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Kaltes Gift

Kaltes Gift

Titel: Kaltes Gift Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nigel McCrery
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nicht beurteilen. Oh, Sie
haben mich doch gebeten, nachzuprüfen, wohin die Miete von Violets Haus
geht, Sir. Wie sich rausgestellt hat, fließt die auf ein Konto, das vor
ein paar Jahren auf den Namen J. Chambers eröffnet wurde.«
    »Jack Chambers?« Er erinnerte sich, der Name war bei dem
Gespräch mit dem älteren Ehepaar gegenüber von Violets ehemaligem Haus
gefallen. »Violet Chambers' Mann?«
    »Richtig. Laut Auskunft der Bank hat sie das Konto auf sich
überschreiben lassen, als er 1984 gestorben ist. Sie hat es mit
Unterbrechungen genutzt, bis zum Zeitpunkt ihres Todes, soweit wir den
kennen. Und verrückterweise hat sie es auch danach noch weiter benutzt.«
    »Hat jemand Geld von dem Konto abgehoben? Das könnte immerhin
Diebstahl als Motiv bedeuten, aber ich kann mir nicht vorstellen, dass
es da um einen großen Haufen Geld geht. Wie viel ist es denn –
ein paar hundert Pfund die Woche?«
    Emma nickte. »So ungefähr, Sir. Aber ich hab schon Morde
erlebt, wo es um weniger ging.«
    »In der Hitze des Gefechts, ja, aber das hier sieht nach etwas
Langfristigem aus. Nach etwas Vorsätzlichem. Ich kann mir nicht
vorstellen, dass jemand für ein paar hundert Pfund pro Woche ein
derartiges Risiko eingeht. Wie ist das Geld abgehoben worden? Bargeld,
Lastschrift oder Scheck?«
    Emma konsultierte ein Blatt Papier in ihrer Hand. »Alle
ausgezahlten Summen waren Bargeldabhebungen an verschiedenen
Bankautomaten in London, Essex, Norfolk und Hertfordshire. Und kein
Bankautomat ist mehr als einmal benutzt worden, soweit ich das sehen
kann.«
    Lapslie lehnte sich in seinem Stuhl zurück und fuhr sich mit
der Hand durchs Haar. »Okay, fassen wir also mal zusammen, wie weit wir
gekommen sind. Der Unfallort, wo wir die Leiche gefunden haben, ist
eine einzige Pleite – sämtliche Spuren sind im Laufe der
letzten zehn Monate weggewaschen oder -geweht worden. Der Leichnam ist
auch eine Pleite – wir können nicht mit Sicherheit sagen,
woran sie gestorben ist, und es gibt nicht die Spur eines Beweises. Der
Hintergrund des Opfers: ebenfalls eine Pleite. Da gibt es nichts, was
Anlass zu einem Mord geben könnte, abgesehen von diesem bisschen Miete.
Das Einzige, was wir haben, ist diese Frau, die angeblich in Violet
Chambers' Haus ein und aus gegangen ist, bevor sie starb, und das
könnte vollkommen harmlos sein. Wenn wir nicht aufpassen, verbringen
wir die nächsten paar Monate damit, eine Fußpflegerin zu suchen. Also,
was bleibt uns? Wie machen wir weiter?«
    »Mit der Art des Verbrechens als solcher. Gift ist im
Allgemeinen die Waffe einer Frau, und die Tatsache, dass es vielleicht
in Form von Nahrung verabreicht wurde, deutet auf ein häusliches Umfeld
hin, etwas Unauffälliges. Die Mörderin war mit dem Opfer bekannt, und
die alte Frau hat ihr genug vertraut, um ein Stück Kuchen oder so etwas
anzunehmen, den die Mörderin gebacken hatte.«
    »Okay – das ist was, wo wir ansetzen können.
Veranlassen Sie eine Befragung von Haus zu Haus in der Nachbarschaft
von Violet Chambers. Fragen Sie alle, ob sich jemand daran erinnert,
dass Violet regelmäßig Besuch hatte, etwa während des letzten Monats,
ehe sie verschwunden ist. Fragen Sie in den Läden der Umgebung nach, ob
man sich an eine Frau erinnert, die während dieser Zeit aufgetaucht und
dann wieder verschwunden ist. Apotheken und Schnapsläden könnten eine
gute Ausgangsbasis sein. Überprüfen Sie auch die Arztpraxen in der
Nähe. Wer immer diese Frau war – wenn es sie überhaupt gegeben
hat –, vielleicht hat sie Violet irgendwann zu einem Termin
begleitet. Oder hat selbst einen vereinbart.«
    »Gut, mach ich. Sonst noch was?«
    Lapslie überlegte einen Moment. »Ja – suchen Sie doch
mal ungelöste Giftmordfälle raus. Schauen Sie mal, ob dieses …
Kolchizin … früher schon mal benutzt worden ist. Ist ein
Schuss ins Blaue, aber womöglich haben wir Glück. Alles in allem kann
ich mir nicht vorstellen, dass das ein gängiges Gift ist.«
    Emma nickte und ging. Die Tür schloss sich hinter ihr, und
Lapslie war vom Bürolärm abgeschottet. Abgeschottet von allen
Geräuschen, außer vom Geräusch seines eigenen Atems und dem Rascheln
seiner Kleidung, wenn er sich bewegte. Und wenn er sich sehr ruhig
verhielt, dann verstummte selbst das fast bis zu absoluter Stille.
    Stille. Ein gesegneter Zustand, den er vor allem anderen
ersehnte und den er so selten erreichte.
    Wenn Lapslie anderen Leuten seine Synästhesie erklärte,
glaubten sie ihm meistens entweder

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