Kaltes Grab
sie es Ihnen erzählt, Sir?«
Lukasz starrte in seinen Wodka mit Honiggeschmack und schwieg.
»Ich schätze, wir sollten uns noch einmal mit Ihrer Frau unterhalten«, sagte Cooper.
Lukasz seufzte. »Grace regt sich immer so leicht auf.«
»Dann sagen Sie es uns vielleicht lieber selbst.«
»Grace sagt, er habe nach Mr Lukasz gefragt. Sie dachte, er meinte meinen Vater, weil der als Einziger zu Hause war. Der Mann wurde aufdringlich, und Grace hatte Angst, er würde sich mit Gewalt Zutritt zum Haus verschaffen. Deshalb hat sie ihn weggeschickt. Wenn nur sie und mein Vater zu Hause sind, fühlt sich Grace schnell angegriffen. Sie müssen wissen, mein Vater ist unheilbar krank, deshalb können wir nicht zulassen, dass er ständig von Leuten belästigt wird, die ihn irgendetwas fragen wollen. Weder von diesem Easton noch von dieser Kanadierin. Und von Ihnen auch nicht. Wir versuchen meinen Vater so lange wie möglich bei uns zu behalten, aber ich fürchte, wir müssen ihn bald ins Hospiz bringen. Seine Schmerzen werden stärker und müssen ständig überwacht werden.«
»War Eastons Besuch der Auslöser dafür, dass Ihr Vater anfing, seinen Bericht über den Absturz der Sugar Uncle Victor niederzuschreiben?«, fragte Cooper.
Lukasz blickte überrascht auf. »Wie kommen Sie darauf?«
»Es passt zeitlich. Und weil Nick Easton Ermittlungen für die RAF durchführte.«
Lukas setzte sein Glas unvermittelt ab. Es knallte so heftig auf den Tisch, dass es beinahe zerbrochen wäre. Ein Schluck Wodka schwappte über den Rand.
»Für die Royal Air Force?«, fragte er.
»Ganz recht, Sir. Haben Sie eine Vermutung, weshalb Easton Ihren Vater sprechen wollte?«
»Nein. Ich habe nicht die leiseste Ahnung.«
Lukasz' Gesichtsausdruck war schwer zu deuten. Er war eindeutig verwirrt, gleichzeitig jedoch wirkte er irgendwie erleichtert, fand Cooper.
»Haben Sie inzwischen etwas von Ihrem Sohn gehört?«, wollte Fry wissen.
»Nein.«
»Haben Sie eine Ahnung, wo er sein könnte?«
»Nein.«
»Würden Sie uns bitte sagen, was Andrew hier in Edendale gemacht hat, als er Sie besuchte?«
»Er hat gesagt, er habe hier geschäftlich zu tun.«
»Welche Art von Geschäft war das?«
»Das hat er uns nicht erzählt. Ehrlich gesagt beschränkten sich unsere Gespräche eher auf... ähm... familiäre Themen.«
»Was soll das heißen?«
»Nachdem er nach London gezogen ist, hat er dort geheiratet. Wir waren nicht zur Hochzeit eingeladen. Wir sind seiner Frau davor nur einmal begegnet, und Grace war sie sofort unsympathisch.«
»Gab es irgendwelche Auseinandersetzungen?«, fragte Fry.
»Ja.«
»Dann ist Ihr Sohn also gekommen, um Frieden zu schließen?«, fragte Cooper.
»Ich habe doch gesagt, er war geschäftlich hier.«
»Es ist die Zeit von Oplatek«, meinte Cooper. »Heißt das nicht Vergebung und Versöhnung?«
»Sie merken sich wohl alles?« Lukasz lächelte. »Aber Andrew ist nicht bis zum Oplatek geblieben. Er war ebenso plötzlich wieder verschwunden, wie er aufgetaucht war. Er ist am Sonntag weggegangen, und seither haben wir nichts von ihm gehört.«
»Hat es Streit gegeben?«
»Er hat sich mit meinem Vater unterhalten. Ich weiß nicht, worüber, aber ich weiß, dass mein Vater wütend war. Grace hat ihn auf Polnisch schreien hören. Ich war nicht dabei, und mein Vater will mir nicht sagen, worüber er sich mit Andrew gestritten hat.« Lukasz drehte sich um und blickte zu der kleinen Gruppe alter Männer hinüber. »Sehen Sie, Detective Constable Cooper, Sie sind nicht der Einzige, mit dem er nicht reden will.«
»Mr Lukasz«, sagte Fry. »Welche Art von Geschäften betreibt Ihr Sohn Andrew?«
»Er arbeitet bei einem großen Sanitätshaus.«
»Wir müssen Sie bitten, gleich am Montag früh zu uns zu kommen und eine Aussage zu machen, Mr Lukasz«, sagte Fry. »Ihre Frau auch. Und ich fürchte, wir müssen uns auch um einen Dolmetscher kümmern, damit wir uns mit Ihrem Vater ebenfalls unterhalten können.«
»Ist das wirklich nötig?«
»Es wird allmählich unumgänglich«, sagte Fry.
Der Geräuschpegel im Saal war merklich gestiegen. Auf der kleinen Bühne wurden einige Vorbereitungen getroffen. Cooper fühlte sich unwillkürlich an die Seniorenveranstaltungen erinnert, bei denen der Polizeichor manchmal auftrat. Normalerweise war die Hälfte des Publikums eingeschlafen, noch bevor sie beim dritten Lied angelangt waren, wofür allein schon das gute Essen und ein Gläschen süßer Sherry sorgten. Aber das
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