Kaltes Grab
Leadenhall war«, sagte Fry. »Wir haben eine mögliche Zeugin hier in Edendale, die behauptet, ein Mann, auf den Eastons Beschreibung passt, sei am Montag bei ihr an der Haustür gewesen.«
Caudwell beugte sich interessiert vor. »Name?«
»Mrs Grace Lukasz.«
Die Sergeantin grinste so breit, dass die Grübchen verschwanden. »Sie ahnen ja nicht«, sagte sie, »wie sehr uns das weiterhilft.«
Caudwell zog ein Blatt Papier hervor und reichte es Chief Inspector Tailby, der einen kurzen Blick darauf warf und es an Hitchens weiterreichte.
»Sie sollten sich auch die anderen Namen auf der Liste ansehen und überlegen, ob sie Ihnen etwas sagen«, schlug Caudwell vor. »Dann können wir uns noch einmal zusammensetzen und darüber reden, ob wir unsere Informationen vielleicht doch austauschen.«
Fry sah Caudwell und Nash nach, die sich verabschiedet hatten, um sich in irgendeinem Hotel Zimmer zu besorgen.
»Darf ich die Liste auch mal sehen, Sir?«, fragte sie.
Hitchens gab sie ihr, worauf sie die Namen überflog. Die Liste weckte das überwältigende Verlangen in ihr, so viel wie möglich über all diese Leute herauszufinden, ehe sie Caudwell das nächste Mal begegnete. Ihr war klar, dass der MDP zweifellos ein Problem darstellte. Jeder, der mit ihm zusammenarbeiten musste, bewegte sich auf dünnem Eis. Es war ungefähr so, als würde man den Wölfen zum Fraß vorgeworfen.
Ben Cooper hatte versucht Fry davon zu überzeugen, dass Alison Morrisseys Geschichte mit den Ermittlungen im Schneemann-Fall zusammenhing, trotzdem war er selbst überrascht, als ihm die Beweise dafür endlich vorlagen. Vielleicht hatte er unbewusst gehofft, dass er sich den Zusammenhang nur eingebildet und sich etwas zusammengereimt hatte, weil er einen Grund brauchte, seine Nachforschungen über McTeague fortzusetzen. Aber Fry hatte keinen Grund, sich etwas zusammenzureimen.
»Also, was meinst du dazu, Ben?«, fragte sie.
»Zygmunt Lukasz hat nach Eastons Besuch angefangen, seinen Bericht niederzuschreiben.«
»Bericht?«
»Seinem Sohn zufolge schreibt Zygmunt einen Bericht über den Absturz der Sugar Uncle Victor«, erklärte Cooper.
»Oh, das.«
»Diane, findest du nicht, wir sollten allmählich in Erwägung ziehen, dass eine Verbindung zwischen den beiden Geschichten besteht?«
Fry sah ihn erstaunt an. »Wie bitte? Glaubst du etwa, Alison Morrissey hat etwas mit dem Tod von Nick Easton zu tun?«
»Das habe ich nicht gemeint. Sie war zu diesem Zeitpunkt noch nicht einmal in England.«
»Bist du ganz sicher? Hast du ihren Flug überprüft? Hast du überprüft, ob sie auf der Passagierliste stand?«
»Nein.«
»Dann solltest du das jetzt vielleicht tun.«
Cooper schwieg.
»Das dürfte eigentlich kein Problem sein«, sagte Fry. »Es sei denn, du fühlst dich irgendwie persönlich davon betroffen. Aber das brauchst du eigentlich nicht, oder, Ben? Das würde dir überhaupt nicht ähnlich sehen. Nicht so einem kompetenten, pflichtbewussten Kriminalbeamten wie dir.«
Cooper spürte, wie er rot wurde. Er hasste sich jedes Mal dafür. Es war so albern für jemanden, der auf die Dreißig zuging. Aber Diane Fry besaß das unheimliche Talent, diese Reaktion immer wieder zu provozieren. Leider lag es meistens daran, dass sie Recht hatte.
»Es gibt eine Verbindung«, sagte er. »Das Verbindungsglied sind die Lukasz’. Sergeant Caudwell kannte den Namen. Jede Wette, dass er auf der Liste steht, die sie uns gegeben hat.«
»Stimmt.«
»Trotzdem glaube ich, dass Nick Easton auf der Suche nach Andrew Lukasz war.«
»Warum?«
»Keine Ahnung. Aber es ist mehr als bloßer Zufall, dass Andrew einen Tag vor Eastons Ankunft verschwunden ist. Außerdem ist irgendetwas vorgefallen, das Zygmunt aus der Fassung gebracht hat. Angeblich hat er aufgehört, Englisch zu sprechen. Ich halte ihn für verdammt störrisch. Andererseits hat er nicht mehr lange zu leben, sagt sein Sohn.«
»Steht ihm sein Sohn sehr nahe?«
»Sie stehen einander alle nahe. Sehr sogar.«
»Womit verdient Peter Lukasz eigentlich seinen Lebensunterhalt?«
»Er ist Arzt in der Notaufnahme im Krankenhaus.«
Fry öffnete einen Ordner mit den Autopsie-Aufnahmen von Nick Easton. Für Cooper hieß er immer noch der Schneemann, denn er war mit dem Schnee nach Derbyshire gekommen.
»Mrs Van Doon zufolge wurde Eastons tödliche Wunde durch ein kleines, sehr scharfes Instrument hervorgerufen. Es könnte durchaus ein Skalpell gewesen sein.«
»Mir ist schon klar, worauf du
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