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Kaltes Gift

Kaltes Gift

Titel: Kaltes Gift Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nigel McCrery
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Geruch
nach Blumen und Erde wahr. Zunächst dachte er, es sei eine
Synästhesiereaktion auf irgendein leises Geräusch irgendwo draußen,
doch als er neben Burrows stand, wurde ihm klar, dass dies ein realer
Geruch war und er aus dem Kofferraum des Volvos kam. Der ganze große
Gepäckraum war angefüllt mit Zweigen, Blättern und farbenfrohen Blüten,
alle sorgfältig mit Blumendraht zusammengebunden.
    »Nicht gerade das, was ich erwartet hätte«, meinte Burrows.
»Ich lasse das alles zusammenpacken und untersuchen.«
    Lapslie sah noch eine Weile zu, wie Burrows' Leute den Volvo
mit größter Sorgfalt untersuchten. Sie suchten den Innenraum nach
Fingerabdrücken ab, sammelten Härchen und Flusen von den Sitzen. Sie
waren, fand Lapslie, wie Käfer, die auf dem Kadaver eines toten Tieres
herumkrabbelten und noch die letzten verbliebenen Haut- und
Fleischfetzen ablösten. Bestimmt war es Einbildung, doch es kam ihm
vor, als schrumpfe der Wagen, während sie daran arbeiteten, so, als ob
das Geheimnis, das er in sich barg, ihn aufgebläht hätte. Und ihm fiel
ein, dass Violet Chambers' Leiche einen sehr ähnlichen Prozess
durchlaufen haben musste: zunächst noch aufgedunsen und fleischig, als
man sie im Wald unter der dünnen Erdschicht verscharrt hatte, und dann
schrittweise von allem entblößt, was sie menschlich machte, bis sie nur
noch ein Bündel aus Knochen, Sehnen und mumifizierter Haut war und die
verschiedenen Aasfresser sich davonmachten, zum nächsten Objekt auf
ihrer Prioritätenliste.
    »Abgesehen vom Kofferraum, in dem eine Schicht Erde liegt, ist
der Wagen überraschend sauber«, erklärte Burrows. »Es sieht aus, als
sei er systematisch mit dem Staubsauger gereinigt worden, vielleicht
durch einen professionellen Reinigungsdienst. Auf dem Lenkrad sind
keinerlei Fingerabdrücke. Ich vermute, wer immer da ausgestiegen ist,
hat noch mal rasch mit einem feuchten Lappen drübergewischt, ehe er
abgehauen ist. Die Außenseite ist außerdem vom Wetter geschrubbt
worden. Keine Chance, etwa an den Türgriffen irgendwas festzustellen.«
    »Gute Arbeit«, lobte Lapslie. »Machen Sie weiter, und wenn Sie
irgendwas finden, rufen Sie mich an.«
    »Aber gewiss doch«, sagte der Einsatzleiter, »es ist ja nicht
so, als ob ich irgendwas anderes mit meinem Tag anzufangen wüsste.«
    Emma Bradbury sprach in ihr Handy, als Lapslie aus dem Zelt
kam. Sie winkte ihn heran und klappte das Telefon zu, als er bei ihr
war.
    »Was ist los?«, wollte er wissen.
    »Ich hab's geschafft, einen Streifenpolizisten für die
Erkundigungen zu kriegen, die Sie mir aufgetragen haben«, erklärte sie.
»Ich meine die Frage, ob irgendein Automechaniker oder eine Werkstatt
im Umkreis von sechzig Kilometern um den Wald, wo Violet Chambers'
Leiche lag, jemals zu einem Volvo mit diesem Nummernschild gerufen
worden ist.«
    »Wie haben Sie das denn geschafft? Ich dachte, es gäbe da ein
unausgesprochenes Moratorium, was Beihilfe zu dieser Ermittlung
betrifft.«
    »Ich hab's halt niemandem gesagt«, meinte sie. »Wie auch
immer, wie sich herausstellt, ist jemand von einer Werkstatt in Malden
vor drei Jahren mal zu einem einsam gelegenen Haus auf dem Lande
gerufen worden. Genau dieser Wagen stand dort und wollte nicht
anspringen. Der Mechaniker hat festgestellt, dass der Eigentümer
versehentlich die Innenbeleuchtung angelassen hatte und die Batterie
leer war. Er musste ihn bloß mit einem Starthilfekabel anlassen, und
alles war in Ordnung.«
    »Wer war der Fahrer?«
    »Der Name auf dem Formular ist verschmiert, er kann ihn nicht
entziffern. Er erinnert sich aber, dass es eine Frau war, so Mitte
sechzig.«
    Lapslie überlegte einen Moment. »Gut möglich, dass wer immer
Violet Chambers umgebracht hat, an dieser Adresse lebt. Aber wir müssen
vorsichtig sein. Benachrichtigen Sie die Zentrale, dass wir dorthin
unterwegs sind.« Er stockte kurz. »Wir haben es hier womöglich mit
einem Mörder zu tun. Ich glaube, wir brauchen ein bewaffnetes
Einsatzkommando.«
    Rings um das Zelt hatte die örtliche Polizei mit
Plastikbändern, die um Bäume und Lampenpfosten geschlungen und an
Überlaufrohren befestigt waren, einen Bereich abgesperrt. Eine kleine
Gruppe von Leuten, die in der Gegend wohnten, arbeiteten oder
einkauften, hatte sich eingefunden, drängte sich gegen die Absperrung,
um besser sehen zu können, was da los war, etwas, das vermutlich
interessanter war als alles, was sie sonst erlebten.
    Lapslie holte tief Atem. Selbst die Luft hier war

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