücher