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Kaltes Grab

Titel: Kaltes Grab Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephen Booth
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natürlich. Der Lastwagenfahrer hat ihn um sieben Uhr morgens mitgenommen. Da ist es in dieser Gegend im Januar noch dunkel. Ben weiß das am besten. Er stammt von hier. Es geht doch nichts über ein bisschen Ortskenntnis. Das ist besser als alle Unterlagen, die Sie hier anschleppen, Miss Morrissey.«
    Der Chief Superintendent schob den Bericht beiseite und strahlte Morrissey an. Cooper erkannte das Politikerlächeln, das der Chief normalerweise nur bei hohem Besuch aus der Polizeibehörde aufsetzte, wenn er hoffte, dass seine Gäste endlich abzogen und ihn in Ruhe ließen.
    »Der Lastwagenfahrer konnte nicht einmal genau sagen, ob der Mann eine Fliegeruniform anhatte«, sagte Morrissey, in deren Stimme ein Anflug von Verzweiflung lag.
    Jepson zog die Akte wieder zu sich heran. Er warf einen Blick auf die erste Seite, dann sah er zu Cooper hinüber, der stumm die Lippen bewegte.
    »Es war dunkel«, sprach Jepson stockend nach. »Ja, natürlich war es dunkel … das haben wir doch bereits festgestellt. Miss Morrissey, wir können von einem Kraftfahrer nicht erwarten, dass er im Dunkeln die Einzelheiten einer Uniform erkennt. Wie Sie vielleicht wissen, gab es damals noch keine Straßenbeleuchtung. Es war schließlich …«
    »Krieg«, ergänzte Morrissey. »Ich weiß.«
    Jepson legte die Fingerspitzen aneinander und sah sich zufrieden um, als wäre dieser Punkt damit geklärt. »Haben Sie noch weitere Informationen beizusteuern, Miss Morrissey? Neue Informationen?«
    »Mein Großvater ist nicht desertiert«, sagte Morrissey leise.
    »Ich möchte Ihnen nicht zu nahe treten«, sagte Jepson, der nun, da er die Ziellinie bereits vor sich sah, allmählich in Schwung kam, »aber ich finde, Sie haben uns bis jetzt nichts wirklich Neues erzählt. Es besteht kein Grund zur Annahme, dass Ihr Großvater etwas anderes getan hat, als die Absturzstelle zu verlassen, bevor die Rettungsmannschaften eintrafen, dass er sich von einem Lastwagenfahrer auf der A6 hat mitnehmen lassen und …«
    »Und was?«, fragte Morrissey.
    Jepson blätterte nervös in seinem Bericht. »Na ja, vermutlich ist es ihm irgendwie gelungen, das Land zu verlassen und nach Kanada zurückzukehren.«
    »Wie leicht dürfte das für einen Deserteur gewesen sein?«, fragte Morrissey. »Insbesondere damals, im Krieg?«
    Es sah aus, als wollte der Chief Superintendent mit den Achseln zucken, doch er überlegte es sich in letzter Sekunde anders. Schließlich hatte er in etlichen Seminaren für Führungskräfte gelernt, dass eine derartige Geste die falschen Signale setzte.
    »Bitte. Mein Problem besteht darin, dass meine einzigen Informanten hier in der Gegend – zumal es unmöglich ist, die beiden Jungen ausfindig zu machen, die meinen Großvater gesehen haben – Zygmunt Lukasz und ein Mann namens Walter Rowland sind. Rowland gehörte zu dem Trupp der RAF-Bergrettung, der zur Absturzstelle gerufen wurde. Frank hat sich mit ihnen in Verbindung gesetzt, aber sie weigern sich beide, mit mir zu sprechen.«
    »Es tut mir Leid, Miss Morrissey, aber ich kann wirklich nichts für Sie tun«, sagte Jepson.
    »Sie können schon – Sie wollen nur nicht«, sagte Morrissey.
    »Wie Sie meinen. Tatsache ist aber, dass ich bei weitem nicht genug Personal habe, um Sie bei Ihrem Vorhaben auch nur zu beraten.«
    Ben Cooper sah deutlich, dass Alison Morrissey das Wort »Vorhaben« nicht gefiel. Ihre Kiefermuskeln spannten sich an, und ein eigensinniger Ausdruck trat auf ihr Gesicht. Sie fingerte am Schnappschloss ihrer Aktentasche herum, als wollte sie ihre Unterlagen wieder einstecken.
    Cooper nutzte die Gelegenheit, um ihr eine Frage zu stellen. »Miss Morrissey, was glauben Sie denn, was mit Ihrem Großvater passiert ist?«
    Morrissey sah ihn einen Augenblick verwirrt an, ehe sie sich mit einer raschen Handbewegung das Haar aus dem Gesicht strich. »Ich glaube, er war verletzt«, sagte sie. »Vielleicht war er benommen oder hatte eine Gehirnerschütterung, so dass er nicht wusste, wo er war und was er tat. Vielleicht konnte er sich nicht mal an den Absturz erinnern. Ich glaube, er hat seine Fliegermontur ausgezogen und am Straßenrand zurückgelassen, weil sie zu schwer war, um sie zu tragen. Ich glaube, dass er zu irgendeinem Haus in der Nähe kam, vielleicht zu einem Bauernhof, und dass man ihn dort aufgenommen hat.«
    »Aufgenommen?«
    »Sich um ihn gekümmert und ihm ein Dach über dem Kopf gegeben.«
    »Obwohl die Leute wussten, wer er war? Sie müssen doch später von dem

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