Kaltes Grab
hindern.«
»Vermutlich haben Ihnen Ihre Vorgesetzten Anweisungen gegeben, mich im Auge zu behalten, damit ich keinen Ärger mache.«
»Absolut nicht.«
»Aber Sie haben die Lukasz’ aufgesucht. Wahrscheinlich haben Sie mit dem alten Mann gesprochen, mit Zygmunt. Und wahrscheinlich haben Sie die Familie davor gewarnt, mit mir zu reden.«
»Warum sollte ich?«
»Befehl von oben, vermutlich. Ich war enttäuscht, als ich gemerkt habe, dass mich die Polizei nicht unterstützen will. Aber ich hätte nie gedacht, dass man mich aktiv behindert.«
Beschämt versuchte Cooper sich weiter auf sein Auto zuzuschieben, das am steilsten Stück der Straße geparkt stand, aber Morrissey wich nicht von seiner Seite.
»Ich will Ihnen mal was sagen, Detective Cooper«, fuhr sie unbeirrt fort. »Ihre Versuche, mich zu behindern, bewirken genau das Gegenteil. Jetzt bin ich noch viel mehr daran interessiert, die Wahrheit herauszufinden. So bin ich nun mal, schon immer gewesen. Ich mache meistens das Gegenteil von dem, wozu mich jemand bringen will.«
»Es ist mir nicht gelungen, mit Zygmunt Lukasz zu sprechen«, sagte Cooper.
»Ach nein?«
»Nein.«
Sie zögerte, als wüsste sie nicht genau, ob sie ihm glauben sollte. »Aber Sie haben lange mit seiner Familie geplaudert, nehme ich an.«
»Ich war wegen einer anderen Angelegenheit dort.«
Sobald er die Worte ausgesprochen hatte, spürte Cooper, wie wenig überzeugend sie sich anhörten. Morrissey warf ihm einen verächtlichen Blick zu.
»Ich weiß nicht, warum Sie sich die Mühe machen, mich anzulügen. Und das, wo ich Sie gerade eben auch noch vor Mr Rowlands Haus angetroffen habe. Oder wollen Sie mir etwa erzählen, Sie seien auch bei ihm wegen etwas anderem gewesen? Das wäre jetzt aber wirklich ein Riesenzufall!«
»Ich habe das Gefühl, es ist ziemlich sinnlos, Ihnen überhaupt etwas zu erzählen, Miss Morrissey. Ich sehe, dass Sie mir sowieso nicht glauben.«
Cooper hatte schon fast seinen Wagen erreicht, doch Morrissey war schneller und schaffte es, ihn zu überholen. Dicht vor ihm blieb sie stehen. Zu dicht für Coopers Geschmack.
»Ich habe keinen Anlass, Ihnen zu glauben«, sagte sie. »Aber nehmen Sie bitte zur Kenntnis, dass ich niemals aufgebe, ganz egal, was Sie tun. Ich habe es nicht eilig, nach Toronto zurückzufliegen. Nicht im Geringsten. Ich bleibe hier in Derbyshire, so lange es eben sein muss. Ich versuche weiterhin alles, um Zygmunt Lukasz und Walter Rowland kleinzukriegen. Und am Ende schaffe ich das auch. Und Sie, Detective Cooper, kriege ich ganz bestimmt noch klein.«
Cooper knöpfte seinen Mantel zu. Das brauchte er sich von ihr nicht anzuhören. Diane Fry machte ihm schon genügend zu schaffen, denn auch sie verstand sich wunderbar darauf, ihn kleinzukriegen.
»Ich muss jetzt los. Ich habe zu tun«, sagte er.
»Zweifellos«, sagte Morrissey. »Personalmangel, stimmt’s?«
»Sehr richtig. Deshalb hat der Boss auch gesagt, dass wir Ihnen nicht helfen können. Ehrlich gesagt glaube ich, dass er Sie inzwischen längst vergessen hat. Er muss sich über genug andere Dinge Gedanken machen. Über wichtige Dinge.«
»Herzlichen Dank.« Sie musterte ihn forschend, ehe sie die schroffe Bemerkung endlich davon zu überzeugen schien, dass er womöglich doch die Wahrheit sagte. »Und wozu dann das Ganze?«
»Wie bitte?«
»Warum tauchen Sie überall auf, wo ich bin, und stellen den Leuten Fragen?«
Cooper wusste nicht, was er antworten sollte. Er hatte selbst keine Ahnung. Vielleicht hatte es etwas damit zu tun, dass ihn Familiensinn in jeder Form faszinierte, jene Art von Loyalität, die das Leben anderer Menschen bestimmte. Immer wenn er ihn bei anderen sah, verspürte er das Bedürfnis, ihn zu begreifen. Bei den Lukasz’ erkannte er ihn ganz deutlich, ebenso wie bei Alison Morrissey.
Morrissey sah ihn immer noch an. »Sie sind ein seltsamer Polizist. Ich werde nicht richtig schlau aus Ihnen.«
Cooper neigte den Kopf. »Von mir haben Sie nichts zu befürchten«, erwiderte er.
»Dann hat Walter Rowland also mit Ihnen gesprochen?«
»Ja.«
»Mit Ihnen sprechen die Leute. Mir würden sie nicht mal verraten, wie spät es ist. Für sie bin ich eine Bedrohung. Sie nicht. Das ist doch merkwürdig. Warum ist ein Polizist keine Bedrohung für sie?«
Cooper zuckte nur die Achseln.
»Was hat er Ihnen erzählt?«
»Wer?«
»Rowland natürlich. Was hat er Ihnen erzählt?«
»Sie wissen doch überhaupt nicht, was ich ihn gefragt habe.«
»Das nicht,
Weitere Kostenlose Bücher