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Kaltes Gift

Kaltes Gift

Titel: Kaltes Gift Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nigel McCrery
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wie
schwarze Skulpturen: Plastikgewebe auf Metallrahmen, bequem und cool.
Eine Cafeteria im Kellergeschoss bot venu lattes und
Mandelcroissants zu stark überhöhten Preisen an. An einer Wandtafel
standen Vergleiche dieser stark überhöhten Preise mit denen anderer
Kaffeebars im Umkreis, und man kam zu dem Schluss, dass der Kaffee hier
gerade billig genug sei, dass es sinnlos wurde, ihn anderswo zu
trinken, es sei denn, man wollte einen Spaziergang machen. Auch eine
Sporthalle, eine chemische Reinigung und ein Friseur befanden sich
direkt im Gebäude.
    Und Lapslie hasste es. Er hasste es über alle Maßen. Der Lärm
von etwa dreißig Beamten und Angestellten verschiedenen Ranges, die
miteinander sprachen, mit sich selbst redeten oder ins Telefon
plapperten, das war unglaublich störend. Für Lapslie war es gewesen,
als habe er den ganzen Arbeitstag über denGeschmack
von Blut im Mund gehabt. Auf einen Brief seines Arztes an den Assistant
Chief Constable hin hatte man Lapslie ermöglicht, einen der
Ruheräume – gewöhnlich für vertrauliche Diskussionen
vorgesehen – als Ersatzbüro zu nutzen, wenn er eine Pause
brauchte. Während der übrigen Zeit benutzte er Ohrstöpsel.
    Immerhin hatte es auch Tröstliches gegeben. Kurz nachdem die
Polizei eingezogen war, hatten ein paar rangniedere Beamte etwas
entdeckt: Wenn sie eine ganze Reihe der Ventilationsöffnungen am Boden
gleichzeitig abdeckten bis auf eine, dann konnte der so erzeugte
Luftstrom aus diesem Loch ohne weiteres den Rock einer vorübergehenden
Frau bis über die Taille hochpusten. Damit hatten sie sich eine ganze
Weile amüsiert, bis ein Rundschreiben dieses Treiben untersagte.
    Jetzt saß er im Ruheraum und las Dr. Catheralls
Autopsiebericht. Wochenlang hatte er sie gedrängt, ihn endlich
fertigzustellen, und schließlich hatte sie sich unwirsch gefügt.
    Es gab keinen Zweifel – Violet Chambers war ermordet
worden. Die Todesursache war nicht eindeutig. Gewiss, sie war vergiftet
worden, doch es sah ganz danach aus, als habe sie außerdem einen Schlag
auf den Hinterkopf bekommen. Beides konnte den Tod zur Folge gehabt
haben, obgleich der Schmutz unter ihren Fingernägeln mit dem Erdboden
der Umgebung übereinstimmte, was bedeutete, dass sie noch gelebt hatte,
als sie in den Wald gebracht worden war. Die Finger der rechten Hand
waren durch die scharfen Klingen eines Schneidewerkzeuges, etwa einer
Schere, abgetrennt worden, jedoch erst einige Zeit, nachdem Violet
Chambers gestorben war, so dass Blutverlust als Todesursache
ausgeschlossen werden konnte.
    Lapslie legte den Autopsiebericht nieder und griff nach dem
Bericht über den Fundort der Leiche. Die Testergebnisse der
Plastikfolie, in die sie eingehüllt war, ließen keine
Schlussfolgerungen zu: Standardmaterial, in jedem Heimwerkermarkt zu
bekommen, und sowohl Zeit- als auch Wettereinfluss hatte alle
Fingerabdrücke beseitigt, die vielleicht einmal darauf gewesen waren.
Und basierend auf komplizierten Berechnungen, bei denen Insektenpuppen
und Mooswachstum eine Rolle spielten, hatte man eindeutig festgestellt,
dass der Leichnam dort mehr als acht, aber weniger als zehn Monate
gelegen hatte, ehe er durch ein verunglückendes Auto so unsanft
exhumiert worden war.
    Blieben also zwei große Fragen: Wer hatte sie getötet, und
warum?
    Irgendetwas bewegte sich in seinem peripheren Umfeld, und er
drehte sich hastig um. Emma Bradbury stand draußen vor der Glastür des
Ruheraumes und winkte ihm zu. Sie trug einen Hosenanzug mit
Nadelstreifen und hatte als Kontrast dazu einen orangefarbenen Schal um
die Taille gewunden. Er bedeutete ihr, einzutreten. Sie stieß die Tür
auf, und sofort schmeckte er Blut, als das Stimmengewirr aus dem
Großraumbüro über ihn hinwegschwappte, so, als ob er sich gerade auf
die Zunge gebissen hätte.
    »Was gibt's, Emma?«
    »Nachricht vom Superintendent, Sir. Ob Sie ihn über den Fall
auf den neuesten Stand bringen können? Anscheinend hat seine Sekretärin
versucht, Sie zu erreichen, aber Sie waren nicht an Ihrem
Schreibtisch.« Der salzige Blutgeschmack verminderte sich, wurde von
Zitrone und Grapefruit überlagert; einen kurzen Moment waren sie in
seinem Mund vermischt: etwas Exotisches, wie Zitronengras, nur
tiefgreifender, intensiver. Emma schloss die Tür hinter sich.
    »Auf den neuesten Stand – über diesen Fall? Den Fall
Violet Chambers?«
    »Ja, Sir.«
    »Der ist doch wohl ein bisschen unterhalb seines
Interessenpegels, oder?«
    Emma hob die Schultern. »Kann ich

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