Kaltes Grab
wenige.«
»Eddie Kemp hat eins, zum Beispiel«, warf Murfin ein.
»Wer?«, fragte Tailby.
»Der Bursche, den wir wegen des tätlichen Angriffs hier hatten.«
»Wirklich?«
»Wir haben einen Verdächtigen in Gewahrsam?«, erkundigte sich Kessen. »Das wusste ich ja gar nicht. Wer hat ihn festgenommen?«
»Ich«, sagte Cooper. »Aber das betrifft einen ganz anderen Fall.«
»Wissen wir das zweifelsfrei?«
»Es ist in der gleichen Nacht passiert«, sagte Murfin.
Cooper zögerte. »Es gibt keine offensichtliche Verbindung zwischen den beiden Fällen. Bis auf die zeitliche Überschneidung.«
»Er fährt einen Isuzu Trooper. Ich habe ihn schon draußen stehen sehen, wenn er die Fenster geputzt hat.«
»Was hat er geputzt?«
»Er ist Fensterputzer«, erklärte Murfin. »Jedenfalls ist er nicht mehr in Gewahrsam – wir haben ihn wieder nach Hause geschickt. Er hat seine vierundzwanzig Stunden abgesessen.«
Tailby verzog das Gesicht. Zu oft schon hatte sich herausgestellt, dass die Polizei einen Verdächtigen in Gewahrsam genommen und wieder freigelassen hatte, bevor die entscheidenden Beweise seine Festnahme rechtfertigten. »Wir sollten uns lieber noch einmal vergewissern, dass es tatsächlich keine Verbindung zwischen den beiden Vorfällen gibt«, sagte er. »Wer kann das überprüfen?«
Cooper bemerkte, dass der Chief Inspector ihn ansah. »Ich übernehme das, Sir«, sagte er.
Inspector Hitchens meldete sich zu Wort. »Wir überprüfen gerade die Aufnahmen der Überwachungskameras und hoffen, dass entweder die Verdächtigen oder die Opfer von einer der Kameras im Zentrum erfasst wurden.«
»Sehr schön«, sagte Tailby. »Dann sollten wir uns wohl wieder mit der Identifizierung des Schneemanns beschäftigen. Das wird einige Zeit in Anspruch nehmen. Solange wir nicht wissen, wer er ist, treten wir auf der Stelle. Natürlich brauchen wir die Unterstützung der Öffentlichkeit. Aber da er wahrscheinlich nicht aus der Gegend stammt, dürfte das eine Weile dauern. Das heißt, es gibt jede Menge zu tun. Mr Kessen glaubt, dass wir alles so weit unter Kontrolle haben, da wollen wir ihn doch nicht enttäuschen.«
Diane Fry sah sehr wütend aus. Sobald die Besprechung vorbei war, beugte sich Ben Cooper zu ihr hinüber.
»Sieht ganz so aus, als hätten wir es bei dem Schneemann-Fall mit Amateuren zu tun«, sagte er. »Die Täter haben die Tat nicht richtig durchdacht. Sie sind nicht logisch vorgegangen. Ohne System und ohne Plan. Ist doch gut, oder? Das heißt, sie machen sich jetzt schwer Sorgen, ob sie Spuren hinterlassen haben.«
Fry zuckte die Achseln. »Ich bin nicht ganz deiner Meinung. Die Zeitplanung sieht für mich ziemlich durchdacht aus. Das hat sich jemand genau überlegt.«
»Oder sie hatten einfach Glück.«
»Gegen das Glück können wir nicht viel machen, Ben.«
»Doch.«
»Und zwar?«
»Wir müssen eben selber Glück haben.«
»Von wegen.«
Aber Ben Cooper glaubte an das Glück. Er glaubte daran, dass sich das Glück, wenn man nur lange und ernsthaft an etwas arbeitete, letztendlich zu den eigenen Gunsten wendete.
Was Cooper nicht erkannte, war die Tatsache, dass ihm das Glück in dieser Woche bereits fast auf den Füßen gestanden hatte. Mehr war fürs Erste nicht zu holen.
Nachdem die Ermittlungsteams eilig zusammengestellt worden waren, verließ Cooper mit Diane Fry und Gavin Murfin den Einsatzraum. Sie schwiegen, nur Murfin summte leise vor sich hin. Cooper versuchte, die Melodie zu erkennen. Es hörte sich an wie ein alter Song von den Eagles: New Kid in Town.
»Tja, neue Besen kehren besser«, kommentierte Murfin, als sie wieder im Büro waren, und begann in seinen Schreibtischschubladen zu wühlen. »Hat meine Mutter jedenfalls immer gesagt.«
Cooper sah, dass Fry sich nicht überwinden konnte, ihm etwas zu entgegnen. Sie war blass und bewegte sich so steif, als wäre ihr entsetzlich kalt. Im Einsatzraum war es tatsächlich sehr kalt gewesen, so kalt, dass man die Luft mit einem Eispickel hätte bearbeiten können.
»Du bist immer optimistisch, was, Ben?«, sagte sie schließlich. »Du hast von Glück geredet. Aber sieh dich doch um. Unsere personellen Kapazitäten sind auf dem Nullpunkt, und zu allen anderen Fällen haben wir jetzt noch eine nicht identifizierte Leiche. Wir haben einen neuen Boss, der alte Chief Super ist kurz vorm Durchdrehen, und unser größter Aktivposten ist ausgerechnet Gavin. Sogar das Wetter ist gegen uns. Glaubst du wirklich, es sieht auch nur
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